Kim eskaliert: Nordkorea-Soldaten in der Ukraine – und zweite Front gegen Südkorea?
Nordkorea schickt offenbar Soldaten in den Ukraine-Krieg. Eröffnet ein kriegslüsterner Kim Jong-un nun auch eine zweite Front gegen den „Hauptfeind“ Südkorea?
Die Beweislage wird zunehmend erdrückend: Nordkorea schickt offenbar Tausende Soldaten nach Russland, die dort auf einen Einsatz im Ukraine-Krieg vorbereitet werden. Auch direkt an der Front sollen einige Nordkoreaner bereits eingesetzt worden sein, es gibt Berichte über erste Opfer sowie desertierte Soldaten. Nur Nordkoreas Staatsmedien schweigen. Stattdessen wettert der Propaganda-Apparat des abgeschotteten Reichs von Diktator Kim Jong-un seit Tagen in seltener Härte und Schlagzahl gegen den Süden. Droht auch hier die Eskalation? Steht Kim gar davor, eine zweite Front zu eröffnen?
Kim Jong-un hatte sich bereits kurz nach Kriegsbeginn an die Seite Wladimir Putins gestellt, den Feldzug gegen die Ukraine als legitim bezeichnet und später die vier von Russland annektierten Regionen im Osten der Ukraine anerkannt. Nordkorea liefert zudem Waffen und Munition an Russland, die an der Front in der Ukraine für Tod und Zerstörung sorgen. Tausende Container mit Artilleriegranaten sollen Geheimdienstinformationen zufolge in den vergangenen Monaten in Russland angekommen sein.
Geheimdienstberichte: Nordkorea will 12.000 Mann nach Russland schicken – für Einsatz im Ukraine-Krieg?
Zum Dank für die Unterstützung unterzeichnete Putin im Sommer, bei seinem ersten Pjöngjang-Besuch seit 24 Jahren, ein Abkommen, das dem Kim-Regime die russische Unterstützung im Kriegsfall zusichert. Auch liefert Russland wohl Treibstoff und Lebensmittel nach Nordkorea und versorgt das Land mit Know-how und Teilen für sein sanktioniertes Raketen- und Atomprogramm. Nordkorea ist zum engsten Verbündeten Russlands aufgestiegen – und umgekehrt.
Nun die erneute Eskalation: Kim sendet offenbar Soldaten nach Russland, 1500 Mann seien bereits im Fernen Osten des Landes angekommen, berichtete am Freitag der südkoreanische Geheimdienst. Weitere 10.500 Soldaten sollen demnach bald folgen. Von einem „ersten Schritt zum Weltkrieg“ sprach der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und forderte eine entschlossene Reaktion des Westens. Die Regierung in Seoul bestellte am Montag den russischen Botschafter ein.
Die Allianz mit Wladimir Putin hat Kim Jong-un so selbstbewusst gemacht wie lange nicht mehr. Nordkoreas Diktator fühlt sich gebraucht und er fühlt sich mächtig. Gleichzeitig verschärft Kim die Rhetorik gegen den Süden. Es ist eine gefährliche Mischung.
Ende 2023 hatte Nordkorea den Süden zum „Hauptfeind“ erklärt, vor Kurzem begann das Regime dann damit – begleitet von viel Propaganda-Getöse – Straßen- und Schienenverbindungen im Grenzgebiet zum Süden in die Luft zu sprengen. Kim ließ zudem Nordkoreas Verfassung umschreiben, Südkorea wird dort nun als „feindlicher Staat“ definiert. Immer wieder droht das Regime dem Süden mit einem Atomschlag.
Drohnen über Pjöngjang: Nordkorea fühlt sich vom Süden provoziert
Was die Lage zusätzlich verschärft: Über Nordkoreas Hauptstadt tauchen angeblich seit Tagen südkoreanische Drohnen auf, die regimekritische Flugblätter abwerfen. Kim Jong-uns mächtige Schwester Kim Yo-jong macht dafür die Regierung in Seoul verantwortlich. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass private Gruppen aus dem Süden hinter den Drohnenflügen stecken: Aktivisten schicken bereits seit Monaten mit Flugblättern bestückte Ballons nach Nordkorea, sehr zum Unmut der südkoreanischen Regierung, die eine weitere Eskalation befürchtet. Nach einem Gerichtsbeschluss muss Seoul den Ballon-Aktionen tatenlos zusehen. Kim Yo-jong droht ungeachtet dessen den „Militärgangstern“ in Seoul mit einer „furchtbaren Katastrophe“.
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Einen großangelegten Angriff auf den Süden dürfte Kim Jong-un allerdings kaum anordnen. Dem Diktator ist bewusst, dass ein Krieg gegen Südkorea – und damit auch gegen die dort stationierten rund 24.000 US-Soldaten – das Ende seines Regimes bedeuten würde. Auch dürfte er kaum Waffen und Soldaten nach Russland schicken und gleichzeitig einen Angriff auf Seoul planen: Nordkorea ist zwar hochgerüstet, aber auch Kims Ressourcen sind begrenzt.
„Nordkoreas Verfassung wird immer wieder und nach Lust und Laune der Kim-Familie geändert“
Ohnehin sollte man die Drohungen des Regimes in Richtung Süden nicht überbewerten, sagt der Nordkorea-Experte Ramon Pacheco Pardo vom Londoner King‘s College. Dass Nordkorea seinen südlichen Nachbarn in der Verfassung nun einen „feindlichen Staat“ nennt, sei vor allem Säbelrasseln.
„Die nordkoreanische Verfassung wird immer wieder und nach Lust und Laune der Kim-Familie geändert“, sagte Pacheco Pardo IPPEN.MEDIA. „Kim Jong-un könnte beschließen, sie erneut zu ändern, wenn sich die Beziehungen zu Südkorea verbessern.“ Dasselbe gelte für die zerstörten Straßen- und Schienenverbindungen im Grenzgebiet zu Südkorea. „Ich glaube nicht, dass dies größere Auswirkungen hat, da Nordkorea diesen Schritt jederzeit rückgängig machen kann.“