„Paartherapeut von Robert und Christian“: Scholz kassiert Schelte auf SPD-Parteitag
Der Angriff des Jusos-Chefs Philipp Türmer sorgte auf dem SPD-Parteitag für Aufsehen. Er fordert von Kanzler Scholz in Sachen Führung jetzt „Lieferung“.
Berlin – Der SPD-Parteitag in Berlin brachte nicht nur etwas Erleichterung für Bundeskanzler Olaf Scholz. Während seine Rede unter den Partei-Genossen wohl für etwas Entspannung gesorgt hat und der Kanzler deutlich machte, dass es „keine Kürzungen im Sozialstaat geben“ werden, herrschte dennoch nicht eitel Sonnenschein auf dem Parteitag.
Kanzler Scholz kassiert bei SPD-Parteitag harsche Kritik: „Nicht Paartherapeut von Robert und Christian“
Unabhängig von der Erleichterung des Familiennachzugs bei der Migration sorgte am Samstag aber ein Auftritt für besonderes Aufsehen beim SPD-Parteitag. Juso-Chef Philipp Türmer kritisierte den Kanzler scharf. „Lieber Olaf, wer aus der Defensive will, muss Angriff spielen. Du bist Chef der Regierung und nicht Paartherapeut von Robert und Christian.“ Und spielte damit unverhohlen auf die nicht immer leichte Beziehung in der Ampel-Koalition zwischen Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner an.
Doch damit nicht genug. Die Kritik zielte auch auf die Handlungsstärke des Kanzlers ab, die der SPD-Politiker nach Ansicht des Juso-Vorsitzenden deutlichen vermissen lässt. „Die Menschen wollen, dass du Empathie zeigst, erklärst und vor allem entscheidest – sie wollen keinen Moderator der Macht.“
„Olaf, hiermit bestelle ich Führung“: Juso-Chef nimmt Kanzler Scholz auf SPD-Parteitag in die Mangel
Die SPD überlasse viel zu häufig den Konservativen die Bühne, obwohl sie doch regiere. Türmer richtet in seiner Rede einen eindringlichen Appell an Scholz: „Olaf, du hast mal gesagt, wer Führung bestellt, soll sie bekommen. Hiermit bestelle ich sie – und wir warten dringend auf Lieferung.“
Türmer hatte Olaf Scholz bereits in den vergangenen Tagen mehrfach scharf attackiert – besonders beim Thema Schuldenbremse. Der Juso-Chef beendete seine Rede mit den Worten: „Es muss besser werden, als es gerade ist.“ So sehen es auch die jüngsten Umfragen, die dem Kanzler Scholz und der Ampel ein katastrophales Zeugnis ausstellen und beim Umfrage-Tief dem Bundeskanzler eine bittere Realität aufzeigen.
Juso-Chef Türmer legt gegen Kanzler Scholz nach: Nur Moderator zwischen den „Streithälsen Grüne und FDP“
Auch nach seinem Auftritt auf dem SPD-Parteitag legte Türmer bei Watson abermals den Finger in die Wunde. „In der aktuellen Situation trauen die Ampelparteien einander nicht mehr über den Weg“, ließ der Juso-Chef verlauten und gab eine weitere Spitze zum Besten. „Und Olaf moderiert nur zwischen den beiden Streithälsen Grüne und FDP. Dabei ist es so wichtig, dass der Kanzler jetzt einen klaren sozialdemokratischen Kurs vorgibt.“
Im Hinblick auf die aktuelle Lage der SPD zeichnete Türmer ein düsteres Bild: „Die Umfrageergebnisse, die 2019 zur Neustrukturierung der Partei geführt haben, sind besser als die Ergebnisse, die die SPD heute hat. Deshalb fordern wir als Jusos so deutlich, dass es so nicht weitergehen kann. Uns liegt etwas an dieser Partei und der Gesellschaft, die so dringend richtig gute sozialdemokratische Politik braucht.“
SPD-Organisation und Bundeskanzler Scholz stehen auf Kriegsfuß
Die Beziehung der Jusos zum Kanzler ist seit jeher keine einfache. Türmer wies auch abseits seiner Rede auf dem SPD-Parteitag deutlich darauf hin, dass die Organisation in der Vergangenheit bereits auf Kriegsfuß mit dem Kanzler gestanden haben. Und diese Aussage lassen vermuten, dass auch Zukunft kaum Besserung in Sicht ist.
Ein neuer Zankapfel zwischen Jusos und dem Bundeskanzler könnte der weiterhin nicht verabschiedete Haushalt sein. Darauf wies auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hin. Der SPD-Politiker warnte eindringlich davor, ohne eine grundsätzliche Einigung zum Bundeshaushalt in das kommende Jahr zu gehen. Zwar sei ein Bundestagsbeschluss vor Jahresende nicht mehr möglich. Man müsse jetzt aber alles dafür tun, denjenigen zumindest Sicherheit zu geben, die auf die Mittel angewiesen seien, sagte Mützenich auf dem Bundesparteitag der SPD in Berlin.