Putin lenkt offenbar wieder Migration nach Europa: Finnland kontert mit strengeren Grenzkontrollen

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Verdächtige Route: Putin startet neue Migrations-Eskalation nach Europa – bittere Visa-Masche

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Finnland reagiert auf stärkere Grenzübergänge mit einem neuen Gesetzesentwurf. Die Situation wird als Teil eines „hybriden Kriegsführung“ betrachtet.

Finnland – Männer, Frauen, Kinder, die über die EU-Außengrenzen nach Polen, Litauen oder Finnland kommen wollen – diese Szenen sind eigentlich nichts Neues. Doch nun scheint es wieder einen deutlichen Anstieg der Zahlen zu geben, wie mehrere Medienberichte übereinstimmend schreiben. In Sicherheitskreisen spreche man von „hybrider Kriegsführung“, so die Tagesschau. Finnland scheint sich jetzt dagegen zu wehren.

Saisonbedingter Anstieg an Migration – oder doch gezielte Lenkung von Asylsuchenden?

Die Lage an der EU-Außengrenze löse wieder Sorgen aus. So wurden am Freitag (17. Mai) drei Iraner und ein Syrer von Polizisten aufgegriffen, die angegeben hätten, über Belarus und Polen nach Deutschland eingereist zu sein. Das schreibt die Süddeutsche Zeitung. Ebenso seien zwei Tage zuvor an gleicher Stelle zwei jemenitische und zwei syrische Staatsangehörige aufgegriffen worden. Sie seien über Russland und Belarus nach Deutschland gekommen.

Angesichts der wärmeren Jahreszeit ist das zunehmende Migrationsgeschehen erst einmal keine Überraschung, wie die Tagesschau schreibt. Allerdings sei die Route, über die die Asylsuchenden kommen, verdächtig. Denn Belarus soll zusammen mit Russland offenbar wieder verstärkt daran arbeiten, Menschen aus Krisen-Gebieten gezielt über die Außengrenzen der Europäischen Union zu schleusen. Das geht aus übereinstimmenden Berichten von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung (SZ) hervor.

Karte Europa: Russland, Belarus, Finnland, Estland, Lettland, Litauen
Russland und Belarus wird schon länger die bewusste Lenkung von Migranten in die Europäische Union vorgeworfen. Besonders an den Grenzübergängen von Finnland, Estland, Lettland, Litauen und Polen werde das deutlich. © Imago/PeterHermesFurian/Panthermedia

Die unerlaubten Einreisen nach Belarus und Russland sei laut einer aktuellen Bundespolizei-Statistik in diesem Frühjahr stark angestiegen. „Zunächst war die irreguläre Migration über diese Route im Januar und Februar 2024 mit jeweils weniger als 30 Feststellungen so deutlich zurückgegangen, dass sie kaum noch Bedeutung hatte. Zum Vergleich: In den Vorjahresmonaten war es noch mehr als das Zwanzigfache“, schreibt die Tagesschau.

Doch nun steigen die Zahlen wieder deutlich an. Im März gab es 412 Feststellungen, im April bereits 670 – und im Mai allein bis zur Montagsmitte 416. In Sicherheitskreisen spreche man erneut von „hybrider Kriegsführung“, heißt es weiter. Die Migration über Belarus und Russland werde als größtenteils gesteuert betrachtet.

Visa für Russland bereitwillig ausgegeben, um Migranten anzulocken

Denn ohne das Zutun der Regierung sei ein Anstieg der Route über Moskau und Minsk kaum möglich. „Der Recherche zufolge soll rund die Hälfte der Befragten auf dieser Route angegeben haben, dass sie ihre Visa für Russland von Auslandsvertretungen in ihren Heimatländern erhalten haben“, schreibt die Tagesschau.

So vergebe Russland bereitwillig die Papiere, um gezielt Migranten anzulocken. Nach einem Flug nach Moskau oder Sankt Petersburg gehe es dann häufig weiter nach Belarus – und von dort versuchen sie dann, in die EU zu gelangen.

Mögliche Strategien Putins: Stimmung in Deutschland beeinflussen und als Druckmittel gegen Nato

Die Gesamtzahl der über die Belarus-Route geflohenen Menschen liege zwar für 2024 bislang mit 1549 Fällen noch deutlich niedriger als die Gesamtzahl für die vergangenen Jahre (2022: 8511, 2023: 11 881), wie die SZ schreibt. Allerdings sei es durchaus möglich, dass die Zahlen in den nächsten Monaten steigen.

Putin könne versuchen, die Stimmung in Deutschland im Superwahljahr mit der Europawahl im Juni und den Landtagswahlen in Brandenburg, Sachsen und Thüringen im September mit einem geplanten Anstieg der Flüchtlingszahlen zu beeinflussen“, heißt es weiter. Wladimir Putins Verhalten wird auch als Druckmittel gegen die Nato gewertet.

Am seit November geschlossener Grenzübergang Vaalimaa bei Virolahti in Südfinnland liegt im März noch Schnee.
Früher war hier der lebhafteste Grenzverkehr: Der seit November 2023 geschlossene Grenzübergang Vaalimaa bei Virolahti in Südfinnland, aufgenommen im März 2024. © Lauri Heino/Lehtikuva/Imago

Die gezielten Schleusungen aus Russland hatten in Finnland die Konsequenz, dass im November 2023 die Grenze zu Russland vorerst komplett geschlossen wurde. Petteri Orpo, Finnlands Ministerpräsident, nannte die damals sprunghaft angestiegene Einreise von Asylbewerbern eine „organisierte Aktivität“, keinen echten Notfall.

Vorerst soll die Grenze auch erst einmal nicht geöffnet werden. Nun hat die finnische Regierung am Dienstag (21. Mai) einen Gesetzesentwurf ins Parlament eingebracht, der es den Behörden ermöglichen würde, Asylsuchende an der Grenze des Landes zu Russland abzuweisen. Das geht aus einem Bericht der Online-Zeitung The Moskow Times hervor.

Grenzschutzgesetz in Finnland: Soll „instrumentalisierte“ Migration bewältigen

Der Gesetzesentwurf würde es finnischen Grenzschutzbeamten ermöglichen, Migranten jeweils bis zu einem Monat lang abzuweisen – wenn die Souveränität und die nationale Sicherheit des Landes als durch einen ausländischen Staat bedroht werde, heißt es weiter.

Das Grenzschutzgesetz bedarf der Zustimmung des finnischen Präsidenten, Alexander Stubb. Orpo sprach sich laut The Moskow Times für den Gesetzesentwurf aus: Er würde dazu beitragen, die „instrumentalisierte“ Migration zu bewältigen und „dem auf Finnland ausgeübten Druck entgegenzuwirken“.

Fragen zu Balticconnector verweist der finnische Ministerpräsident Petteri Orpo gern an die Polizei.
Petteri Orpo, Finnlands Ministerpräsident, befürwortet den Entwurf des Grenzschutzgesetzes. © dpa

Die Herkunft der Flüchtlinge habe sich im Vergleich zu vor ein paar Jahren geändert. Waren es damals überwiegend Menschen aus dem Irak, sind es nun nach Angaben der Bundespolizei Syrien und Afghanistan. Aber viele Personen stammten auch aus Somalia, Jemen und Eritrea.

Migration „als Waffe“: Zielstaat durch vermeintliche Überforderung delegitimieren

Seit 2021, als die Migration über Russland und Belarus erstmals hochschnellte, sei in den Ländern der Europäischen Union häufig die Rede von Migration, die bewusst „als Waffe“ genutzt werde.

Deutsche Sicherheitsbehörden sehen in der Migration selbst keine Gefahr. Allerdings missbrauchten manche Staaten das Thema, um den „Zielstaat durch eine vermeintliche Überforderung zu delegitimieren und damit zusätzlich zu schwächen sowie seiner internationalen Reputation zu schaden“, heißt es laut SZ in einem früheren Bericht des Bundesinnenministeriums. (ful)

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