Koalitionsvertrag zwischen Schwarz und Rot: Was bedeutet die Einigung von Union und SPD?

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Die Koalitionsgespräche nähern sich ihrem Höhepunkt. Doch welche Konsequenzen hat ein unterzeichneter Vertrag für die Bundespolitik?

Berlin – Während Donald Trumps Handelspolitik die Börse torpediert und eine in Teilen rechtsextreme AfD in Umfragen zur stärksten Kraft avanciert, gehen die Koalitionsverhandlungen wohl in die heiße Phase. Der Weg zu einem Abschluss der Verhandlungen war nicht gänzlich frei von Kontroversen: So sorgte beispielsweise Friedrich Merz Finanzpaket für hitzige Diskussionen: Kritiker warfen dem CDU-Fraktionsführer „einen „Wortbruch“ vor. Während Merz sich im Wahlkampf noch für die Einhaltung der Schuldenbremse einsetzte, fand er nur kurz danach einen kreativen Weg, diese zu umgehen.

Jetzt, da eine neue Regierung in Sichtweite ist, stellt sich die Frage, was ein fertiger Koalitionsvertrag überhaupt für das bundespolitische Geschehen bedeutet. Ob die formulierten Ziele bindend sind, und vielleicht auch, ob der Koalitionsvertrag der letzten Regierung erfüllt werden konnte.

Was bedeutet ein Koalitionsvertrag?

Im Rahmen der Bundestagswahl betreibt jede Partei mit dem eigenen Wahlprogramm den Wahlkampf und gibt dabei auch Wahlversprechen ab. Wenn die Wahl dann durchgeführt wurde, steht die Phase der Regierungsbildung an.

Sofern eine Partei nicht über die absolute Mehrheit – also 50 Prozent der Sitze – verfügt, prüfen mehrere Parteien, ob sie miteinander eine Regierung stellen wollen. In einem Mehrparteiensystem wie in Deutschland kann sich dieses Unterfangen als mitunter schwierig herausstellen. Wo die eine Partei beispielsweise Sozialleistungen erhöhen möchte, will die andere Partei Steuern senken und Unternehmen entlasten.

Um Konfliktfelder wie dieses zu lösen, müssen die Parteien Kompromisse aushandeln, um in der gemeinsamen Regierung eine einheitliche Politik verfolgen zu können. Dabei stellen sich auch bestimmte Prioritäten heraus, welche Ziele definitiv erreicht werden sollen und welche Projekte für die Zukunft sind. Sollten sich die Parteien dann einigen, wird ein Koalitionsvertrag geschlossen. Dieser formuliert, was die künftige Regierung in den nächsten vier Jahren durchsetzen möchte.

Wie bindend ist ein Koalitionsvertrag?

Koalitionsvertrag: Besonders das Wort „Vertrag“ kann den Eindruck erwecken, hier würde ein tatsächlich einklagbarer Vertrag zu Stande kommen, doch dem ist mitnichten so. Einige Juristen, betrachten Koaliti­ons­verträge eher als verfas­sungsrechtliche Verträge. Diese wären politisch – aber nicht rechtlich bindend. Ein Hinweis darauf ist, dass im Koaliti­ons­vertrag beispielsweise eine Regelung fehlt, was genau passiert, wenn eine Partei den Vertrag bricht. So berichtet die Deutsche Anwaltsauskunft, ein Rechtsportal des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Fest steht also: Die Erfüllung aller Ziele des vermutlich die Tage folgenden Koalitionsvertrags zwischen Union und SPD steht in keinem Fall fest.

Ein gutes Beispiel, woran diese Ziele schlussendlich scheitern können, zeigte sich bei dem Finanzpaket von Friedrich Merz: Der Kanzler in spe musste eine Grundgesetzänderung beschließen, und benötigte dazu eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat. Da der alte Bundestag noch aktiv ist, bis sich der neue Bundestag konstituiert hat, beschloss er das Finanzpaket also mit dem alten Bundestag. Eine solche Grundgesetzänderung im neuen Bundestag durchzubekommen, wäre sehr unwahrscheinlich gewesen – und eine potenzielle Hürde für zukünftige Koalitionsziele.

Koalitionsverhandlungen im Lichte des Bundestags
Streitpunkte der bisherigen Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Union waren beispielsweise Migrations-, Finanz- und Sozialpolitik. © Christoph Soeder/picture alliance/dpa/ Michael Kappeler/picture alliance/dpa (montage)

Was wurde vom letztem Koalitionsvertrag umgesetzt, was nicht?

Die Ampelregierung bestehend aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP hatte sich zu Beginn ihrer Regierungsbildung umfassende Ziele gesteckt. Der Koalitionstracker des Vereins Frag den Staat listet 271 konkrete Regierungsvorhaben auf: darunter die Einführung Bürgergelds, die Cannabis-Legalisierung und Maßnahmen für die Energiewende.

Der Koalitionstracker bemisst, dass die Ampel 27 Prozent ihrer Vorhaben erfüllt, 12 Prozent teilweise umgesetzt, 36 Prozent begonnen, 18 Prozent nicht begonnen und 7 Prozent zurückgestellt haben.

Ein Beispiel für ein verpasstes Ziel der Ampelkoalition ist der Wohnungsbau: 400.000 Wohnungen wollte die Koalition pro Jahr bauen lassen – 100.000 davon sollten sozial gefördert werden. Es wurde mit dem Bauministerium wurde sogar ein neues Ministerium geschaffen, um diese Aufgabe anzugehen. Der Realitätscheck zeigt: Nach Berichten der Tagesschau wurden im vorletzten Jahr nur etwa 23.000 bezugsreife Sozialwohnungen geschaffen. Durch die erhöhte Nachfrage, aber das mangelnde Angebot, konnte die Ampel-Regierung nicht verhindern, dass die Mieten weiterhin steigen. Allein in Großstädten wurde die Miete in den vergangenen Jahren um 30 bis 40 Prozent teurer. (ko)

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