Deutschland befeuert Russlands Wirtschaft – Unternehmen profitieren wohl von Putins Schattenflotte

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Für einige Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft findet Putin wohl Schlupflöcher. Dabei spielen auch europäische Firmen eine Rolle. Am Ende profitieren scheinbar auch sie davon.

Moskau – Noch immer unternimmt Wladimir Putin Versuche, über den Seeweg Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft zu umgehen. Spätestens nach dem Vorfall des manövrierunfähigen Öltankers „Eventin“ in der Ostsee erregt Russlands Schattenflotte stärkere Aufmerksamkeit. Der Tanker wird ebenfalls der russischen Schattenflotte zugeordnet.

Im Auftrag Russlands transportiert die sogenannte Schattenflotte russisches Öl, meist unter falschen Flagge fahrend, über der von westlichen Ländern eingeführten Preisobergrenze an die Käufer. Recherchen zeigen nun, dass das Problem der russischen Schattenflotte hausgemacht ist.

Trotz Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft: Putins Schattenflotte schlägt zu – Hilfe aus dem Westen?

Die Schattenflotte wird von Putin eingesetzt, um seine Kriegskasse aufzustocken. Seitdem der Westen eine Preisobergrenze für russisches Öl verhängt hat, versucht Russlands Wirtschaft mithilfe der Schattenflotte das Öl-Embargo zu umgehen. Für die Finanzierung des Ukraine-Kriegs sind die Gewinne aus dem Öl-Geschäft essenziell.

Die Schattenflotte befeuert nicht nur die russische Wirtschaft, sie stellt auch eine Umweltgefahr dar: Die in verschiedenen Ländern der Welt registrierten Schiffe der Schattenflotte sind im maroden Zustand und transportieren russisches Öl unter dem Deckmantel undurchsichtiger Eigentümerstrukturen. In den meisten Fällen sind sie ohne westliche Versicherung gegen Ölverschmutzungen im Einsatz. Nun stellt sich die Frage, wie es möglich ist, dass Putin seine Schattenflotte trotz Sanktionen weiter ausbauen konnte?

Russlands Präsident Wladimir Putin
Russlands Wirtschaft profitiert offenbar noch immer von westlichen Unternehmen. © IMAGO/Ramil Sitdikov

Einige der Schiffe, die mittlerweile Teil der Schattenflotte sind, stammen aus westlichen Schifffahrtsunternehmen. Recherchen zeigten, dass deutsche, norwegische, britische und vor allem griechische Unternehmen durch den Verkauf alter Öltanker an eine Schattenflotte profitierten.

Westliche Unternehmen profitieren offenbar durch den Verkauf von Schiffen an die Schattenflotte

Mehr als ein Drittel der Schattenflotte von Tankern, die russisches Öl transportieren, besteht aus Schiffen, die zuvor im Besitz von Reedern aus westlichen Ländern waren, wie eine Recherche von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung (SZ) unter der Leitung von Follow the Money zeigte. Konkret wurden 230 Tanker der insgesamt mehr als 650 Schiffe, die zur Schattenflotte gehören, von US-amerikanischen und von europäischen Reedern in die Schattenflotte verkauft.

Insgesamt wurden den Recherchen nach zwischen 2022 und 2024 elf Tanker aus der deutschen Handelsflotte verkauft, die heute in der russischen Schattenflotte fahren. Die Reedereien und Eigner der Schiffe dürften demnach mit ihren Geschäften etwa 200 Millionen Euro eingenommen haben. Die alten Tanker werden zu einem besonders hohen Preis verkauft. Die Recherche legt nahe, dass die Reedereien Profit-Möglichkeiten durch den Verkauf der alten Schiffe sahen, die andernfalls verschrottet worden wären.

Sanktionen gegen Putins Schattenflotte

Die EU hat in ihrem 15. Sanktionspaket 52 weitere Schiffe der russischen Schattenflotte sanktioniert, wodurch sich die Gesamtzahl dieser Schiffe auf 79 erhöht. Diese (Nicht-EU-)Schiffe unterliegen einem Zugangsverbot zu Häfen und Dienstleistungen.

Auch die USA nehmen mit dem jüngsten Sanktionspaket ebenfalls die Schattenflotte ins Visier. Die meisten der 183 direkt sanktionierten Öltanker werden zu dieser Flotte gezählt.

Putins Schattenflotte unterstützt? Europäische Unternehmen sind nach Angaben ahnungslos

Den Reedereien zufolge wusste man nicht, wofür die verkauften Schiffe eingesetzt wurden. „Wir haben keinen Einblick in das, was mit den Schiffen nach dem Verkauf geschieht, und das liegt nicht in unserer Verantwortung. An wen der Käufer ein Schiff weiterverkauft oder wie er das Schiff legal oder illegal betreibt, liegt außerhalb unserer Kontrolle“, sagte Sprecherin Katrien Hennin des belgischen Seetransportunternehmens CMB.TECH gegenüber Follow The Money, welches 135 Millionen Dollar für fünf Schiffe erhielt, die 2022 und Anfang 2023 in der Schattenflotte Russlands landeten. 

So umgeht Putins Schattenflotte die Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft

Die Europäische Union hat den Direktverkauf von Schiffen an russische Unternehmen Ende 2023 verboten – jedoch gehören fast alle Schiffe gehören auf dem Papier nicht russischen Eigentümern, sondern sind bei Firmen in Indien, auf den Seychellen, in Hongkong oder Vietnam registriert. Der Verkauf in diese Drittstaaten ist nicht illegal. 

Derzeit schätzt das unabhängige Forschungsinstitut Kyiv School of Economics (KSE), dass eine Schattenflotte von über 600 Tankern 70 Prozent aller russischen Ölexporte transportiert. Die Eigentümer der Schiffe und die Versicherungsgesellschaften sind in nicht-westlichen Ländern registriert. Diese Schiffe meiden europäische Häfen und entgehen so Inspektionen. Vor dem Hintergrund sich häufender Vorfälle, die die Umgehung der Sanktionen belegen, werden Stimmen lauter, die Sanktionen gegen Russlands Schattenflotten zu verschärfen.

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