„Gehört nicht in den Bundestag“ – Experten äußern heftige Kritik an der Ampel-Reform für die Rente
Der Streit um das Rentenpaket geht in eine neue Runde. Kritiker sind nicht zufrieden mit der Rentenreform. Die Ampel sucht nach Lösungen.
Berlin – Die Kritik am von der Ampel-Koalition geplanten Rentenpaket II reißt nicht ab. Am Montag (14. Oktober) tritt der Streit um die Zukunft der deutschen Rente in eine neue Phase ein; eine Expertenanhörung findet in Berlin statt.
Anhörung zum Rentenpaket – Ist die Haltelinie zu teuer?
Im Vorfeld hatten sich vielerlei Fachleute negativ über das geplante Gesetz ausgelassen. Die sogenannte „Haltelinie“, die das Rentenniveau auf Jahre konstant halten soll, sei zu kostspielig, und zu gering seien die Mühen der Regierung, beispielsweise durch eine Aktienrente ein finanzielles Polster zu schaffen.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zitierte dazu den Ökonomen Axel Börsch-Supan, der die Pläne der Ampel scharf kritisierte. Ihm zufolge müsse der Bundestag eine Balance zwischen der Erhaltung des Sozialsystems und eine Anpassung an die „tiefe Strukturkrise“ finden, in der sich Deutschland derzeit befinde. „Das vorliegende Gesetzesvorhaben erfüllt diese Aufgabe nicht“, ließ der Experte von der Technischen Universität München dazu verlauten.
Erst vor einigen Tagen hatte auch der Bundesrechnungshof vor dem Rentenpaket gewarnt – zu groß seien die finanziellen Risiken.
„Gehört nicht in den Bundestag“ – Verbände zerpflücken Rentenpaket ii
Vonseiten der Arbeitgeber kamen mitunter noch drastischere Worte. „Das Rentenpaket II gehört nicht in den Bundestag, sondern ins Museum für vermurkste Reformen“, hatte der Arbeitgeberpräsident Dr. Rainer Dulger bereits kurz nach Bekanntgabe des Rentenpakets dazu gesagt. Ein Rentenniveau bis 2039 garantieren zu wollen, sei angesichts der „gewaltigen demografischen Herausforderung“ einfach „kurzsichtig und unseriös“. Vor allem die Jüngeren seien hier die Leidtragenden, da ihnen immer weniger Netto vom Brutto bleibe.
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Für die Arbeitgeber sei dagegen fatal, weil die ohnehin „schon hohen Arbeitskosten“ weiter steigen würden. Das mache schlussendlich die Arbeit unattraktiver. Dulger nannte das Rentenpaket II „das mit Abstand teuerste Sozialgesetz des 21. Jahrhunderts“.
Ähnlich sah das der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V., Thilo Brodtmann. „Die Idee, die Rentenversicherung mittels des Generationenkapitals langfristig zu stabilisieren, ist gut. Unverständlich ist es hingegen, das Rentenniveau in der jetzigen Lage gesetzlich festschreiben zu wollen“, sagte der VDMA-Chef. Schon jetzt sei klar, dass die Beiträge mittel- und langfristig über 20 Prozent steigen würden. Das sei angesichts der „hohen Steuern und Abgaben nicht hinnehmbar“. Die Lösung des Problems sah Brodtmann in der „Bekämpfung“ des Fachkräftemangels.
Die CDU wählte im Bundestag ebenfalls deutliche Worte gegen das Rentenpaket. „Das ist nicht Politik der Verlässlichkeit, das ist Politik nach dem Motto: nach uns die Sintflut“, sagte Hermann Gröhe dazu, der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende. Ihm zufolge kümmert sich Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) nicht für die nächste Generation, sondern „fürs nächste Wahlplakat“.
Haltelinie bei 48 Prozent – Rentenpaket soll Rentenniveau garantieren
Seit Monaten sorgt das Rentenpaket für Reibereien zwischen den Ampel-Parteien, Akteuren der Wirtschaft und der Politik. Die bereits erwähnte Haltelinie ist einer der zentralen Punkte – sie soll das Rentenniveau bis 2039 auf 48 Prozent des durchschnittlichen Lohns festschreiben. Das Rentenniveau zeigt, wie hoch die Standardrente, gemessen am Durchschnittseinkommen, gerade ist. Diese wiederum zahlt der Staat nach 45 Beitragsjahren mit Durchschnittsgehalt.
Weiter plant die Ampel-Koalition, den Beitragssatz in der Rente von 18,6 Prozent langsam auf 22,3 Prozent zu steigern. Diese Marke sollen die Beitragssätze bis 2035 erreichen. Andernfalls, so warnte die Regierung, soll das Rentenniveau bis 2040 auf 44,9 Prozent sinken. Die individuelle Höhe der Rentenzahlungen ist je nach Fall unterschiedlich und kann von der Standardrente abweichen.
Gegen die FDP-Blockade – Verband spricht sich für Rentenpaket aus
Auf der anderen Seite hatte sich beispielsweise die Gewerkschaft ver.di für das Rentenpaket ausgesprochen. Diese findet, die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent sei für Millionen von Arbeitnehmern „eine existenzielle Frage“. Diese dürfe nicht „Spielball bei der politischen Profilierung“ sein. So drückte es der ver.di-Vorsitzende Frank Werneke aus.
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) wiederum forderte die FDP, die das Rentenpaket derzeit maßgeblich blockiert, dazu auf, die Blockade aufzugeben.