Harris-Walz schon auf Erfolgskurs: Detail zeigt Unterschied zu Trump – es könnte den Wahlkampf entscheiden

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Kamala Harris und Tim Walz setzen vor der US-Wahl 2024 auf Hoffnung und Zuversicht. Mit Trumps düsteren Horrorszenarien haben sie nichts am Hut.

Philadelphia – Kamala Harris strahlte, Tim Walz lachte. Und das mit gutem Grund: Der erste Auftritt des Duos vor der US-Wahl 2024 war ein voller Erfolg. Die Stimmung erinnerte sogar ein wenig an die frühen Obama-Wahlkämpfe, es roch nach Aufbruch, Energie und Enthusiasmus. Schon früh an diesem Abend war zu spüren: Die Demokraten sind jetzt endgültig zurück im Rennen um das Weiße Haus.

Die Kundgebung in der voll besetzten Basketballarena der Temple University in Philadelphia machte in der Tat deutlich, dass die Partei wie ausgewechselt wirkt. Hatten die Demokraten noch vor wenigen Wochen nicht mehr an einen Sieg gegen Donald Trump geglaubt, so ist jetzt plötzlich alles anders. Der Rückzug von Joe Biden am 21. Juli hat es möglich gemacht.

Kamala Harris lässt die Demokraten vor der US-Wahl wieder hoffen

Der US-Präsident konnte die Menschen nicht mehr begeistern. Seine Auftritte im Wahlkampf wirkten fahrig, Tiefpunkt war das verheerende TV-Duell am 27. Juni. Kamala Harris hat danach die Hoffnung ins Lager der Demokraten zurückgebracht. Bezeichnend war dabei auch, dass die Frage, wer denn nun ihr Vizekandidat wird, zwei Wochen lang für viel Gesprächsstoff gesorgt hat.

Das ist ungewöhnlich, denn normalerweise ist die Besetzung dieser Position für das Wahlverhalten der Menschen eher von geringer Bedeutung. Im Grunde kommt es nur darauf an, nicht eine völlig falsche Wahl zu treffen. Erinnert sei hier an die Entscheidung des Republikaners John McCain, im Wahlkampf 2008 auf Sarah Palin zu setzen. Das sollte sich damals als Fehler entpuppen.

Kamala Harris und Tim Walz treten am 6. August 2024 gemeinsam im Liacouras Center der Temple University in Philadelphia auf.
Kamala Harris und Tim Walz verbreiteten bei ihrem ersten gemeinsamen Auftritt vor der US-Wahl gute Laune. © Matthew Hatcher/AFP

Kamala Harris macht Tim Walz zu ihrem Vize bei der US-Wahl 2024

Kamala Harris hat sich für Tim Walz entscheiden, den Gouverneur von Minnesota. In Philadelphia kam die Wahl jedenfalls gut an. Als das neue Spitzenduo der Demokraten zu den Klängen von Beyoncés Song „Freedom“ die Bühne betrat, war das Publikum kaum noch zu bremsen. Die Menschen in der Halle johlten, klatschten und jubelten. Immer wieder waren Sprechchöre zu hören, mehrfach gingen die Worte von Harris im Lärm unter.

„Wir glauben beide daran, Menschen zu fördern, nicht niederzumachen“, sagte Harris über Walz. „Glauben wir an Chancen? Glauben wir an das Versprechen Amerikas? Und sind wir bereit, dafür zu kämpfen?“, fragte die Vizepräsidentin und fügte hinzu: „Wir wissen beide, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen in unserem Land so viel mehr gemeinsam hat als das, was sie trennt.“

Tim Walz verbreitet zusammen mit Kamala Harris gute Laune vor der US-Wahl

Walz hörte mit breitem Grinsen zu, fasste sich immer wieder mit der Hand ans Herz, faltete die Hände zu einer Dankesgeste, deutete mehrere Verbeugungen an. Und dann gab er zum Besten, wofür Harris ihn engagiert hat: Botschaften, die geradeaus sind, mit hemdsärmeligem Einschlag aus dem Mittleren Westen. Über Donald Trump etwa sagte Walz, in dessen Amtszeit sei die Kriminalitätsrate in den USA nach oben gegangen, „und da sind nicht mal die Straftaten mitgerechnet, die er selbst begangen hat“.

Dann dankte er Harris dafür, dass sie „die Freude zurückgebracht“ habe. Tatsächlich hatten die Demokraten lange nicht mehr derart gute Laune. Und die Partei bemüht sich betont darum, ihren Wahlkampf mit neuer Leichtigkeit anzugehen. Das ist von großer Bedeutung. Denn es ist ein klarer Unterschied zu Donald Trump. Der Republikaner ergeht sich bei seinen Auftritten stets in Horrorszenarien vom Untergang des Landes unter der Führung „linksradikaler“ Demokraten, die die USA zerstören wollten.

Donald Trump attackiert Harris-Vize Tim Walz

Nur ein Beispiel aus dem Januar sei genannt. Von einer „Nation im Niedergang“ hatte Trump damals in Manchester im US-Bundesstaat New Hampshire gesprochen und die USA als eine Art Hölle aus Energieknappheit, drogenverseuchten Städten, außer Kontrolle geratener Einwanderung und Kriminalität dargestellt.

Und nachdem bekannt war, dass Tim Walz der „Running Mate“ von Harris sein würde, malte Trump mal wieder den Teufel an die Wand. Tim Walz werde „die Hölle auf Erden entfesseln“, hieß es laut CNN in einer E-Mail, in der Trump um Spenden warb. Walz kassiere bereits Millionen, um die MAGA-Bewegung auszulöschen.

Tim Walz setzt vor der US-Wahl auf Spaß und Freude

Von den MAGA-Leuten, die ein angeblich zerstörtes Amerika wieder großartig machen wollen, ist Walz in der Tat weit entfernt. Er steht eher dafür, wieder die Freude und den Spaß nach Amerika zurückzubringen. Lange hatten die Demokraten unter Biden ja auch auf düstere Warnungen gesetzt, Trump sei eine existenzielle Bedrohung für die Demokratie und den Frieden auf der Welt.

Mit Walz ist das alles anders geworden. So hat er die neue Strategie geprägt, Trump und dessen Vize-Kandidaten J. D. Vance nicht sonderlich ernstzunehmen. Der unscheinbare Mann aus Minnesota änderte in den vergangenen Wochen nach und nach die Art und Weise, wie die ganze Partei über Trump spricht. 

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Walz ist der Erfinder des Stempels „weird“ für Trump und Vance, was auf Deutsch je nach Zusammenhang etwa „seltsam“, „sonderbar“, „schräg“ oder „durchgeknallt“ bedeuten kann. Auch in Philadelphia platzierte Walz seinen Wahlkampfrenner und sagte über Trump und Vance: „Diese Typen sind unheimlich, und ja, sie sind verdammt weird.“ Der Begriff ist zu einem Schlachtruf geworden, der auch in Philadelphia durch die Halle schallte: „Er ist ein Spinner“, brüllte die Menge an einer Stelle über Trump. Im Original klang das so: „He is a weirdo!“

Umfragen zur US-Wahl sehen Harris gegen Trump im Aufwind

Die neue Strategie der Demokraten scheint Früchte zu tragen, wie auch ein Blick auf die Umfragen zeigt. Hatte Trump gegen Biden klar dominiert, so liegt Harris im landesweiten Wahltrend verschiedener Statistikportale, die zahlreiche Erhebungen auswerten und gewichten, inzwischen vor Trump.

Quelle Harris (in %) Trump (in %) Kennedy (in %)
FiveThirtyEight 45,2 43,4 5,5
Race to the White House 45,5 43,7 5,7
Decision Desk HQ/The Hill 46,6 44,6 4,1

(Quellen: FiveThirtyEight sowie RacetotheWH und The Hill, gewichteter Durchschnitt der Umfragen, Stand: 7. August)  

Wegen des Wahlsystems haben landesweite Umfragen in den USA allerdings nur eine begrenzte Aussagekraft. Wichtig sind die Siege in den einzelnen Bundesstaaten. Hier kommt es vor allem auf die Swing States („Schwankende Staaten“) an, wo niemand von vornherein mit einer Mehrheit rechnen kann. Dabei deutet sich erneut ein Kopf-an-Kopf-Rennen an, wie ein Blick auf die Durchschnittswerte von fünf Staaten zeigt.

Bundesstaat Harris (in %) Trump (in %) Kennedy (in %)
Arizona 44,1 45,4 4,7
Georgia 45,0 45,9 3,6
Michigan 44,6 43,0 5,6
Pennsylvania 45,3 44,5 3,9
Wisconsin 45,8 44,4 4,2

(Quellen: FiveThirtyEight, gewichteter Durchschnitt der Umfragen, Stand: 7. August)

Linker Flügel der Demokraten steht vor US-Wahl hinter Harris-Vize Tim Walz

Walz wird besonders vom linken Flügel der Demokraten unterstützt. So kommentierte der bekannte linke, aber parteilose Senator Bernie Sanders die Ernennung mit lobenden Worten: „Als Gouverneur hat er für Arbeiterfamilien in Minnesota abgeliefert. Als Vizepräsident wird er für Arbeiterfamilien in den USA abliefern.“ Auch die linke Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez äußerte sich auf der Online-Plattform X ähnlich und sprach von einer „exzellenten Entscheidung“.

Zuspruch für ihn gab es auch aus der Mitte der Partei, etwa vom ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama. Der attestierte seiner Parteifreundin Harris die Wahl eines „idealen Partners“. Walz habe „die Werte und die Integrität, um uns stolz zu machen“. (cs mit dpa)

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