Experten warnen vor „schleichenden Killern“ – eine Alltagsgewohnheit kann das Leben verkürzen

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Was manchen Menschen einfach fällt, ist nicht ungefährlich: Multitasking erhöht das Risiko für ernsthafte Erkrankungen. Das belegen mehrere Studien. © Anastasiya Amraeva/Imago

Zwei oder drei Aufgaben gleichzeitig erledigen: Für viele Menschen ist Multitasking schon normal. Doch der Gesundheit schadet es enorm.

Kassel – Am Frühstückstisch noch die E-Mails checken, Zeitung lesen oder durch Social Media scrollen – für viele Menschen ein morgendliches Ritual. Mehrere Dinge gleichzeitig zu erledigen, spart schließlich eine Menge Zeit. Äußerst reizvoll. Allerdings birgt Multitasking erhebliche gesundheitliche Risiken, die oft unbemerkt bleiben.

Multitasking überfordert Gehirn: „Kann nur eine geringe Anzahl an Aufgaben parallel erledigen“

Der renommierte Neurowissenschaftler Earl Miller schlug bereits Alarm: „Wenn Menschen glauben, dass sie multitaskingfähig sind, wechseln sie in Wirklichkeit nur sehr schnell von einer Aufgabe zur nächsten. Und jedes Mal, wenn sie das tun, gibt es einen kognitiven Preis“, wird Miller in einem Bericht des Guardian zitiert. Diese ständigen Wechsel führen laut Experten nämlich zu einer Überreizung des Gehirns. „Multitasker trainieren sich eine Aufmerksamkeitsstörung an“, warnte auch Hirnforscher und Professor Manfred Spitzer in einem Artikel der Computerwoche.

Erkenntnisse, die die Deutsche Hirnstiftung untermauert. „Das menschliche Gehirn kann nur eine geringe Anzahl an Aufgaben parallel erledigen. Erst recht, wenn die Aufgaben ähnliche Hirnregionen fordern. So ist Bügeln und gleichzeitig zu singen weniger anspruchsvoll, als einer Fachdiskussion in einem Meeting zu folgen und nebenbei eine Mail zu beantworten – besonders dann, wenn man solche Mehrbelastungen Tag für Tag auf sich zu nimmt“, erläutert Präsident Frank Erbguth.

Folgen des Multitasking: Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz steigt

Die negativen Folgen des Multitaskings gehen jedoch weit über eine simple Überreizung des Gehirns hinaus. Studien belegen eine gesteigerte Ausschüttung des Stresshormons Cortisol als Folge. Dies führt zu einer Beschleunigung von Entzündungsprozessen im Körper, die dauerhaft krank machen und langfristig etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz begünstigen.

Das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (DZHK) weist darauf hin, dass die Cortisolausschüttung bei gesunden Menschen einem spezifischen Rhythmus folgt. Der morgendliche Anstieg des Cortisolspiegels ist so ausgeprägt, dass sogar von Kaffee direkt nach dem Aufwachen abgeraten wird. Im Tagesverlauf sinkt der Spiegel dann kontinuierlich bis zum Abend.

Bei Personen, die regelmäßig oder unter chronischem Stress stehen, ist diese Entwicklung jedoch gestört. Eine vom DZHK zitierte Studie aus dem Jahr 2022 untermauert diese Erkenntnis. Die Untersuchung ergab, dass Probandinnen und Probanden mit einer nahezu konstanten Cortisolausschüttung über den Tag hinweg einem erhöhten Risiko ausgesetzt waren, vorzeitig an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sterben. Bedeutet unter dem Strich: Dauerhafte Veränderungen in der Hormonausschüttung beeinflussen die Sterblichkeit beziehungsweise können die Lebenszeit verkürzen – wobei Multitasking eine wichtige Rolle spielt.

Mono-Tasking statt Multitasking: Darauf kommt es an

Doch wie lässt sich das Problem im Alltag und im Job beheben? Die Antwort darauf ist recht simpel und lautet: Mono-Tasking. Wie der Name bereits verrät, handelt es sich hier um das Gegenteil von Multitasking – nämlich sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren, statt auf zwei oder drei gleichzeitig.

Neurophysiologe Gerd Wirtz rät in einem Focus-Bericht insbesondere zu einer gezielten Konzentration und einer schrittweisen Aufgabenbewältigung am Arbeitsplatz, um den „schleichenden Killern“ den Kampf anzusagen. Hier ist das Risiko für Multitasking schließlich besonders hoch. Zusätzlich empfiehlt Wirtz folgende Maßnahmen:

  • Digital Detox und feste „Offline-Zeiten“: Bewusste Handy – und Social-Media-Pausen, insbesondere während dem Essen.
  • Achtsamkeit im Alltag: Beispielsweise bei einem Spaziergang die Umgebung bewusst wahrnehmen. Dies sorgt für Entspannung.

Die Multitasking-Fähigkeit ist vor dem gesundheitlichen Hintergrund also nichts, worauf man stolz sein sollte. Jedoch können bereits geringfügige Änderungen in der täglichen Routine dazu beitragen, den Cortisolspiegel und somit auch den Stresspegel zu reduzieren. (asc)

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