Pistorius macht Ernst: Wiedereinführung der Wehrpflicht wird geprüft
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius spricht sich für die Reaktivierung der Wehrpflicht aus. Eine schnelle Entscheidung soll es aber nicht geben.
Berlin – Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat sich in der Vergangenheit bereits mehrfach für die Reaktivierung der in Deutschland aktuell nur ausgesetzten Wehrpflicht ausgesprochen. Der SPD-Politiker hat jedoch einem Medienbericht widersprochen, er wolle eine schnelle Entscheidung über mögliche Modelle zur Umsetzung. „Ich habe noch keine Vorentscheidung getroffen“, sagte er am Dienstag (5. März) vor einer Reise nach Schweden. Die Debatte beginne jetzt erst, so der Minister. Welches der richtige Weg sei, welches das richtige Modell und ob dann 2025 dabei etwas herauskomme oder erst später, das werde sich dann zeigen.
Zuvor hatte der Spiegel gemeldet, Pistorius habe intern Anweisung erteilt, dass ihm bis zum 1. April „Optionen für ein deutsches Wehrdienstmodell“ vorgelegt werden sollten. Im Falle einer Wiedereinführung des Wehrdienstes in Deutschland wolle er sich aber am Modell Schwedens orientieren „Dass ich ein gewisses Faible für das schwedische Modell habe, daraus habe ich nie einen Hehl gemacht“, sagte Pistorius. Mit einer Musterungspflicht, bei der aber nicht gesamte Jahrgänge eingezogen werden, sei dieses „besonders geeignet“.
Wehr- oder allgemeine Dienstpflicht?
In dem skandinavischen Land ist die 2010 ausgesetzte Wehrpflicht 2017 wieder eingeführt worden – für Männer und Frauen. Am Ende gehe es um Ressourcen und die Frage, wie so etwas wieder eingeführt werden könne, so Pistorius. Zudem müsse geklärt werden, ob es nur um eine Wehr- oder auch um eine allgemeine Dienstpflicht gehe. „All das sind die Diskussionen, die wir jetzt erst beginnen zu führen – die wir aber führen müssen.“ Innerhalb der Ampel-Koalition lehnt etwa die FDP trotz der veränderten Sicherheitslage durch den Ukraine-Krieg eine Reaktivierung der Wehrpflicht ab.

Pistorius‘ schwedischer Amtskollege Pal Jonson, dessen Land unmittelbar vor einem Nato-Beitritt steht, sagte, sein Land ziehe etwa fünf bis zehn Prozent eines Jahrgangs ein. Das ergebe eine gute Balance zwischen Berufssoldaten und Wehrdienstleistenden und sei für viele dann der Einstieg ins Militär. Bei der Wiedereinführung des Wehrdienstes habe sich Schweden zudem für einen Dienst von Männern wie Frauen und Geschlechtergerechtigkeit entschieden.
Bundeswehr fehlen Ressourcen
„Also wir hören fünf bis zehn Prozent von einem Jahrgang, da wären das in Deutschland bei zehn Prozent 40.000 Männer alleine. Dann habe ich die Frauen noch nicht mal eingerechnet. Das macht schon deutlich, dass man das nicht eins zu eins übertragen könnte“, sagte Pistorius in Hinblick auf die Bundeswehr. Es müsse um einen Einstieg gehen. „Neben all den rechtlichen Fragen und den politischen, die noch gar nicht diskutiert worden sind, weil wir die Ressourcen, sprich die Kasernen, die Ausbilder dafür gar nicht in der Größenordnung von jetzt auf gleich hätten.“
Er würde auch eine allgemeine Dienstpflicht begrüßen, also einen Dienst auch in Rettungsorganisationen oder sozialen Institutionen, sagte Pistorius. Er informiere sich in Schweden und anderen Ländern und gehe dann in die Diskussion in Deutschland. „Sicherheit ist keine Selbstverständlichkeit“, sagte Pistorius. „Wir brauchen fähige und motivierte junge Frauen und Männer, um unsere Länder im Fall der Fälle dann auch verteidigen zu können.“ Die Diskussion darüber müsse geführt werden.
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Die Wehrpflicht war in Deutschland im Juli 2011 nach 55 Jahren unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ausgesetzt worden, was in der Praxis einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleichkam. Dies auch, weil praktisch alle nötigen Strukturen aufgelöst wurden, obwohl die Wehrpflicht im Spannungs- und Verteidigungsfall wieder auflebt. Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht stößt aber nicht nur bei der FDP auf Widerstand. Auch Teile der SPD und die Grünen haben Bedenken angemeldet. (skr mit Agenturmaterial)