Scholz gegen Merz: SPD erwartet „andere Performance“ vom Kanzler
Scholz gegen Merz: Klingbeil reagiert auf schlechte Umfragewerte des Kanzlers – und hat konkrete Wünsche
Ist Olaf Scholz der richtige Kanzlerkandidat? SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil spricht sich dafür aus, äußert jedoch auch Kritik am amtierenden Kanzler.
Hamburg – Der Druck auf Olaf Scholz steigt. Mit der Kür von Friedrich Merz als Kanzlerkandidat steht der amtierende Bundeskanzler im direkten Vergleich zum Christdemokraten. Umfragen haben bereits gezeigt, dass viele Menschen Merz für kompetenter als Scholz halten.
Auch Stimmen aus der SPD lassen vermuten, dass es in der Partei Unstimmigkeiten zur Frage seiner Kandidatur gibt. Am Dienstagabend äußerte sich SPD-Vorsitzender Lars Klingbeil in der Talkshow Markus Lanz im ZDF zu diesem Thema. Dabei stellte er sich hinter Scholz, erwartet aber auch eine klare Haltung von ihm.

Kanzler muss klare Stellung beziehen: SPD erwartet von Scholz eine „andere Performance“
Die parteiinternen Unstimmigkeiten kamen auch in der Talkrunde zur Sprache. Die Frage nach dem Kandidaten beantwortete Klingbeil dennoch bestimmt: Er habe sich klar positioniert und wolle mit Olaf Scholz als Kandidaten bei der nächsten Wahl antreten. Diese Meinung sei auch in der SPD-Führung so verankert.
In diesem Kontext äußerte er sich auch zur Aussage des Münchener Oberbürgermeisters Dieter Reiter (SPD). Dieser hatte in einem Interview die Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz infrage gestellt und den Verteidigungsminister Boris Pistorius als Alternative für die Bundestagswahl 2025 ins Spiel gebracht. Seine Kritik am derzeitigen Kanzler bezog sich vorrangig auf seine zögerliche und unklare Kommunikation. „Die Menschen wollen einen Kanzler, der mit ihnen redet, der sie versteht, der weiß, was sie bewegt, der präsent ist“, sagte Reiter. Dagegen sei Pistorius mit seiner klaren Kommunikation und Authentizität ein geeigneter Kandidat.
„Ich bin ja nicht blind“: SPD-Vorsitzender ist sich der Probleme bewusst
Dazu sagte Klingbeil, er habe eine andere Auffassung. Er wisse, was die SPD in den kommenden zwölf bis 13 Monaten zu tun habe. „Ich bin ja nicht blind. Ich weiß, was Aufgabe des Parteivorsitzenden, des Bundeskanzlers, der gesamten SPD-Führung ist. Aber wenn Sie mich heute fragen, ob wir unklar in Personalentscheidungen sind, dann kann ich ganz klar sagen: Nein, das sind wir nicht.“
Solche Unstimmigkeiten, wie Reiters Kritik an Scholz und Saskia Esken, seien normal, so Klingbeil: „Es gehört bei jeder Volkspartei dazu, dass es kritische Debatten gibt. Wenn ich auf die Werte gucke, die wir haben, wenn ich auf die persönlichen Werte von Olaf Scholz gucke, dann kann ich mir auch erklären, warum solche Debatten jetzt gerade entstehen.“ Dennoch gebe er die Hoffnung noch nicht auf: „Ich habe eine Überzeugung, dass man Wahlsiege organisieren kann. Das ist jetzt die Verpflichtung, die ich als Parteivorsitzender habe. Da habe ich eine Erwartung an alle, die mithelfen.“
Klingbeil wünscht sich von Scholz und SPD mehr Aktion statt Moderation
Die Erwartungen beträfen auch den Bundeskanzler, stellte Klingbeil klar. Wichtig sei vor allem, dass „man jetzt mit einer anderen Performance, mit einer Klarheit bei Themen, mit dem Raus aus der Moderationsrolle dieser Regierung“ klare Stellung beziehe. Die SPD müsse zeigen, „dass man diese Wahl gewinnen will, dass wir das gemeinsam schaffen“.
Auf die Frage, was in der Performance geändert werden soll, sagte Klingbeil: „Wir sind in dieser Regierung viel zu lange in einer Moderationsrolle gewesen.“ Dabei kritisierte er auch die Zusammenarbeit in der Koalition. „Es ist viel zu viel Streit gewesen. Das habe ich jetzt auch öffentlich zigmal kritisiert. Da hätte ich mir eine andere Performance gewünscht.“
Kanzler muss in den kommenden Monaten „eine klare Haltung“ ausstrahlen
Trotz seiner Kritik zeigte sich der 46-Jährige überzeugt, dass Wahlen und Umfragen in zwölf Monaten gedreht werden könnten. Ihm gehe es darum, in den kommenden Monaten deutlich zu zeigen, was die Partei in der Regierungszeit noch erreichen wolle. Dazu gehören laut Klingbeil das Rentenpaket, aber auch die Rettung von Industriearbeitsplätzen.
„Die SPD, die SPD-Führung, der Bundeskanzler müssen ausstrahlen: Wir kämpfen um jeden Industriearbeitsplatz in diesem Land. Das ist etwas anderes, als zu sagen, ich moderiere“, so Klingbeil. Er erwarte „eine klare Haltung“, also eine Ausstrahlung, die sagt: „Ich kämpfe für etwas.“ (gel)