Deutschlandticket bleibt erhalten: Erste Details im Koalitionsvertrag
Das Deutschlandticket für den Nahverkehr soll laut Koalitionsvertrag auch nach 2025 erhalten bleiben. Anton Hofreiter und Christoph Ploß äußern sich.
Berlin – Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag die Fortsetzung des Deutschlandtickets vereinbart. Anders als im Sondierungspapier von Ende März sieht der Koalitionsvertrag aber Preissteigerungen für das Monatsabo erst ab 2029 vor.
Das Ticket stand über Monate im Zentrum kontroverser Debatten. Der ehemalige Verkehrsminister aus den Reihen der FDP, Volker Wissing, titelte einst noch: „Attraktiv, digital, einfach“. Seitdem ringen Politik und Öffentlichkeit beim Deutschlandticket um die Finanzierungsfrage. Nach Informationen der dpa soll diese weiterhin nicht abschließend geregelt sein. „Um Planungssicherheit für die Kunden beim Ticket, aber auch für Bund und Länder bei der Finanzierung zu gewährleisten, werden die Kosten für das Ticket nach einem festen Schlüssel aufgeteilt“, heißt es dort ohne nähere Ausführungen.
Die Finanzierungsfrage des Deutschlandtickets drängt: Eine Studie verschafft Klarheit
Für damals noch 49 € wurde das Deutschlandticket von der Ampel-Koalition eingeführt. Eine preisgünstige Möglichkeit, um die Menschen weg vom Auto und hin zu Bus und Bahn zu bewegen. Der wichtige Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel wurde damals thematisiert. Heute, knapp drei Jahre später und nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen, rückt eher die Finanzierungsfrage in den Fokus.
Der kürzlich erschienene Ariadne-Report erfasst vergleichend Ergebnisse zahlreicher Studien zum Deutschlandticket. Ziel des Reports sei es, eine evidenzbasierte Unterstützung für anstehende politische Entscheidungen zu bieten. Es lag daher nah, zu erfragen, welche Konsequenzen Opposition und Regierung aus den Erkenntnissen ziehen. Anton Hofreiter bezieht dabei stellvertretend für die ehemalige Ampelregierung Stellung – Chrisoph Ploß für die Kommende.
Anton Hofreiter: „Das Deutschlandticket ist eine Erfolgsgeschichte“
Ein Befürworter des Tickets ist ebenjener Anton Hofreiter (Bündnis 90/ Die Grünen). Er gilt als Verkehrsexperte der Grünen und war von 2013 bis 2021 Vorsitzender der Partei. Der 55-Jährige wertet das Ticket als ganzen Erfolg. Auf Anfrage der Frankfurter Rundschau von Ippen.Media stellt er klar: „Das Deutschlandticket ist eine Erfolgsgeschichte“. Er betont vor allem die unkomplizierten und sozial verträglichen Vorzüge des Tickets.
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Darüber hinaus sieht Hofreiter in dem Ticket einen wichtigen Teil der Energiewende – das müsse auch die Union anerkennen. Weiter solle die kommende schwarz-rote Koalition dem Grundsatz folgen: „Jede vermiedene Tonne CO₂ ist eine gute Tonne CO₂“. Des Weiteren fordert er „eine gesetzliche Regelung, die Arbeitgeber in die Pflicht nimmt. Ein verpflichtendes Jobticket senkt die Kosten für viele Beschäftigte, erhöht die Zahl der Abonnements und stabilisiert damit die Einnahmen des Nahverkehrs.“ Eine verlässliche und dauerhafte Finanzierung durch den Bund müsse die Grundlage dafür bieten.
Studie gibt Hofreiter Rückendeckung: Deutschlandticket konnte Verkehrswende beeinflussen
In Bezug auf den Ariadne Report schreibt Anton Hofreiter auf Anfrage: Das Ticket habe eine deutliche Verkehrsverlagerung angestoßen. Immer mehr Menschen würden das Auto stehen lassen und auf Bus und Bahn umsteigen. Dies helfe, CO₂-Emissionen zu senken – und zwar dort, wo es zähle: bei längeren Strecken, die bisher mit dem Pkw zurückgelegt wurden.
Hofreiter bekommt in seiner Bewertung deutlich Rückendeckung vom Report: Durch das Deutschlandticket konnten 12 bis 16 Prozent der Fahrten vom Auto zum ÖPNV umverlagert werden. Im Schnitt legten die Personen Strecken von rund 30 km Länge zurück. Sehr deutlich tritt dieser Effekt bei Menschen auf, die den Nahverkehr zuvor selten nutzten.
Christoph Ploß: Der CDUler erinnert an den großen Fehler der Ampel
Doch es gibt auch kritische Stimmen – Christoph Ploß ist so eine. Der CDUler ist Obmann im Verkehrsausschuss und aktuell in die Koalitionsverhandlungen eingebunden. Ploß stört besonders die unklare Finanzierung: „Der große Fehler der Ampelkoalition war es, nicht von Anfang an eine solide Finanzierung des Deutschlandtickets sicherzustellen“, so Ploß auf Anfrage.

Der Preis hätte entweder so ausgestaltet werden müssen, dass er die realen Kosten decke. Um – „politisch gewollt“ – einen günstigen Preis zu sichern, hätte der Bund sich als Initiator zur Finanzierung bekennen sollen. Das ständige Ringen um Mittel sorge für Unsicherheit bei Nutzerinnen und Nutzern. Eine neue Bundesregierung müsse endlich einen verlässlichen Mechanismus etablieren, das Ticket langfristig zu halten.
Die Studie gibt Antworten: Ist das Deutschlandticket tatsächlich so unwirtschaftlich?
Im Ariadne Report wird die Finanzierung zwar nicht direkt thematisiert, doch stellt der Report die ökologischen und wirtschaftlichen Wirkungen klar heraus: Das Deutschlandticket vermeidet demnach jährlich ca. 4,2 bis 6,5 Millionen Tonnen CO₂ – zu Vermeidungskosten von unter 100 € pro Tonne. Das entspricht laut dem Report einer Lenkungswirkung von einer moderaten, etwa zweistelligen Euromenge des CO₂ Preises.
Darüber hinaus bewirkt die Reduktion des Autofahrens eine Verringerung der externen Kosten des Autoverkehrs in etwa 2,7 bis 3,7 Milliarden Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Nach Quellen der Tagesschau kostet das Deutschlandticket Bund und Länder je 1,5 Milliarden Euro.
Der Report gibt auch Aufschluss darüber, dass das häufig aufkommende Argument, das Deutschlandticket führe zu neuem Verkehr statt zu einer Umverlagerung, schlichtweg falsch ist. Es gebe keine belastbaren Beweise auf signifikant induzierten Verkehr. Lediglich eine Studie käme zu diesem Schluss – laut dem Ariadne Report würde diese besondere methodische Besonderheit im Umfragedesign aufweisen.
Tauziehen zwischen Nachhaltigkeit und Finanzierung: Zerreißprobe für Deutschlandticket
Die Positionen von Hofreiter und Ploß stehen womöglich beispielhaft für die langatmige politische Zerreißprobe um das Deutschlandticket. Trotz bewiesener verkehrs- und klimapolitischer Effekte, bleibt die Finanzierung ein anhaltendes Streitthema und entscheidend für die Zukunft des Tickets.
Mit Erscheinen des Koalitionsvertrages scheint die Zukunft des Tickets zumindest bis 2029 gesichert. Ob es dem CDU-Obmann Christoph Ploß gelungen ist, die Finanzierung über den Bund sicherzustellen, bleibt abzuwarten. (ko)