„Offenes Ziel“ über Russland: Ukraine spottet über Putins Luftverteidigung

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Die ukrainischen Streitkräfte setzen im Krieg auf Luftangriffe auf russischem Gebiet – und offenbaren so Schwächen des Gegners.

Klinzy – Drohnenangriffe scheinen die neue Strategie der ukrainischen Streitkräfte im Krieg gegen Russland zu sein, um die Energie- und Militärinfrastruktur zu schwächen. Erst vor ein paar Tagen feuerten sie einen Luftangriff über der russischen Grenzstadt Klinzy ab, wohl einer der härtesten Luftangriffe in diesem Gebiet im bisherigen Ukraine-Krieg.

Anwohner der Stadt in der westlichen Oblast Brjansk in Russland sahen am Mittwochabend Blitze am Nachthimmel, berichtete die ukrainische Wochenzeitung Kyiv Post. Lokale Beamte gaben Entwarnung für die Anwohner und klärten auf, dass eine von der Ukraine gestartete Drohne keine Gefahr darstelle, da diese von der russischen Luftwaffe erfolgreich blockiert und zerstört worden sei. Doch da war die Folge des Luftangriffes, ein Großbrand in einem Öllager, scheinbar noch nicht abzusehen.

Nach Drohnenangriff im Ukraine-Krieg: Russische Grenzstadt kämpft mit Großbrand

In der ersten offiziellen Bestätigung aus Moskau gab das russische Verteidigungsministerium bekannt, dass „eine einzige ukrainische Drohne“ von der russischen Luftwehr über der Grenzstadt abgeschossen worden sei. In diesem ersten Bericht wurden Schäden oder Brände nicht erwähnt.

Die ukrainischen Streitkräfte haben ein Luftangriff auf ein Öllager in der russischen Stadt Klinzy gestartet. Die Folge war ein Großfeuer, da die Treibstoffbehälter gebrannt haben. © IMAGO/Russia Emergencies Ministry

Zwei Tage nach dem Angriff tauschten sich Einwohner der Stadt auf Social-Media darüber aus, dass das Öldepot brenne. Bilder, die auf Telegram-Kanälen gepostet wurden, würden deutlich machen, dass der Brand alles andere als klein sei und das Treibstofflager des russischen Konzerns Rosneft in Klinzy brannte. Auch lokale Medien reagierten schnell und veröffentlichten Bilder des brennenden Rosneft-Depots. Die knapp 50 Meter hohen Flammen und dunklen, öligen Rauchwolken, sollen aus Kilometer weiter Entfernung sichtbar gewesen sein.

Brand in russischem Öllager: Fotos und Videos des Ukraine-Kriegs verboten

Sprecher des Verteidigungsministeriums behaupteten auch nach den ersten Berichterstattungen über einen möglichen Großbrand weiter, dass die ukrainische Drohne abgeschossen worden sei und diese Aktion lediglich einen kleinen Brand verursachte. Die Flammen seien unter Kontrolle. Einige Anwohner der Grenzstadt Klinzy, stellten die Aussagen der Regierungssprecher unter Kreml-Chef Wladimir Putin infrage, da sie von ihren Wohnungen und Häusern ein anderes Szenario beobachten würden. Sie kommentierten weiter auf Social Media und posteten Fotos des Geschehens. Damit könnten die Anwohner gegen russische Gesetze verstoßen haben, die eine nicht genehmigte Veröffentlichung von Bildern des Ukraine-Krieges in sozialen Medien verbieten.

Einige der Bildunterschriften und Kommentare machen das Ausmaß des Feuers deutlich: „Es wird größer!“, und „Schrecklich!“ Moskaus Versuche, Inhalte mit Bezug auf den Ukraine-Krieg in den sozialen Medien zu unterdrücken, werden durch die Einwohnerzahl der Grenzstadt (63.000) und die Lage des brennenden Öldepot neben einer Eisenbahnlinie erschwert, berichtet die Kyiv Post.

Nach der Bilder- und Kommentarflut im Internet, gab auch die russische Behörde zu, dass das Feuer „noch nicht vollständig unter Kontrolle“ sei. Nachfolgende Berichte bestätigten, dass vier Öllagertanks brannten. Einer davon war offenbar explodiert und nur wenige Meter von den hiesigen Flammen entfernt befanden sich weitere fünf Treibstoffbehälter, die die brenzliche Situation nochmals verschärften.

Ukrainischer Angriff setzt Ölbasis in russischer Grenzstadt in Brand: Menschen aus Häusern evakuiert

Die russischen Behörden gaben am Freitagabend bekannt, dass sich der Brand zu einem schweren Feuer ausgebreitet hat. Des Weiteren informierten sie, dass das Feuer von einer einzelnen ukrainischen Drohne ausgelöst wurde. Diese sei zwar abgewehrt worden, habe es aber dennoch geschafft, Sprengstoff auf die Ölbasis abzuwerfen.

Kurz vor Mitternacht kam dann die Nachricht der örtlichen Behörden, dass der Katastrophenschutz den Klinzy-Brand in Kategorie eins, also der schwersten Einstufung, einordnete. 32 Menschen, die in Nähe des Tanklagers lebten, wurden aus ihren Häusern evakuiert. Am Sonntag, also rund 68 Stunden nach dem ukrainischen Luftangriff, sei das Feuer endgültig gelöscht wurden. Diese Nachricht teilte Wadim Uwarkin, Leiter der regionalen Katastrophenschutzbehörde, in einer Erklärung mit.

Explosionen und Brände: Russischer Luftraum ist ein „offenes Ziel“

Neben dem Großbrand in Klinzy tauchten in den vergangenen Tagen auch Nachrichten über weitere ukrainische Luftangriffe auf. Am Wochenende ereigneten sich beispielsweise zwei Explosionen am Ust-Luga-Terminal, einer großen russischen Gasexportanlage etwa 170 Kilometer westlich von St. Petersburg. Auch hier sind Brände entstanden. Ein Sprecher des nationalen Sicherheitsdienstes der Ukraine teilte der Kyiv Post mit, dass die „für militärische Operationen entscheidende“ Ostseehafenanlage vorübergehend außer Kraft gesetzt wurde.

Ein Problem, welches die Angriffe aus der Luft ermöglicht, ist laut des Sprechers der ukrainischen Luftwaffe, Jurij Ihnat, die mangelnde nationale russische Luftverteidigung. Diese sei sehr dünn gestreut und schnell verwundbar, sagte er in einem Interview des ukrainischen Magazins Focus. Er nannte außerdem einen Großteil des russischen Luftraums ein „offenes Ziel“, in das ukrainische unbemannte Luftfahrzeuge nach Belieben eindringen könnten.

Ebenfalls deutlich macht das ein Bericht der BBC auf Ust-Luga und zitiert den Kremlsprecher Dmitri Peskow, der die Ukraine für den Angriff kritisierte: „Das Kiewer Regime zeigt weiterhin sein bestialisches Gesicht.“ (Denise Dörries)

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