Revolution bei Nord Stream 2: Gaspipeline könnte Comeback erleben

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Nord Stream 2 könnte bald eine andere Funktion einnehmen. Eine Gerichtsentscheidung befeuert die Diskussion. Doch es gibt Zweifel – und harte Vorwürfe.

Zug/Lubmin – Nord Stream 2 ist beschädigt. Trotzdem gibt es immer neue Ideen, wie die Gaspipeline noch genutzt werden kann. Konkret soll es darum gehen, ein Teilstück für den Transport von grünem Wasserstoff aus Finnland zu nutzen. Das berichtete das Handelsblatt mit Verweis auf „Regierungs- und Branchenkreise“. Konkreter Anlass für die Debatte soll eine Entscheidung des Kantonsgerichts im Schweizer Ort Zug sein, das sich mit dem Insolvenzverfahren der Nord Stream 2 AG beschäftigt.

Das Gericht hat der insolventen Nord Stream 2 AG am 9. Januar 2025 einen Aufschub bis zum 9. Mai gewährt. Grund sind die komplexe geopolitische Lage, die anstehende Bundestagswahl in Deutschland sowie die Amtsübernahme Donald Trumps als US-Präsident. Eigentlich hätte die Ostsee-Pipeline nach dem 10. Januar zur Begleichung der Schulden vom Insolvenzverwalter verkauft werden müssen.

Zukunft von Nord Stream 2 weiter unklar – vorerst kein Verkauf

Der russische Staatskonzern Gazprom als Eigentümer der Nord Stream 2 AG behält damit vorerst die Kontrolle über die Pipeline. Das gilt auch für die fünf Investoren rund um Uniper. Der bundeseigene Energiekonzern ist mit knapp einer Milliarde Euro an der Finanzierung beteiligt. Gibt es keine Lösung, droht jedoch weiterhin der Verkauf.

Dabei bringt sich laut verschiedenen Medienberichten der US-Unternehmer Stephen Lynch in Stellung. Er steht demnach mit der US-Regierung um Donald Trump in Kontakt und habe bereits eine Genehmigung beantragt. Diese ist nötig, weil die USA Nord Stream 2 weiterhin mit Sanktionen belegt haben. Lynch soll demnach argumentieren, dass ein US-Eigentümer ein Hebel für Friedensverhandlungen mit Russland seien.

Das Verlegeschiff „Audacia“ des Offshore-Dienstleisters Allseas verlegt in der Ostsee vor der Insel Rügen Rohre für die Gaspipeline Nord Stream 2.
Umbau in Aussicht? Ein Teil der Nord Stream 2-Röhre könnte bald für Wasserstoff genutzt werden. (Archivfoto) © Bernd Wüstneck/dpa

Die Bundesregierung will sich laut Handelsblatt nicht an Spekulationen über mögliche Kaufinteressenten für Nord Stream 2 beteiligen. „Wir werden weiterhin daran arbeiten, unsere Rechte zu wahren“, erklärte demnach ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums, das für Uniper zuständig ist.

Wasserstoff-Nutzung von Nord Stream 2 im Gespräch – mit Leitung nach Finnland

Auch was eine neue Nutzung der Pipeline für grünen Wasserstoff angeht, hält sich die Regierung bedeckt. Sie „führt hierzu keine Gespräche, auch nicht mit Russland“, zitierte das Handelsblatt eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. Derzeit stelle sich „die Frage der Nutzung der Röhren nicht“. Es gebe keinerlei Überegungen, „Nord Stream 2 zu zertifizieren beziehungsweise eine Wiederaufnahme des Projektes anzugehen“, erklärte eine Regierungssprecherin zudem.

Eine mögliche Nutzung eines Teils von Nord Stream 2 für den Transport von Wasserstoff wird bereits länger diskutiert. „Deutschland und Finnland wollen die Schaffung eines Wasserstoff-Importkorridors für Deutschland und weitere Ostsee-Anrainerländer voranbringen und insbesondere die Potenziale der Region für erneuerbare Energien heben“, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Der Ostseekorridor sei bereits von der Europäischen Kommission als Projekt von gemeinsamem Interesse (PCI) ausgewählt worden.

Die drei skandinavischen Unternehmen Copenhagen Infrastructure Partners (CIP), Nordion Energi und Gasgrid Finland arbeiten bereits an dem Projekt. Dabei sei jedoch ein Neubau „extrem teuer“. Damit rückt Nord Stream 2 in den Fokus. Technisch sei eine Nutzung für Wasserstoff statt Gas umsetzbar.

Wasserstoff-Einsatz von Nord Stream 2 „billige Ausrede“, um russiches Gas einzuführen

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert die Entscheidung – und das Verhalten von Uniper. Der bundeseigene Konzern habe der Fristverlängerung durch das Schweizer Gericht nicht widersprochen. Die Umweltschützer kritisieren, dass eine Sanierung nur vorstellbar sei, wenn eine Reparatur und die Inbetriebnahme der Pipeline mit Gaslieferungen aus Russland erfolge. Die Umwidmung wäre „eine billige Ausrede, den Import von russischem Erdgas auch mittelfristig weiterzuführen“, erklärte Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH, in einer Mitteilung.

„Eine mögliche Umwidmung der Nord Stream 2 Pipeline für den Transport von Wasserstoff ist alleine schon deshalb unrealistisch, weil auf absehbare Zeit nicht ausreichend grüner Wasserstoff zur Verfügung stünde“, sagte Zerger. DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner warnte: „Die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 würde nicht nur Putins Kriegskasse finanzieren, sondern Europa weiter von fossilem Erdgas abhängig machen und damit die Klimaschutzziele in Frage stellen.“

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