Pistorius facht die Debatte neu an – doch die Wehrpflicht ist nicht zu retten
Boris Pistorius denkt über die Wehrpflicht nach. Sein Modell könnte Nutzen haben – doch schon Guttenberg vernichtete die Option, kommentiert Christian Deutschländer.
Die Wehrpflicht auszusetzen war ein verheerender Fehler in Jahren großer Sattheit. Verteidigungsminister zu Guttenberg, berauscht von seinem eigenen Gesülze, schätzte die Weltsicherheitslage falsch ein.
Guttenbergs Wehrpflichtaussetzung war ein Fehler – tolle Afghanistan-Fotos waren wichtiger
Einen fairen, kurzen, sinnvollen Pflichtdienst zu organisieren, sozial wie militärisch, hatten weder er noch der Rest der Merkel-Regierung Lust. Tolle Fotos in Afghanistan waren viel wichtiger. Unter den Folgen dieser Inkompetenz leiden Bundeswehr und soziale Dienste heute mehr denn je.
Leider ist das unumkehrbar. Boris Pistorius, seit erschreckend vielen Jahren der erste Kümmerer mit Klarsicht in diesem wichtigen Amt, darf von der Rückkehr zur Wehrpflicht träumen. Sein „schwedisches Modell“ ist aber chancenlos: Jeden zu mustern, aber dann nur die Freiwilligen und die Fitten auszubilden, kombiniert die beiden Nachteile aus Berufsarmee und Wehrungerechtigkeit. Das ist gut gemeint, hilft unserem Land aber militärisch wenig, sozial und gesellschaftspolitisch gar nicht.
Dienstpflicht hätte Nutzen – aber sie wird keine Mehrheiten finden
Richtig wäre eine Dienstpflicht, wie sie Teile der Union allmählich als Idee entwickeln. Wenige Monate für alle (ja, auch die mit Senk-Spreizfuß; und ja, auch Anwaltssöhnchen und -töchter) als Leistung für das Land – wobei die Hilfe in der Klinik, im Altenheim und das Kennenlernen der Bundeswehr gleichwertig sind.
Auch das hat sicher Nachteile, es bindet Ressourcen – aber bietet Nutzen. Realistisch betrachtet: Die Wehrpflicht so umzubauen wäre möglich gewesen. Dieses Modell aus dem Nichts neu aufzusetzen findet keine politischen Mehrheiten.
Christian Deutschländer