Jedes Jahr zum TÜV? Was die EU-Pläne für Millionen Autobesitzer bedeuten
Die EU plant eine Änderung für Millionen Autobesitzer: Fahrzeuge, die älter als zehn Jahre sind, sollen jährlich zur Hauptuntersuchung. Das hätte massive Konsequenzen für Autobesitzer.
München – Die EU-Kommission plant eine bedeutende Änderung für Millionen Autobesitzer: Fahrzeuge, die älter als zehn Jahre sind, sollen künftig jährlich zur Hauptuntersuchung müssen. Was auf den ersten Blick wie eine zusätzliche Belastung wirkt, soll vor allem die Verkehrssicherheit erhöhen. Doch was bedeutet dieser Vorschlag konkret für Autohalter in Deutschland?
Jährlich zum TÜV?: Die geplante Regelung im Überblick
Nach dem Willen der EU-Kommission sollen alle Autos und Kleintransporter, die älter als zehn Jahre sind, künftig jedes Jahr zur Pflichtinspektion. Dies würde eine deutliche Änderung zur aktuellen Regelung in Deutschland darstellen, wo Fahrzeuge unabhängig vom Alter grundsätzlich alle zwei Jahre zur Hauptuntersuchung (HU) müssen – mit Ausnahme von Neuwagen, die erst nach 36 Monaten zur ersten Inspektion antreten.
Der Vorschlag ist Teil einer umfassenderen Initiative zur Verbesserung der Verkehrssicherheit. Die EU-Kommission begründet ihren Vorstoß mit der Verkehrssicherheit. Ältere Fahrzeuge seien:
- Häufiger pannenanfällig
- Öfter in Unfälle verwickelt
- Stärker an Schadstoffemissionen beteiligt
Die Brüsseler Behörde rechnet damit, dass die Einführung jährlicher Prüfungen zu einem Prozent weniger Verkehrstoten und Verletzten führen könnte. Das mag zunächst wenig klingen, würde aber europaweit etwa 74 Menschenleben pro Jahr retten.

„Da Autos für den weitaus größten Teil der Todesfälle verantwortlich sind, und selbst wenn technische Defekte nur einen relativ geringen Anteil an den Unfallursachen ausmachen, kann die jährliche Inspektion älterer Autos einen erheblichen Unterschied machen. Dies gilt insbesondere für die Sicherheit“, heißt es von der EU-Kommission.
Jährliche Hauptuntersuchung: Wie viele Fahrzeuge wären betroffen?
In Deutschland liegt das Durchschnittsalter der zugelassenen Pkw laut Kraftfahrt-Bundesamt bei 10,6 Jahren. Das bedeutet, dass rund 46 Prozent aller in Deutschland zugelassenen Pkw von der neuen Regelung betroffen wären – also fast jedes zweite Auto.
Nach Daten des TÜV weisen ältere Fahrzeuge tatsächlich häufiger erhebliche Mängel auf. Bei Pkw im Alter von zehn bis elf Jahren werden die Prüfer demnach bei fast jedem vierten Fahrzeug fündig.
Jährliche Inspektion: Was würde sich für Autobesitzer ändern?
Für Besitzer älterer Fahrzeuge würde die neue Regelung mehrere Konsequenzen haben:
- Häufigere Inspektionen: Statt alle zwei Jahre müssten Autos ab einem Alter von zehn Jahren jährlich zur Hauptuntersuchung.
- Höhere Kosten: Die Gebühren für die HU müssten entsprechend häufiger bezahlt werden. Je nach Fahrzeugtyp und Prüforganisation liegen diese zwischen 85 und 115 Euro.
- Mehr Zeitaufwand: Der regelmäßige Gang zur Prüfstelle würde zum jährlichen Pflichttermin.
- Mögliche Reparaturkosten: Bei festgestellten Mängeln müssten diese behoben werden, was zusätzliche Kosten verursachen kann.
Umstrittene EU-Forderung: Kritik an jährlicher Inspektion
Der Vorschlag stößt nicht überall auf Zustimmung. Der ADAC hält die jährliche Pflichtinspektion älterer Autos „nicht für notwendig“. Eine Verschärfung der Prüfintervalle, insbesondere in Deutschland, sei nicht angemessen, teilte der Verkehrsclub mit. Die Hauptuntersuchung sei etabliert und gesellschaftlich anerkannt, ihre Effizienz unabdingbar. „Andernfalls könnte die gesellschaftliche Akzeptanz gefährdet werden“, so der ADAC.
Auch aus dem EU-Parlament kommen kritische Reaktionen. „Es droht viel zusätzlicher bürokratischer Aufwand. Eine jährliche Überprüfungsfrist für ältere Fahrzeuge treibt die Kosten für Autobesitzer in die Höhe“, teilte der CSU-Abgeordnete Markus Ferber mit.
Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), stellte sich ebenfalls gegen den Plan: „Wir stehen zur Verkehrssicherheit, aber der Kommissionsvorschlag für einen jährlichen TÜV für Autos von zehn Jahren oder älter geht zu weit. Warum ein System verschärfen, das bereits funktioniert?“
Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) bezeichnete den Vorschlag als „ein Negativbeispiel, wie die EU die Menschen mit Bürokratie überhäuft.“
EU rückt Autobesitzern auf die Pelle: Weitere Vorschläge
Neben häufigeren Inspektionen schlägt die Kommission unter anderem auch vor:
- Kilometerstände sollen in nationalen Datenbanken erfasst werden
- Neue Tests für elektronische Sicherheitssysteme
- Neue Prüfverfahren für Emissionen
- Spezifische Kontrollen für Elektroautos
EU-Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas sprach von einem „großen Schritt nach vorne, um unsere Straßen sicherer und unsere Luft sauberer zu machen.“
Jährliche Inspektion für Autos gefordert: Wie geht es weiter?
Ob und wann die neue Regelung in Kraft tritt, ist noch offen. Zunächst müssen das Europäische Parlament und die EU-Staaten dem Vorschlag zustimmen. Angesichts der kritischen Stimmen ist eine Überarbeitung des Vorschlags nicht ausgeschlossen.
In vielen EU-Staaten müssen ältere Autos bereits jetzt jährlich zur Inspektion. Deutschland würde mit der neuen Regelung also zu einem System wechseln, das in anderen europäischen Ländern bereits etabliert ist.