Fordern Mitgliederbegehren zum Haushalt - Jetzt begehrt SPD-Linke gegen Scholz und Kühnert auf

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Ampel-Partner zur Kooperationsbereitschaft in den schwierigen Verhandlungen über den Haushalt 2025 aufgerufen. Zudem mahnte er die Koalition am Wochenende in Interviews, sich nach den schlechten Ergebnissen bei der Europawahl zusammenzuraufen.

„Am Ende wird viel entschieden, aber manchmal kann man dann hinter dem Pulverdampf gar nicht erkennen, was da entschieden ist“, sagte Scholz im ZDF. Der Haushalt für das nächste Jahr sei „eine Aufgabe, die wir bald lösen müssen, fristgerecht Anfang des nächsten Monats“.

Linke SPD-Gruppierung: „Der Staat muss massiv investieren“

Doch nun prasselt ausgerechnet aus der eigenen Partei Kritik auf Scholz ein. Die linke SPD-Gruppierung „Forum DL21“ gab am Sonntag bekannt, ein Mitgliederbegehren über den Haushaltsstreit zu forcieren. Das berichtet der „ Spiegel “. „Wir wollen fragen, ob die SPD einem Kürzungshaushalt zustimmen soll. In Zeiten, in denen die Demokratie unter Druck steht, die Preise steigen und viele sich ihr Leben kaum noch leisten können, ist es falsch zu sparen. Im Gegenteil: Der Staat muss massiv investieren“, meinte der „DL21“-Co-Vorsitzende Jan Dieren.

Für ein Mitgliederbegehren benötigt die Gruppierung im ersten Schritt knapp 4000 Unterstützer aus zehn Unterbezirken. Dieren will in die Verhandlungen von Scholz mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) direkt einwirken. „In diesen Zeiten einen zweistelligen Milliardenbetrag einzusparen, wäre katastrophal. Das würde viele Bereiche der sozialen Infrastruktur zerstören“, so der „DL21“-Co-Vorsitzende.

„Die letzten Tage zeigen, dass es keine Einigkeit in der Partei gibt, wie der weitere Kurs ist“

Auch SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert gerät parteiintern zunehmend in die Kritik. Die linke SPD-Gruppierung bemängelt: Die Aufarbeitung der Wahlergebnisse dürfe nicht dem Präsidium überlassen werden. SPD-Politiker Sebastian Roloff pocht auf „einen internen Prozess, der jetzt inhaltlich und strategisch die offenen Fragen für einen gemeinsamen Weg klärt“. Roloff weiter: „Die SPD ist in der Regierung um gute Politik umsetzen. Die letzten Tage zeigen, dass es keine Einigkeit in der Partei gibt, wie der weitere Kurs ist.“

Einen Teil der Schuld für die Wahl-Schlappe der Kanzlerpartei schob Kühnert den Grünen und der FDP in die Schuhe. Es gebe etwas, „was ich fast als Kontaktscham bezeichnen würde“, sagte der SPD-Generalsekretär mit Blick auf die Koalitionspartner. Mit seiner Kritik an der Ampel scheint er offenbar zu versuchen, das Vertrauen der Parteilinken wieder zu gewinnen, wie der „Spiegel“ berichtet.

Haushaltsplan soll am 3. Juli stehen

Die Haushaltsverhandlungen galten schon vor der Europawahl als äußerst schwierig, jetzt hat sich die Lage noch einmal verschärft. Die FDP pocht darauf, dass die grundgesetzlich verankerte Schuldenbremse eingehalten wird und es - nur ein Beispiel - Aufgabe der Regierung sei, mit einer Änderung der Prioritäten auf eine neue Lage zu reagieren, wie beim weiteren Aufbau der Bundeswehr hin zu einer Armee, die Deutschland und die Verbündeten verteidigen kann. Auch andere Ministerien tragen ihre Ausgabenwünsche vehement vor. Eine Befürchtung ist, dass Kürzungen im Sozialetat gesellschaftliche Spannungen verstärken oder auch der AfD Wähler in die Arme treiben könnten.

Am 3. Juli soll der Haushaltsplan stehen. Anschließend gibt es allenfalls noch ein paar Tage Puffer bis zum Nato-Gipfel, der am 9. Juli in Washington beginnt. Wenn der Haushalt davor nicht steht, dann steht auch die Fortsetzung der Koalition infrage, darin sind sich Beobachter einig. Denn die Verteilung der Steuergelder zwischen den einzelnen Ressorts gilt als Geschäftsgrundlage für die Zusammenarbeit der Ampel bis zu der für den Herbst 2025 geplanten Bundestagswahl.