Putin will „Russlanddeutsche“ für den Ukraine-Krieg rekrutieren
Eine Propagandakampagne Russlands sorgt für Aufsehen. Offenbar nutzt Putin ein Netzwerk, um „Russlanddeutsche“ in den Ukraine-Krieg zu locken.
Moskau/Berlin – An der Front macht Russland seit einigen Wochen immer mehr Boden gut, die ukrainischen Truppen geraten insbesondere im Raum Charkiw zunehmend in Bedrängnis. Getragen werden die Kriegserfolge auf dem Rücken zahlreicher russischen Verluste; doch es ist ein Preis, den Wladimir Putin gerne zahlt – auch weil Moskau immer wieder Pläne hervorbringt, die den Nachschub an Personal garantieren sollen. Nun soll der Kreml sogar planen, deutschstämmige Russen in den Ukraine-Krieg zu locken.
Propagandakampagne in Russland: Werben um die Deutschstämmigen
Einem Bericht der Kyiv Post zufolge hat Russland eine neue Propagandakampagne gestartet, die auf die Rekrutierung von Russen mit deutschen Wurzeln abzielt. So sollen Organisationen Flugblätter verteilen, auf denen neben der russischen auch die deutsche Flagge abgebildet sei. Auch würden junge Männer aufgefordert, für die russische Armee zu spenden. Zudem werde zu kostenlosen Pro-Kriegs-Konzerten oder zur Teilnahme an Seminaren zur „patriotischen Erziehung“ eingeladen. Dieses Vorgehen finde aber nicht in Deutschland, sondern in Städten statt, die viele sogenannte „Russlanddeutsche“ vorweisen, wie etwa Tomsk und Nowosibirsk.
Insgesamt leben in Russland Schätzungen zufolge etwa 400.000 Russlanddeutsche, von denen viele Vorfahren im 18. Jahrhundert während der Herrschaft von Katharina der Großen ins Land kamen. In der Sowjetzeit wurden die Deutschstämmigen allerdings diskriminiert und verfolgt; nach dem Zusammenbrauch der UdSSR kehrten Tausende von ihnen zurück nach Deutschland, betrachten sich aber weiterhin als Russinnen und Russen.

Propagandaaktion in Tatarstan: Gründer ruft Russlanddeutsche zur Anmeldung bei Wagner-Gruppe auf
Der Gründer des „Russisch-Deutschen Hauses“ der Region Tatarstan soll mehrfach junge Mitglieder dazu aufgerufen haben, sich bei der Gruppe Wagner anzumelden und zu beweisen, „dass sie keine Feiglinge sind“, wie die Kyiv Post schreibt. „Die Russlanddeutschen sollten etwas Ungewöhnliches, Außergewöhnliches tun, um gerettet zu werden und zu überleben. Ich habe der gesamten männlichen Bevölkerung unseres Volkes geraten, sich bei der Wagner-Gruppe zu bewerben – als Team, auf organisierte Weise“, sagte der 74-Jährige der Zeitung Realne Vremya.
Aufgedeckt wurde die Propagandaaktion laut Berichten zuerst von der Gesellschaft der Deutschen in Saporischschja, einer Gruppe von in der Ukraine lebenden ethnischen Deutschen. Dazu habe sich die Gruppierung schriftlich an die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gewandt.
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Putins Rekrutierungsstrategie: Ethnische Minderheiten im Visier des Militärs – auch Russlanddeutsche?
Einige Beobachterinnen und Beobachter sind der Ansicht, dass diese Propaganda auch der Demütigung Deutschlands dienen soll. So hatte Berlin in den vergangenen Monaten mit Spionage im eigenen Land zu kämpfen; etwa mit einer Verschwörung in Bayern zur Sprengung militärischer Einstützungen, die die Ukraine unterstützen. Einer der Beschuldigten steht sogar im dringenden Verdacht, sich als Kämpfer der als terroristischen Vereinigung eingestuften „Volksrepublik Donezk“ angeschlossen zu haben. Auch Pläne der „Reichsbürger“ rund um Heinrich XIII. Prinz Reuß sahen vor, Wladimir Putin um Unterstützung bei ihrem Putschversuch zu bitten.
Nach einem Bericht von The Telegraph zeigt sich die Gesellschaft der Deutschen in Saporischschja besorgt darüber, dass Russlanddeutsche als „Kanonenfutter“ dienen würden – und das, obwohl viele von ihnen gegen den Krieg im Nachbarland sind. Als Asylgrund gilt das in Deutschland derzeit jedoch nicht. Angehörige der ethnischen Minderheit, die einen Einzug vermeiden wollen, sind daher gezwungen ins Ausland, etwa nach Georgien, umzusiedeln.
Denn seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs hat Putin es weitgehend vermieden, Männer aus Moskau, St. Petersburg sowie der eher privilegierten Mittel- und Oberschicht zu rekrutieren. Stattdessen konzentrierte sich das Militär vor allem auf ethnische Minderheiten wie Burjaten aus Südostsibirien oder auch Tschetschenen.

Deutsche Extremisten kämpfen in der Ukraine: Bundesinnenministerium enthüllt Zahlen
Allein bis Juli 2023 sind Dutzende Extremisten aus Deutschland für den Krieg in die Ukraine gereist. Das teilte das Bundesinnenministerium damals auf Anfrage der Welt am Sonntag mit. Insgesamt hätten Sicherheitsbehörden Ausreisen von 61 Personen registriert, „die einen Extremismus-Bezug oder eine Verbindung zur politisch motivierten Kriminalität aufweisen“, zitierte die Zeitung das Ministerium.
Bei 39 Personen gebe es tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass diese „mit der Absicht zur Teilnahme an Kampfhandlungen“ das Land verlassen hätten. Davon seien 27 prorussisch und zwölf pro-ukrainisch orientiert.
Bei der deutlichen Mehrheit dieses Personenkreises lägen den Behörden konkrete Informationen vor, dass sie sich an Kampfhandlungen beteiligt habe. Darunter befänden sich sowohl Rechts- als auch Linksextremisten. Die meisten Personen ordnen Behörden jedoch dem Phänomenbereich „ausländische Ideologie“ zu. Eine Aufschlüsselung zu konkreten Gruppen sei aufgrund fehlender Daten nicht möglich, so das Ministerium. (nak)
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