2016 noch „dilettantisch“, jetzt freie Bahn: Was Trump tun wird – von Deportationen bis zu Zöllen

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Donald Trump wird wieder US-Präsident – der Münchner Experte Tim Büthe erwartet im Interview sogar ein strafferes Vorgehen als in der ersten Amtszeit.

Was Deutschland kaum für möglich halten wollte, ist eingetreten: Donald Trump wird wieder Präsident der USA. Vermutlich wird er sogar noch eine republikanische Mehrheit im Kongress dazubekommen. Wie scharf wird Trump nun den Kurs ändern? Und was bedeutet das – für die Vereinigten Staaten, für Europa und die Welt?

Antworten gibt im Interview mit IPPEN.MEDIA Tim Büthe. Der Professor der Hochschule für Politik an der TU München erforscht politische Aspekte internationaler Wirtschaftsbeziehungen. Im vergangenen Sommer betrieb er aber auch einen Monat lang Feldforschung im mitentscheidenden US-Swing-State Pennsylvania.

Trumps neue Möglichkeiten: Weniger „Dilettantismus“ – Masse von radikalen Änderungen zu erwarten

Herr Büthe, Donald Trump wird wieder US-Präsident. Wird er womöglich sogar einen noch rigideren Kurs verfolgen als bei seiner ersten Amtszeit?

Wie es aussieht, wird er Mehrheiten sowohl im Senat wie im Repräsentantenhaus haben – zumindest für die ersten zwei Jahre. Das wird ihm erlauben, Projekte durchzudrücken, die in der ersten Amtszeit nicht gelungen sind. Damals war das Kernteam um Trump politisch völlig unerfahren und ist viele Anliegen sehr dilettantisch angegangen. Deshalb ist er dann oft etwa an prozeduralen Hürden im Kongress gescheitert. Das wird in der zweiten Trump-Präsidentschaft höchstwahrscheinlich nicht geschehen.

Donald Trump hat ein Dekret zur Kuba-Politik unterzeichnet – eine Jubelszene aus dem Jahr 2017.
Donald Trump hat ein Dekret zur Kuba-Politik unterzeichnet – eine Jubelszene aus dem Jahr 2017. © Evan Vucci/dpa/picture alliance

Trump hat angekündigt, jedenfalls seinen ersten Tag im Amt lang „Diktator“ sein zu wollen.

Man muss erwarten, dass es in der US-Politik Anfang 2025 eine Masse von radikalen Änderungen geben wird. Insbesondere bei innenpolitischen Themen – da wird sich viel für die Amerikaner ändern.

Trump und die Abschiebungs-Drohung: „Das ist für die amerikanische Wirtschaft fatal“

Ein Punkt davon dürfte die Migrationspolitik sein. Trump hat angedroht, Millionen von Migrantinnen und Migranten zu deportieren. War das Wahlkampfgetöse – oder ist das tatsächlich ernstzunehmen?

Trump ist jemand, der sehr ungern etwas zurücknimmt, das er angekündigt hat. Eine Kurskorrektur vorzunehmen oder seine Pläne zu ändern würde nach seinem Verständnis implizieren, dass er zuvor falschgelegen hat. Daher muss man davon ausgehen, dass er in irgendeiner politisch verkaufbaren Form die Massendeportationen umsetzen wird. Das ist natürlich für die amerikanische Wirtschaft fatal, weil diese überwiegend sehr billigen Arbeitskräfte eine wichtige Rolle in der Landwirtschaft, aber auch in Teilen der Industrie und in Serviceberufen spielen. Kaum jemand mit einer vollen Arbeitserlaubnis will diese Jobs haben.

Das muss Trump doch klar sein?

Das weiß Trump natürlich auch. Aber ob ihn das schert? Man muss auf jeden Fall damit rechnen, dass er hinreichend umfangreiche symbolische Schritte unternehmen wird, dass er behaupten kann, getan zu haben, was er versprochen hat.

Auch Deutschland und Europa müssen mit Folgen rechnen – die Nato-Mitglieder hat Trump schon von 2016 bis 2020 mit Drohungen überzogen. Er hat sogar die Mitgliedschaft der USA in Frage gestellt.

Nachdem die Verteidigungsausgaben in den meisten Ländern hochgegangen sind, steht er der Nato vielleicht positiver gegenüber. Aber er hat bisweilen in einer Weise über die Nato gesprochen, die eher an ein Vasallensystem aus dem Mittelalter erinnert, als an ein modernes Verständnis von einem Bündnis demokratischer Staaten. Etwa wenn er gefragt hat: „Wenn die uns nicht dafür bezahlen, warum sollen wir denen Sicherheitsgarantien geben?“ Sollte das jetzt wirklich Politik werden, dann wäre das für Europa eine radikale – und bedrohliche – Änderung.

Trumps US-Wahl-Sieg und die wirtschaftlichen Folgen – selbst 10 Prozent Zoll würden schmerzen

Große Sorge gibt es auch mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen von Trumps Präsidentschaft für Deutschland Europa.

Trump hat mal 10, mal 20 Prozent Zölle angekündigt, auf Autos gegebenenfalls auch noch mehr. Das würde für die vielen deutschen Industrien, für die der Export in die USA eine ganz wichtige Rolle spielt, hart treffen. Wenn er wirklich auf Importe einen Zoll von „nur“ 10 Prozent erheben würde, wäre das ein massiver Dämpfer für das Wirtschaftswachstum in Europa. Die Welthandelsorganisation würde zugleich wahrscheinlich komplett dysfunktional werden – die hat er ja schon in seiner ersten Amtszeit massiv blockiert.

Und auch sonst müssen sich Deutschland und Europa bei transatlantischen Kooperationen auf eine härtere Gangart einstellen. In einigen Bereichen, zum Beispiel rund um das Thema Klimawandel, kann man die transatlantische Zusammenarbeit zumindest in den nächsten zwei, wahrscheinlich in den nächsten vier Jahren, weitgehend vergessen.

Wie kann die Bundesregierung nun auf den US-Präsidenten Trump reagieren?

Die Herausforderung für Deutschland ist jetzt, glaube ich, irgendwie hinzubekommen, dass man Trump hinreichend entgegenkommt, dass er symbolische Erfolge verbuchen kann – ohne, dass es für deutsche und europäische Interessen allzu große Kosten hat. (Interview: Florian Naumann)

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