Putin profitiert vom Ukraine-Krieg – aber auf Kosten der russischen Wirtschaft
Sanktionen treffen Russlands Wirtschaft härter, als Putin lieb ist. Von kurzzeitigen und positiven Aussichten sollte sich Russland nicht beirren lassen.
Moskau – Seit dem Ukraine-Krieg hat sich der Westen zum Ziel gesetzt, Russlands Wirtschaft zu schwächen. Sanktionen sollten die Einnahmen von Präsident Wladimir Putin schmälern. Es gibt viele Anzeichen, dass die Sanktionen eine starke Wirkung haben. Jüngsten Daten zufolge gelingt es offenbar auch Russland über Umwege vom Ukraine-Krieg zu profitieren. Allerdings trügt der Schein.
Folgen für Russlands Wirtschaft – können Sanktionen Putin nichts anhaben?
Laut einer Auswertung der Weltbankgruppe vom 1. Juli 2024 ist Russland mit anderen zwei Ländern, Bulgarien und Palau, von der Kategorie der Länder mit mittlerem Einkommen in die hohe Einkommenskategorie hochgestuft worden. Beeinflusst wurde die Wirtschaftstätigkeit in Russland im Jahr 2023 durch einen starken Anstieg der militärischen Aktivitäten. Das Wirtschaftswachstum wurde demnach durch einen Aufschwung im Handel (+6,8 Prozent), im Finanzsektor (+8,7 Prozent) und im Baugewerbe (+6,6 Prozent) angekurbelt.
Prognosen über ein starkes Wachstum der russischen Wirtschaft sind nicht neu. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) ging davon aus, dass Russlands Wirtschaft in diesem Jahr um 3,2 Prozent wachsen wird – unter Berufung auf neue Wirtschaftsdaten. Im Vergleich zum Wachstum im Jahr 2023 von 3,6 Prozent – das einige Experten nach wie vor anzweifeln – würde das einen mehr oder weniger deutlichen Rückgang bedeuten. Allerdings wachse Russland damit immer noch stärker als viele westliche Länder. Deutschland wiederum stellte der IWF in derselben Prognose ein Wirtschaftswachstum von 0,2 Prozent in Aussicht.
Sanktionen treffen Russlands Wirtschaft mit voller Wucht
Experten schließen aus den positiven Wirtschaftsdaten, die allerdings zu hinterfragen sind, dass die Sanktionen ihre Wirkung nicht entfaltet haben. „Obwohl Wirtschaftsdaten immer revidiert werden können, deuten jetzt fast alle Beweise darauf hin, dass die westlichen Sanktionen ein kläglicher Fehlschlag waren“, resümierte Philip Cunliffe, Professor für internationale Beziehungen am University College London gegenüber Newsweek.
An den jüngsten Entwicklungen im Energie- und Finanzsektor lässt sich jedoch das Gegenteil erkennen: Die EU-Sanktionen gegen russisches LNG haben beispielsweise dazu geführt, dass ein Nato-Land kein LNG aus Russland beziehen möchte. Zudem ist absehbar, dass Putins Frachter mit längeren Transportzeiten rechnen müssen und sich das Exportvolumen verringert. Die Sanktionen untersagen fortan die Umladung von russischem LNG innerhalb der EU. Ohnehin wird es für Putin seit der Verschärfung der westlichen Sanktionen herausfordernder, Abnehmer für russisches Gas zu finden.
Russlands Wirtschaft isoliert wegen Sanktionen im Ukraine-Krieg
Zudem haben chinesische Finanzinstitute aus Sorge vor Sekundärsanktionen aus den USA sich aus Geschäften mit Russland zurückgezogen und die Annahme von Yuan-Zahlungen aus Russland gestoppt. Präsident Wladimir Putin wollte aber eigentlich Geschäfte weiterhin über die chinesische Währung abwickeln lassen und Finanzgeschäfte mit China vorantreiben. Dass sich nun viele Banken aus China abwenden, dürfte einem herben Rückschlag gleichkommen.
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Elwira Nabiullina, Präsidentin der russischen Zentralbank, äußerte auf einer Pressekonferenz in St. Petersburg ihre Besorgnis über die wirtschaftlichen Folgen für Russland: „Wir ziehen alle Risiken in Erwägung“. Hintergrund der Reaktion aus China sind die Maßnahmen aus den USA: Im Dezember 2023 verschärfte der US-Präsident Joe Biden die Bedingungen für Institutionen, die Transaktionen unterstützen, die den militärisch-industriellen Komplex in Russland und damit Putins Kriegsmaschinerie fördern.
Putins Kriegswirtschaft tut Russland nicht tut
Es ist außerdem fraglich, wie lange Russland unter den Folgen der Kriegswirtschaft durchhält. Ein Aufschwung der russischen Wirtschaft wird höchstwahrscheinlich immer nur von kurzer Dauer sein. Denn ein kriegsbedingter Boom ist nicht nachhaltig und es droht zur späteren Phase eine Überhitzung der russischen Wirtschaft. Experten warnen sogar vor einem Zustand ähnlich wie zu Zeiten der Sowjetunion. (bohy)