Koalitionsverhandlungen: An welchen Steuerthemen die Gespräche zwischen Union und SPD scheitern könnten
Steuerpläne in den Koalitionsverhandlungen: Wo CDU/CSU und SPD noch sehr weit auseinander liegen – und bei welchen Themen eine Einigung realistisch ist.
Berlin – Die Spitzen von CDU/CSU und SPD sind zuversichtlich: Ab heute (13. März) verhandeln Vertreter von CDU/CSU und SPD über den Koalitionsvertrag der nächsten Regierung. Insgesamt nehmen 256 Abgeordnete an den Gesprächen teil. Insgesamt sollen 16 Arbeitsgruppen beteiligt werden. Ein bis zwei dieser Expertengremien dürften sich mit der dringend notwendigen Reform des Steuersystems befassen. Im Sondierungspapier formulierten die potenziellen Regierungsparteien diesen Punkt – zumindest im Bereich Einkommensteuer – noch sehr vage: Man wolle den Mittelstand entlasten, hieß es dort.
Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD – noch herrscht bei Steuerplänen keine Einigkeit
Für die Leitung der Arbeitsgruppe „Arbeit und Soziales“ sind Carsten Linnemann (CDU) und Katja Mast (SPD) eingeteilt. In der Arbeitsgruppe Wirtschaft leiten Jens Spahn (CDU) und Alexander Schweitzer (SPD) die Verhandlungen. Beide Bereiche dürften die Steuerverhandlungen kreuzen, wobei die CDU mit Linnemann und Spahn jeweils zwei sehr konservativ geprägte Spitzen aufgestellt hat. Allerdings herrscht beim Thema „Mittelstandsbauch“ eine gemeinsame Schnittmenge. Dass speziell bei Arbeitnehmern mit mittleren Einkommen zwischen 20.000 und 60.000 die Steuersätze überproportional ansteigen, erkennen beide Parteien an.
Die CDU plant hier eine Tarifreform beim Einkommen, der die Steuerlast für Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen senken soll. So sollen Mehrarbeit oder Karriereaufstiege attraktiver werden, ohne dass bei der Gehaltserhöhung nur bedingt mehr vom Nettogehalt übrigbleibt. Somit will die CDU auch den Effekt der Kalten Progression eindämmen. Die CDU plant eine automatische Anpassung des Einkommensteuertarifs an die Inflationsrate. Dadurch sollen die Nettoeinkommen stabil bleiben und heimliche Steuererhöhungen verhindert werden.
SPD will Soli beibehalten und höheren Spitzensteuersatz – CDU/CSU das genaue Gegenteil
Die SPD setzt stärker auf gezielte Entlastungen für Arbeitnehmer durch Entschärfung der Progression. Sie will die Steuersätze und -stufen anpassen, etwa über höhere Freibeträge. Damit soll das Ungleichgewicht zu den höheren Einkommensklassen verringert werden. Pläne dafür hatte die übrig gebliebene Ampel aus SPD und Grüne bereits im vergangenen Jahr, doch diese scheiterten an der Union: Bundeskanzler Olaf Scholz wollte die Effekte der Kalten Progression auf die Steuerzahler bereits im Dezember kurzfristig abbauen – doch die CDU/CSU witterte Wahlkampftaktik und verweigerte die Zustimmung zu einem entsprechenden Gesetz. Laut dem Verein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V. könnten mit einem Ausgleich der als „Art schleichenden Steuererhöhung“ bekannten Kalten Progression 48 Millionen Bürgerinnen und Bürger entlastet werden.

Bei beiden soll der Spitzensteuersatz künftig erst bei einem höheren Einkommen greifen – aktuell liegt dieser für Alleinstehende bei 63.000 Euro zu versteuerndem Einkommen. Die SPD will auf 93.000 Euro gehen, während der CDU ein Wert um 80.000 vorschwebt. Eine Einigung erscheint bei diesem Punkt möglich. Zumal auch die CDU schon signalisiert hat, dass sie den Grundfreibetrag ebenfalls erhöhen wolle. Uneinigkeit herrscht dagegen, wie hoch der Spitzensteuersatz ausfallen soll.
Streitthema Kapitaleinkünfte: CDU lehnt Steuererhöhungen ab, SPD plädiert für Reform
Die SPD will diesen auf 45 Prozent anheben, um so die Steuererleichterungen für die niedrigen und mittleren Einkommen zu refinanzieren. Laut Auskunft der aktuellen Bundesregierung würde diese Maßnahme 2025 Einnahmen von 14 Milliarden Euro garantieren. Die Union hält am derzeitigen Spitzensteuersatz von 42 Prozent fest und will zusätzlich den Solidaritätszuschlag abschaffen, um hohe Einkommen steuerlich zu entlasten. Der so genannte Soli ist eine Zuschlagssteuer auf Einkommens-, Lohn- und Körperschaftssteuer, der seit 2021 nur noch Spitzenverdiener und Unternehmen betrifft. Rund 90 Prozent der Steuerzahler betrifft die Regelung nicht. Die SPD will diesen beibehalten, um eine gerechte Finanzierung staatlicher Aufgaben sicherzustellen.
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Auch bei den Themen Steuern auf Kapital herrscht noch keine konkrete Einigkeit. Die CDU lehnt Steuererhöhungen auf Kapitaleinkünfte kategorisch ab, um stabile und international wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen am deutschen Markt zu garantieren. Sie argumentiert, dass eine stärkere Besteuerung von Kapitaleinkünften Deutschland für Investoren unattraktiver machen könnte. Auf der Gegenseite plant die SPD eine Besteuerung von Arbeits- und Kapitaleinkommen. Sie strebt etwa eine Reform der Abgeltungssteuer an, um Kapitaleinkünfte progressiver zu besteuern. Der geplante Hebel soll sogar bis zum Spitzensteuersatz von 42 Prozent reichen.
„Antiquiertes Steuermodell“ vs. finanzielle Stabilität: Ehegattensplitting bleibt ein Reizthema
Interessant dürfte es zudem beim Thema Ehegattensplitting werden: Dabei wird das gemeinsame zu versteuernde Einkommen von verheirateten Paaren oder eingetragenen Lebenspartnerschaften halbiert und auf zwei gleich hohe Teile aufgeteilt (Splitting-Verfahren). Anschließend wird die Einkommensteuer auf dieses halbierte Einkommen berechnet und danach verdoppelt. Die SPD kritisierte in der Vergangenheit, dass es klassische Einverdiener-Haushalte bevorteilt. Die CDU will hingegen an der Regel festhalten, da sie dadurch die finanzielle Stabilität von Ehepaaren gesichert sieht. Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil, der als möglicher Vizekanzler gehandelt wird, kritisierte das Ehegattensplitting bereits 2023 als „antiquiertes Steuermodell“ gesprochen, das „die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt“. Er versprach damals: „Wir schaffen endlich das Ehegattensplitting ab.“