Droht der SPD eine Revolte? Erste Mitglieder fordern Pistorius als Kanzlerkandidat

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Die beiden SPD-Politiker Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und Bundeskanzler Olaf Scholz (rechts) im September 2024. © IMAGO/P.Nowack / penofoto

Scholz will wieder Kanzler werden. Innerhalb der SPD hat man offenbar Zweifel an dieser Besetzung. Denn Pistorius ist bei der Bevölkerung deutlich beliebter.

Berlin – Am 23. Februar 2025 wählt Deutschland voraussichtlich einen neuen Bundestag. Olaf Scholz will wieder als Kanzlerkandidat für die SPD antreten. Informationen des Spiegels zufolge sprechen sich mittlerweile aber mehrere SPD-Bundestagsabgeordnete dafür aus, dass stattdessen Verteidigungsminister Boris Pistorius als Kandidat für die Sozialdemokraten in den Wahlkampf ziehen soll.

Pistorius glänzt, Scholz verliert: Verteidigungsminister bleibt beliebtester Politiker Deutschlands

Boris Pistorius ist seit langem konstant der beliebteste Politiker in der Bundesrepublik. Auf einer Skala von plus 5 bis minus fünf liegt er im ZDF Politbarometer von Oktober bei plus 1,5, während Friedrich Merz auf minus 0,2 kommt, Robert Habeck auf minus 0,7 und Kanzler Scholz auf minus 0,8. Laut einer Forsa-Umfrage sehen 66 Prozent Pistorius als besseren Kanzlerkandidaten, nur 18 Prozent glauben das von Scholz. Zu einem ähnlichen Urteil kommen offenbar auch mehrere Kommunal- und Landespolitiker sowie Bundestagsabgeordnete aus den Reihen der SPD. Oder wie es der Abgeordnete Joe Weingarten aus Rheinland-Pfalz laut Spiegel formulierte: Scholz sei bei den Menschen im Land „unten durch“.

Bei einem Treffen des Seeheimer Kreises, einem Zusammenschluss der konservativeren SPD-Bundestagsabgeordneten, war die Richtung demnach deutlich: Die meisten Anwesenden hegten dem Spiegel-Bericht zufolge große Zweifel, dass die SPD mit Scholz ein achtbares Ergebnis erzielen könne. Manche wollten ausdrücklich lieber Pistorius als Kandidaten, hieß es weiter. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur sagte Joe Weingarten, er habe die inständige Hoffnung, „dass die SPD-Spitze und alle Verantwortlichen eine gemeinsame und schnelle Antwort finden, um uns aus der schweren Krise und dem Umfragetief herauszuführen, in dem wir uns befinden“.

Union in Umfragen vorne, SPD nur dritte: „Es geht um die Frage, ob die SPD überlebt“

Wäre am kommenden Sonntag Bundestagswahl, würden sich derzeit laut einer aktuellen YouGov-Umfrage 33 Prozent der Befragten für die CDU/CSU entscheiden, 19 Prozent für die AfD und 15 Prozent für die SPD – das entspräche einem Prozentpunkt weniger für die Sozialdemokraten als in der Vorwoche. „Es geht jetzt um die Frage, ob die SPD überlebt“, schlussfolgerte Unterbezirks-Chef in Bochum, Serdar Yüksel, im Gespräch mit dem Stern und ergänzte: „Wenn Sie in der SPD die Mitglieder befragen würden, wären 80 Prozent für Pistorius.“ Ob Scholz noch einmal antrete, sei auch nicht allein seine persönliche Entscheidung, meint Yüksel.

Pistorius hingegen stärkte Scholz den Rücken. „Ich kann nur das sagen, was ich immer gesagt habe. Wir haben einen hervorragenden Bundeskanzler, der entschieden hat, weitermachen zu wollen“, sagte der Verteidigungsminister am Freitag. Am 11. Januar werde der SPD-Parteitag stattfinden, dort werde Scholz nominiert. „Davon gehe ich fest aus“, so Pistorius weiter und ergänzte: Auf hypothetische Fragen, ob er wofür auch immer zur Verfügung stünde, antworte er grundsätzlich nicht. Auch die Parteispitze der SPD, Lars Klingbeil und Saskia Esken, sowie Generalsekretär Matthias Miersch hatten sich klar für Scholz ausgesprochen. Statt Personalfragen zu diskutieren, solle man sich „lieber inhaltlich auseinandersetzen mit dem Bundestagswahlkampf“, kommentierte Klingbeil.

K-Frage bei den Sozialdemokraten: Wie groß ist der innere Konflikt in der SPD?

In der SPD rumort es, doch Scholz müsste sich selbst aus dem Wahlkampf zurückziehen, um Platz für Pistorius zu machen. Danach sieht es nicht aus. Ob er sich unter bestimmten Umständen vorstellen könnte, die Kandidatur zu überdenken, fragte die Süddeutsche Zeitung den Kanzler zuletzt. „Na ja, die Umstände der nächsten Wahl sind doch ziemlich klar“, so die Antwort. Auf die Nachfrage, wie es bei einer Verschlechterung der Umfragewerte wäre, fügte Scholz hinzu: „Die Zuverlässigkeit solcher Umfragen ist überschaubar, wie die letzte Bundestagswahl gezeigt hat, auch wenn das manche schnell vergessen haben.“

Bleibt also die Frage, wie groß der Widerstand in der Partei letztendlich ist. Nicht zuletzt der Wahlkampf in den USA hatte gezeigt, dass sich ein Kandidat ohne den Rückhalt seiner Partei nicht halten kann. US-Präsident Joe Biden war nach einem desaströsen Auftritt im TV-Duell gegen Donald Trump in die Kritik geraten und hatte sich schließlich aus dem US-Wahlkampf zurückgezogen. Viel Zeit bleibt der SPD nicht, sich auf einen Kandidaten festzulegen: Eine Entscheidung wird auf der sogenannten Wahlsieg-Konferenz am 30. November erwartet. Schon in etwa drei Monaten sind dann Bundestagswahlen. Glaubt man aktuellen Umfragen, wäre die Union die mit Abstand stärkste Kraft. Die Antwort auf die K-Frage wäre dann wohl: Friedrich Merz.

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