Brennertunnel halbiert Fahrzeit in den Italien-Urlaub: Eröffnung rückt näher – aber in Bayern hakt‘s

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Baustellenzug in der maschinell vorgetriebenen und ausgekleideten Weströhre. © BBT SE

Die Eröffnung des Brennerbasistunnels rückt immer näher. 2032 sollen die ersten Züge durch die 56 Kilometer lange Röhre in den Italien-Urlaub rauschen.

München – Zugreisen nach Italien werden in den nächsten Jahren deutlich schneller und komfortabler werden. Eine Fahrt von München nach Rom könnte nach der Eröffnung des Brennerbasistunnels nur noch sechs Stunden dauern – wenn es da nicht ein Problem in Bayern gäbe.

Der Brennerbasistunnel (BBT) soll wie geplant 2032 in Betrieb gehen. Das berichtete jüngst Martin Ausserdorfer, Direktor der BBT-Beobachtungsstelle, im Südtiroler Landtag in Bozen. „Die Inbetriebnahme des Brenner Basistunnels für 2032 ist mit dem heutigen Kenntnisstand sehr realistisch“, wird Ausserdorfer vom italienischen Sender Rai zitiert. Auch eine Explosion in der Tunnelbaustelle im Januar bremste die Bauarbeiten nicht aus. Damit eröffnen sich auch ganz neue Perspektiven für einen Urlaub in Italien mit dem Zug.

Brennertunnel: Bauarbeiten für Mega-Projekt in Italien und Österreich neigen sich dem Ende zu

Derzeit würden schon die Voraussetzungen für einen neuen Bahnfahrplan geschaffen. „Im Fahrplanmodell für den Brenner Basistunnel rechnen wir mit einem Stundentakt an Schnellzügen“, so Ausserdorfer. Geplant seit, dass der neue österreichische Railjet2, der bereits von München nach Bologna, Ancona und Venedig auf der alten Strecke verkehrt, im Tunnel alle zwei Stunden zwischen München und Verona pendeln soll. Ein Teil der Züge fährt jetzt von Verona nach Venedig, ein Teil nach Bologna und im Sommer noch weiter nach Ancona.,

Die superschnellen Frecciarossa-Züge fahren von Süden schon bis nach Bozen in Südtirol.
Die superschnellen Frecciarossa-Züge fahren von Süden schon bis nach Bozen in Südtirol. © xMarkus_Mainkax via imago-images

Das italienische ICE-Pendant Frecciarossa der italienischen Staatsbahn Trenitalia soll dann zusätzlich im gleichen Takt, aber zeitversetzt zwischen Mailand bzw. Rom und München verkehren. Somit fährt dann jede Stunde ein Zug von der Isar nach Italien. Schon 2026 soll dieses Modell auf der bestehenden Strecke umgesetzt werden – wenn auch noch auf der langsameren Trasse. Eine DB-Sprecherin berichtet von IPPEN.MEDIA von „fortgeschrittenen Gesprächen mit der Trenitalia für eine Kooperation auf den Verbindungen München-Mailand und München-Rom ab Ende 2026“.

Züge brauchen für die Fahrt München-Verona von einem Tag auf den anderen zwei Stunden weniger

Nach der Eröffnung des Tunnels wird der Zug viel weniger Zeit für die Strecke München-Verona benötigen. Im Gespräch mit IPPEN.MEDIA schwärmt Ausserdorfer von weiteren Möglichkeiten, die der Tunnel bringe: „Ein Kronplatz-Express, der die Münchner in zwei Stunden auf die Skipiste bringt.“ Deutsche Besitzer von Gardasee-Immobilien könnten schneller zu ihren Feriendomizilen gelangen. Italiens Innenminister Matteo Salvini plant schon eine neue Bahnlinie von der Brennerbahn in Rovereto nach Riva.

In einer Studie der Brenner Corridor Platform von Ende 2021 wird im ersten Schritt nach der Eröffnung von einer Fahrzeit von München nach Verona von 3:25 Stunden ausgegangen - für Expresszüge wie Frecciarossa oder ICE, die unterwegs nur in Innsbruck halten. Jetzt ist man auf der Strecke 5:25 Stunden im Railjet unterwegs. Im regulären Fernverkehr mit mehreren Halten in Rosenheim, Kufstein, Wörgl, Jenbach, Brixen, Bozen, Trient und Rovereto wird es dann 4:14 Stunden dauern. Weitere Details stehen noch nicht fest, die österreichischen Bundesbahnen ÖBB teilen mit: „Es gibt laufende Abstimmungen der beteiligten Bahnen in Deutschland, Italien und Österreich. Eine Bestätigung zu einem finalen Angebotskonzept nach 2022 gibt es aber aktuell nicht.“

Bis zu 20 Schnellzüge sollen jeden Tag zwischen Deutschland, Österreich und Italien pendeln

Nach Informationen von IPPEN.MEDIA sind diese Zielvorgaben der Brenner Corridor Platform aber weiter gültig. Ausserdorfer: „Intern haben wir eben schon daran gearbeitet, diese weiter aktuell zu halten und zu entwickeln. Letztlich festlegen tut alles der Markt.“ Die jetzigen Italien-Züge auf der Strecke sind schon oft überbucht. 16 bis 20 Personenfernverkehrszüge sollen künftig täglich je Richtung verkehren – 16 im Normalverkehr, sechs Sprinterzüge, wie es sie zwischen Berlin und München gibt, sind angedacht. Derzeit verkehren insgesamt vier Railjets und ein Eurocity am Tag direkt zwischen München und Verona. Die Zahl der Fahrgäste würde sich in Zukunft verdreifachen.

Brenner-Korridor: Deutschland hängt wegen Streit um Strecke in Bayern hinterher

Wenn auch die Zulaufstrecken im Norden und Süden fertig sind, was bislang für 2040 erwartet wurde, wäre laut Brenner Corridor Platform sogar ein Sprinter von München nach Verona in nur 2:28 Stunden möglich. Allerdings hinkt Deutschland wegen des Streits um die Neubaustrecke zwischen Grafing und Kufstein hinterher, während im Anschluss an den Brennertunnel in Italien und Österreich schon weitergebaut wird bzw. man sogar schon fertig ist.

Die Fahrt von München nach Rom wird so lang dauern wie nach Hamburg

Eine Weiterfahrt von Verona nach Rom dauert derzeit übrigens auf der Schnellfahrstrecke von Verona nach Rom etwa 3:20 Stunden. Bei einem durchgehenden Zug wäre man insgesamt nur noch sechs Stunden von der Isar in die Ewige Stadt unterwegs – nach Hamburg dauert es jetzt mit dem ICE meist länger. Nach Mailand ist es von Verona aus noch eine gute Stunde Fahrt. Da die Strecke zwischen Verona und Bergamo derzeit auch zur Hochleistungsstrecke ausgebaut wird, ist die Fahrt in Zukunft noch schneller. Im regulären Fernverkehr, also etwa im Railjet, würde die Fahrt von München nach Verona 4:10 Stunden mit Halt in Rosenheim und 4:02 Stunden ohne diesen Stopp dauern.

Ein Railjet hält an einem Bahnsteig
Der Railjet2 der ÖBB fährt bereits von München bis Bologna, Ancona und Venedig. © ÖBB/Harald Eisenberger

Ein Railjet hat übrigens eine maximale Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h, eine Frecciarossa kann ein Tempo von bis zu 400 km/h erreichen, ICEs maximal 330 km/h. Der Tunnel ermöglicht eine Reisegeschwindigkeit von bis zu 250 km/h für Personen- und Güterzüge. Der Railjet kann dieses Tempo also nicht ganz ausreizen. Auf der alten Strecke gelten maximal 180 km/h. Die neue Superröhre könnte auch mit Schlafwagen befahren werden: „Für Nachtzüge gibt es einige Anfragen von European Sleeper nach Venedig“, berichtet Ausserdorfer weiter. „Es mangelt aber noch an einem verlässlichen Traktionär in Italien.“ Das niederländische Unternehmen brauche also noch einen Partner, der seine Nachtzüge mit einer Lok durch den Brennerbasistunnel an die Adria zieht.

Ausserdorfer: „Ich gehe davon aus, dass sich dies auch in den nächsten 1,5 Jahren regeln wird.“ Schon in diesem Winter bot European Sleeper Fahrten von den Niederlanden und Belgien über Innsbruck nach Venedig an – auf der alten Strecke. Derzeit werden in Italien schon die superschnellen Frecciarossa-Züge für den Verkehr in Deutschland und Österreich umgebaut, wo sie ab Ende 2026 den Verkehr zwischen München und Rom bzw. Venedig aufnehmen sollen.

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