Selenskyj will Staats- und Militärführung im Ukraine-Krieg umbauen – „Ablösung“ mehrerer Spitzen geplant

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Präsident Selenskyj will die ukrainische Führung umsortieren. Zuletzt gab es vermehrt Spannungen. Doch es gibt einen Haken: Saluschnyjs Beliebtheit.

Kiew – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Gerüchten um die Ablösung des Armeechefs Walerij Saluschnyj neue Nahrung gegeben. Kurz vor dem zweiten Jahrestag des Kriegsbeginns will Selenskyj die militärische Führung neu ordnen.

„Sicherlich ist ein Reset, ein Neuanfang notwendig. Wenn wir davon sprechen, dann meine ich die Ablösung einer Reihe von führenden Persönlichkeiten des Staates, nicht nur in einem einzelnen Bereich wie dem Militär“, sagte der Präsident in einem Interview mit dem italienischen Fernsehsender RAI. „Wenn wir gewinnen wollen, müssen wir alle am selben Strang ziehen.“

In der Vergangenheit gab es immer wieder Differenzen zwischen dem Präsidenten und dem Oberbefehlshaber Saluschnyj. Besonders durch die gescheiterte Sommeroffensive der Ukraine stiegen die Spannungen zwischen Selenskyj und Saluschnyj. Das Militär forderte eine Mobilisierung von bis zu 500.000 Menschen. Der Präsident lehnte die Forderung vorerst ab und verlangte mehr Details. Im November hatte der Militäranführer entgegen der Regierungsmeinung von einer Pattsituation im Ukraine-Krieg geredet. Erst vor Kurzem kritisierte er die fehlende Kampfkraft durch innenpolitische Widerstände, nicht zuletzt wahrscheinlich auch vom Präsidenten selbst.

Mitten im Ukraine-Krieg: Selenskyj bestätigt Gerüchte um Neuordnung – nicht nur Saluschnyj betroffen

Selenskyj äußerte in dem Interview zum ersten Mal öffentlich die Erwägung, dem Oberbefehlshaber das Amt zu entziehen. Saluschnyj wurde wenige Monate vor dem russischen Einmarsch im Februar 2022 Oberbefehlshaber des ukrainischen Militärs. Ihn zu feuern, ist ein potenziell gefährliches Spiel, denn der Armeechef war zuletzt in Umfragen deutlich beliebter als der Präsident. Auch Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko äußerte sich laut der Deutschen Presse-Agentur positiv über den General: „In vielerlei Hinsicht ist es Saluschnyj zu verdanken, dass die Ukrainer wirklich an unsere Streitkräfte geglaubt haben.“

Der ukrainsiche Präsident Wolodymyr Selenskyj bei einem Treffen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj möchte Regierung und Militär wieder hinter sich ordnen. © IMAGO/Ukraine Presidency via Bestimage

Als mögliche Nachfolger Saluschnyjs wurden Militärgeheimdienst-Chef Kyrylo Budanow und Heeresanführer Oleksandr Syrskyj genannt. Saluschnyj ist allerdings nicht der einzige, den die Neuordnung betrifft. Selenskyj geht es um eine Reihe führender Repräsentanten des Staates, nicht nur aus dem Militär: „Wenn wir gewinnen wollen, müssen wir alle in dieselbe Richtung gehen, überzeugt vom Sieg“, erklärte der Präsident. Die Ukrajinska Prawda berichtete, dass auch eine Entlassung des Generalstabschefs Serhij Schaptala im Gespräch sei. Weitere Namen wurden bisher noch nicht bekannt gemacht, Selenskyjs Anmerkungen lassen allerdings mehr andeuten.

Ukraine wird „mobilisieren müssen“ – nicht nur Saluschnyj denkt an Rekrutierung im Ukraine-Krieg

Saluschnyj ist nicht die einzige Stimme, die eine weitere Mobilisierung fordert. Der Bundeswehr-Generalmajor Christian Freuding sieht diese ebenfalls als nötig an, damit die Ukraine gegen Russland erfolgreich sein kann: „Die Ukraine wird mit Sicherheit mehr Soldaten mobilisieren müssen – allein schon wegen der Verlustzahlen, soweit wir sie einsehen können“, erklärte Freuding dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Auch die Regeneration von Truppenteilen, die schon länger an der Front sind, sei ein Grund für eine weitere Rekrutierung.

Auch wenn Selenkyj der geforderten Zahl von 500.000 weiteren Mobilisierten widerspricht, so geht auch die ukrainische Regierung von einer Notwendigkeit einer weiteren Rekrutierung aus. Unter Ministerpräsident Denis Schmyhal wurde nun schon der zweite Gesetzesentwurf eingebracht, nachdem der erste im Parlament abgelehnt wurde. In der Ukraine gibt es zu Kriegszeiten kein Recht auf Militärdienstverweigerung, sodass alle in der Ukraine lebenden Männer bis auf wenige Aufnahmen potenziell betroffen sein könnten. Männer im wehrtüchtigen Alter (18 bis 60 Jahre) dürfen die Ukraine nur unter bestimmten Voraussetzungen verlassen. (lismah)

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