Strompreise und Deutschlandticket: Was bringt der Koalitionsvertrag den Verbrauchern?

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Auch für Verbraucher hat der Koalitionsvertrag von Union und SPD gute Nachrichten parat. Strompreise sollen sinken, das Deutschlandticket eine Zukunft haben.

Berlin – Der Koalitionsvertrag wurde in den ersten Wochen nach seiner Veröffentlichung bereits von allen Seiten beleuchtet. Nicht nur Experten machten sich darum verdient. Die ersten Blicke richteten sich dabei auf die Fragen, wie Union und SPD die Wirtschaft wieder ankurbeln, das heikle Thema Migration zur Zufriedenheit einer Mehrheit der Bürger den Griff bekommen und Deutschland außen- und verteidigungspolitisch auf die neue Weltlage vorbereiten wollen.

Weniger Schlagzeilen machten da Punkte, die das tägliche Leben jedes einzelnen Menschen im Land betreffen. Was Schwarz-Rot verbraucherpolitisch auf die Agenda gesetzt hat, hat sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) genauer angeschaut. Und dabei einige Themen konkret herausgegriffen.

Koalitionsvertrag von Union und SPD: „Konkrete Verbesserungen für Verbraucher“

Michaela Schröder, Geschäftsleiterin Verbraucherpolitik beim vzbv, stellt insgesamt fest: „Die nächste Bundesregierung nimmt sich konkrete Verbesserungen für Verbraucherinnen und Verbraucher vor.“ Ob diese am Ende auch Realität werden, muss sich freilich erst zeigen, denn letztlich ist ein Koalitionsvertrag nicht viel mehr als eine Absichtserklärung und keinesfalls bindend.

Zwei für Verbraucher wichtige Themen: Wie geht es mit dem Deutschlandticket und den Strompreise weiter? © IMAGO / NurPhoto, IMAGO / Zoonar

Schließlich kann später doch vieles anders kommen, als man denkt. Und wenn es dann am nötigen Kleingeld in der Haushaltskasse des Bundes fehlt, kann das eine oder andere Projekt schonmal in Vergessenheit geraten.

Jedenfalls nehmen sich CDU, CSU und SPD vor, den europaweit teuersten Strompreis zu senken. Laut Eurostat wurden hierzulande 2024 in der ersten Jahreshälfte 0,3951 Cent pro Kilowattstunde (kWh) aufgerufen, in den zweiten sechs Monaten waren es immer noch 0,3943 Cent pro kWh. Zum Vergleich: EU-weit waren es in der ersten Jahreshälfte durchschnittlich 0,2889 Cent pro kWh.

Union und SPD wollen Strompreis senken: Verbraucher um mindestens fünf Cent pro kWh entlasten

Der vzbv betont, hohe Preise würden „den Umstieg auf elektrisch betriebene Heizungen oder E-Autos weniger attraktiv“ machen. Daher wird der politische Plan, die Stromsteuer, Umlagen und Netzentgelte zu senken, gelobt.

Im Koalitionsvertrag steht dazu: „Wir wollen Unternehmen und Verbraucher in Deutschland dauerhaft um mindestens fünf Cent pro kWh mit einem Maßnahmenpaket entlasten. Dafür werden wir als Sofortmaßnahme die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken und Umlagen und Netzentgelte reduzieren. Um Planungssicherheit zu schaffen, ist unser Ziel, die Netzentgelte dauerhaft zu deckeln.“ Mit fünf Cent pro kWh weniger wäre Deutschland zwar immer noch ganz vorne dabei, aber die Trendwende wäre geschafft.

Schriftzug Verbraucherzentrale Bundesverband an einer Wand
Was gibt der Koalitionsvertrag für das alltägliche Leben der Bürger her? Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat sich das Papier von Union und SPD genau angeschaut. © IMAGO / Waldmüller

Vom vzbv heißt es dazu weiter: „Die Absenkung der Stromsteuer ist wirkungsvoll, da sie automatisch an die Kunden weitergegeben wird. Bei der Senkung der Netzentgelte dürfen Verbraucher:innen gegenüber der Industrie nicht benachteiligt werden. Zudem muss sichergestellt werden, dass die Ersparnis bei den Verbraucher:innen ankommt.“

Union und SPD halten an Deutschlandticket fest: Preis soll erst ab dem Jahr 2029 wieder steigen

Erfreulich ist aus Sicht der Verbraucherschützer auch, dass das Deutschlandticket beibehalten werden soll, obwohl das Modell gerade innerhalb der Union auch viele Gegner hat. Der Preis stieg zu Jahresbeginn von 49 auf 58 Euro, soll in naher Zukunft aber überraschenderweise stabil bleiben. Noch im März hatten unter anderem die Deutsche Presse-Agentur (dpa) und der Spiegel berichtet, die Arbeitsgruppe Verkehr und Infrastruktur, Bauen und Wohnen der mutmaßlichen Regierungsparteien habe in einem Papier eine Erhöhung vom Jahr 2027 an notiert.

Dagegen ist im Koalitionsvertrag zu lesen: „Das Deutschlandticket wird über 2025 hinaus fortgesetzt. Dabei wird der Anteil der Nutzerfinanzierung ab 2029 schrittweise und sozialverträglich erhöht. Um Planungssicherheit für die Kunden beim Ticket, aber auch für Bund und Länder bei der Finanzierung zu gewährleisten, werden die Kosten für das Ticket nach einem festen Schlüssel aufgeteilt.“

Der Preis von 58 Euro soll also noch drei weitere Jahre beibehalten werden. Der vzbv findet diese Regelung „sehr positiv“. Wichtig sei allerdings, dass die offenbar rund um die nächste Bundestagswahl anstehende Erhöhung wie festgeschrieben sozialverträglich erfolge. Denn das Deutschlandticket müsse „für alle bezahlbar und attraktiv“ bleiben.

Deutschlandticket bleibt: Verkehrsunternehmen hoffen auch auf Weiterentwicklung

Wie der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) informiert, besitzen 13,5 Millionen Menschen ein Deutschlandticket. Das Branchenziel von 15 Millionen bis zum Ende des Jahres 2024 wurde nicht erreicht, was unter anderem damit zu erklären sei, dass „viele Unternehmen und Organisationen zögern, in das für ihre Mitarbeitenden preislich attraktive Deutschland-Ticket Job zu wechseln“.

Mit Blick auf den Koalitionsvertrag schreibt der VDV von einem „Erfolg für unsere Branche“. Das Deutschlandticket müsse jedoch weiterentwickelt werden. Handeln die Politik und die Branche nun mutig, müsste das ursprüngliche 15-Millionen-Tickets-Ziel nicht das Ende der Fahnenstange sein.

Produkte in einem Einkaufswagen
Der Einkauf geht immer mehr ins Geld: Die Lebensmittelpreise sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. © IMAGO / Martin Wagner

Verbraucherschutz unter Union und SPD: „Tragen zu mehr als 50 Prozent der Wirtschaftsleistung bei“

Während die günstige Reisemöglichkeit mit Bus und Bahn also gesichert werden soll, vermisst der vzbv im Koalitionsvertrag Hinweise, wie die Politik faire Lebensmittelpreise sicherstellen will. Hier schlägt Schröder eine „unabhängige Preis- und Kostenbeobachtungsstelle“ vor. Wichtig bleibe: „Eine gesunde, nachhaltige und abwechslungsreiche Ernährung darf keine Frage des Geldbeutels sein.“

Positiv erwähnen die Verbraucherschützer dagegen die Pläne der wohl nächsten Regierung zu einer Reform der privaten Altersversorge. Zusammenfasst wird betont, wie wichtig es ist, die Verbraucher zu stärken. „Sie tragen mit ihrem Konsum zu mehr als 50 Prozent zur deutschen Wirtschaftsleistung bei“, wird Schröder zitiert: „Wer die Alltagssorgen der Menschen in den Blick nimmt, stärkt alle.“ (mg)

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