Wehrpflicht: Strack-Zimmermann gegen Vorstoß von Pistorius zu deren Wiedereinführung

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Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bringt eine Rückkehr der Wehrpflicht ins Spiel. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) hält davon nichts.

Berlin – Die bekannte Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) hat sich gegen den Vorstoß von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ausgesprochen, die Wehrpflicht möglicherweise wieder einzuführen. „Ich lehne die Wiedereinführung der Wehrpflicht ab“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

Keine Neuauflage der Wehrpflicht: Strack-Zimmermann verweist auf pragmatische Gründe

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags verwies auf pragmatische Gründe. „Wir haben keine Kasernen dafür, keine ausreichende Personaldecke für die Ausbildung und weitere Ressourcen für die Wehrpflicht [sind] längst abgebaut“, so Strack-Zimmermann. „Zudem würden uns bei den hochspezialisierten Anforderungen der heutigen Zeit Wehrdienstleistende nur bedingt helfen“, fügte sie hinzu.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschuss des Bundestags, schreitet zum Rückkehrappell der 13. Rotation aus Litauen die in der Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne angetretenen Soldaten ab.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Vorsitzende des Verteidigungsausschuss des Bundestags, beim Rückkehrappell von Bundeswehr-Soldaten aus Litauen in der Ernst-Moritz-Arndt-Kaserne. © Markus Scholz/dpa

Auch wirtschaftspolitische Gründe würden gegen eine Neuauflage der Wehrpflicht sprechen. „Nicht zuletzt würden die jungen Menschen in ganz erheblicher Weise dann auch in der Wirtschaft fehlen. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit nur eine Wehrpflicht für junge Männer und Frauen gleichermaßen infrage käme.“

Verteidigungsminister Pistorius hält Abschaffung der Wehrpflicht für einen „Fehler“

Boris Pistorius hatte am 6. Dezember gegenüber der Wochenzeitung Die Zeit angedeutet, dass er angesichts der durch den Ukraine-Krieg eingeleiteten sicherheitspolitischen Umwälzungen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht in Betracht zieht. Ihre Abschaffung 2011 bezeichnete er als einen „Fehler“. Diese Abschaffung wieder rückgängig zu machen, stoße zwar auf erhebliche verfassungsrechtliche und strukturelle Probleme. „Die Diskussion darüber wird aber Fahrt aufnehmen“, so Pistorius.

Er wolle zunächst Konzepte abwarten, wie die Struktur der Bundeswehr verändert werden müsste, um die Aufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung bestmöglich zu erfüllen. Entsprechende Pläne sollen ihm bis Ostern 2024 vorgelegt werde. „Dann werden wir sehen, was das für die Größe der Bundeswehr und alles andere bedeutet“, so der Verteidigungsminister.

Verteidigungsminister Pistorius: „Es war ein Fehler, die Wehrpflicht abzuschaffen.“
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD): „Es war ein Fehler, die Wehrpflicht abzuschaffen.“ © IMAGO/Yevhen Kotenko / Avalon

Boris Pistorius: „Kriegstüchtigkeit“ der Bundeswehr ist von zentraler Bedeutung

Im Gespräch mit der Zeit betonte Pistorius die Notwendigkeit, sich den veränderten Gegebenheiten der Realität zu stellen. Man könne nicht mehr von der Friedensdividende zehren und müsse mehr Geld in die Verteidigung investieren. „Wir müssen jetzt wieder in der Lage sein, einen möglichen Aggressor abzuschrecken.“ Die Bundeswehr müsse ganz grundsätzlich wieder „kriegstüchtig“ werden. „Ob das allen gefällt oder nicht“, so Pistorius. Im Interview mit dem Stern bekräftigte er wenige Tage später seine Haltung.

„Der brutale Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sowie die geplante Steigerung der russischen Ausgaben für Rüstung lässt uns keine andere Wahl – wir müssen die Realität anerkennen.“ Diplomatie und Politik hätten natürlich immer Vorrang. „Sollten sich Aggressoren darauf nicht einlassen, muss aber klar sein: Unsere Maßnahmen zur Abschreckung und Verteidigung sind ernst gemeint“, so der SPD-Minister. Mit dem Begriff der „Kriegstüchtigkeit“ wolle er auch eine Debatte „über diese neue Realität“ anregen.

Die Wehrpflicht wurde im Juli 2011 unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nach 55 Jahren ausgesetzt, was faktisch einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleichkam. Es wird zunehmend in Zweifel gezogen, dass die Bundeswehr ihr angestrebtes Ziel, 203.000 Männer und Frauen bis 2031 in Uniform zu haben, tatsächlich erreichen kann. Derzeit sind es gut 181.000 Soldatinnen und Soldaten.

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