Millionen für Seenotretter? Wieder Zoff um Baerbock – „Habeck muss jetzt aufklären“

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Die Ampel-Koalition wird erneut scharf für ihre Unterstützung ziviler Seenotretter im Mittelmeer angegangen. Kritik kommt vor allem von Union und FDP.

Berlin – Erst kürzlich standen Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und ihr Parteikollege Robert Habeck in der Kritik, Waffenlieferungen an Israel blockiert zu haben. Und das trotz vorheriger öffentlicher Zugeständnisse, das Land im Krieg gegen die Hamas weiter zu unterstützen, wofür sie mitunter vom CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt scharf angegangen worden waren. Nun sorgt Baerbocks und Habecks Haltung bei einem anderen altbekannten Thema mit Streitpotenzial für neuen Furor: der Seenotrettung im Mittelmeer. Im Herbst des Vorjahres war sie unter anderem im Bundestag heftig debattiert worden und sorgte auch innerhalb der Bundesregierung für Gesprächsstoff mit Potenzial für Unstimmigkeiten.

FDP-Fraktionschef Dürr fordert Baerbock auf, zivile Seenotrettung nicht länger zu fördern

Wie in der Vorwoche kommt Kritik daran auch aus den Reihen der Unionsfraktion, aber auch von der FDP. Deren Fraktionschef Christian Dürr kritisierte das Auswärtige Amt unter Außenministerin Baerbock dafür, private Seenotretter im Mittelmeer weiter zu unterstützen, die schiffbrüchige Geflüchtete vor dem Ertrinken retten.

Die finanzielle Unterstützung von Seenotrettern im Mittelmeer sorgt einmal mehr für Diskussionen. Kritisiert wird sie nun vor allem von der Unionsfraktion und der FDP.
Annalena Baerbock und Robert Habeck (beide Grüne) bei einer Kabinettssitzung der Bundesregierung © IMAGO / Christian Spicker

„Es gab aus dem Bundestag die klare Ansage, dass es dafür keine Steuergelder mehr gibt“, sagte der FDP-Fraktionschef der Bild am Sonntag. Dürr forderte Baerbock auf, die staatliche Förderung privater Seenotretter im Mittelmeer nicht länger zu aufrechtzuerhalten: „Ich erwarte, dass der Wille des Parlaments ab sofort respektiert wird“, betonte er. 

Bericht legt Millionen-Unterstützung für Seenotrettung offen – scharfe Kritik von Union und FDP

Ausgangspunkt der Vorwürfe Dürrs am Vorgehen des Auswärtigen Amtes sind neue Zahlen, die den Umfang von Baerbocks Unterstützung für private Seenotretter zeigen. Im laufenden Jahr wurden demnach Förderungen in Höhe von 1,9 Millionen Euro für private Seenotretter im Mittelmeer bewilligt und damit so viele wie im Vorjahr. 1,3 Millionen seien davon bis hierhin ausgezahlt worden.

Die Daten stammen aus einem Bericht auf Anfrage des CDU-Bundestagsabgeordneten Ingo Gedächens. Gegenüber Bild am Sonntag griff der Haushaltspolitiker das Außenministerium scharf für seine Förderung privater Seenotretter an. „Die illegalen Migranten, die die deutschen Grenzen nicht mehr überqueren sollen, werden vorher mit deutschem Steuergeld übers Mittelmeer gebracht! Noch irrer kann die Politik nicht mehr werden“, kritisierte Gedächens demnach.

Seiner Kritik schloss sich der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer an. Die Koalition hatte sich letztes Jahr darauf verständigt, dass das Auswärtige Amt nichts dergleichen finanziert“, erklärte Meyer der Bild-Zeitung. Er forderte: „Robert Habeck als designierter Kanzlerkandidat muss jetzt aufklären, warum seine grüne Ministerin Baerbock gegen die Koalitionsposition handelte.“

Bekannter Diskussionsstoff – Baerbock-Ministerium bekräftigt Unterstützung privater Seenotrettung

Das Auswärtige Amt wird dem ZDF zufolge mit der Antwort zitiert, es sei beim Beschluss des Haushaltsausschusses richtig gewesen, dass Menschen aus Seenot gerettet würden: „Und das ist es auch heute noch“, hieß es demnach im Wortlaut. Der Haushaltsausschuss hatte im Jahr 2022 für 2023 zwei Millionen und für die Jahre 2024 bis 2026 insgesamt sechs Millionen Euro freigegeben.

Bereits im vergangenen Jahr war im Bundestag kontrovers über die Fortführung der finanziellen Unterstützung privater Seenotretter aus Steuermitteln debattiert worden. Im Bundestag führte die staatliche Finanzierung ziviler Seenotrettung im Oktober des Vorjahres (19. Oktober 2023) laut Website des Bundestags zu einer „scharfen Kontroverse“. Ein Ende der Zahlungen war damals unter anderem aus den Reihen der AfD und der Unionsfraktion gefordert worden, während Koalitionsvertreter die Beihilfen verteidigten.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) betonten dabei, sich von der Förderung privater Seenotretter distanzieren zu wollen. So hieß es, Lindner wolle dem Auswärtigen Amt für 2024 keine finanziellen Mittel zur privaten Seenotrettung im Mittelmeer bereitstellen, wie unter anderem der Spiegel im Oktober vergangenen Jahres berichtete.

Auch Italiens Präsidentin Meloni kritisierte deutsche Haltung bei Seenotrettung im Mittelmeer bereits

Vehement kritisiert worden war das Vorgehen des Auswärtigen Amtes betreffend ihrer finanziellen Hilfen für die zivile Seenotrettung im Mittelmeer damals mitunter auch von Italiens rechtspopulistisch ausgerichteter Präsidentin Giorgia Meloni. Sie hatte sich in einem wütenden Brief an Bundeskanzler Scholz gewandt, wie die italienische Zeitung La Stampa Ende September des Vorjahres berichtete.

Zivile Seenotretter engagieren sich täglich für die Rettung Geflüchteter im Mittelmeer. Die Haltung des Auswärtigen Amtes, sie zu unterstützen, sorgte nun erneut für Diskussionen.
Sea-Watch-Hehlfer bei der Rettung von Menschen im Mittelmeer © picture alliance/dpa/Sea-Watch | Maria Giulia Trombini

Auf dem Mittelmeer riskieren täglich zahlreiche Geflüchtete ihr Leben. Zivile Seenotretter, wie unter anderem der Verein Sea Watch e.V. oder die Organisation SOS Humanity versuchen, so viele Menschen wie möglich vor dem Ertrinken zu retten. Aktuellen Daten des UN Flüchtlingskommissariats UNHCR zufolge sind seit Anfang 2023 mehr als 57.000 Menschen in Booten über das Mittelmeer nach Europa geflohen. Allein in den ersten Monaten des Jahres sind dabei 983 Menschen ums Leben gekommen oder gelten als vermisst. (fh)

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