Nato-Generalsekretär: „Ukraine muss entscheiden, zu welchen Kompromissen sie bereit ist“

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Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (links) mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj (Archivbild, September 2023). © IMAGO/Presidential Office of Ukraine/Sven Simon

Munitionsmangel und fehlende US-Hilfen erschweren den Abwehrkampf der Ukraine. Generalsekretär Stoltenberg schlägt Änderungen bei der Nato vor – und spricht von „Kompromissen“ Kiews.

Kiew – Die Ukraine gerät im Krieg militärisch zunehmend unter Druck. Munitionsmangel und ausbleibende Militärhilfen der USA erschweren den Verteidigungskampf gegen Russland. Eine mögliche Wiederwahl Donald Trumps wirft ihre Schatten voraus. Vor diesem Hintergrund sind nun Spekulationen einer möglichen Friedenslösung zu sehen: Gebietsabtretung im Tausch gegen Nato-Mitgliedschaft. Welche Indizien sprechen für die Theorie – und welche dagegen?

Nato und die Ukraine: Spekulation über Friedenslösungen im Ukraine-Krieg

Die Zukunft der Ukraine liegt in der Nato. Das jedenfalls versicherte der US-Außenminister Antony Blinken bei der Jubiläumsfeier zum 75-jährigen Bestehen des Verteidigungsbündnisses. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg äußerte sich ähnlich und betonte kürzlich auch, die Ukraine sei „so nah wie nie an der Mitgliedschaft.“ Ein konkreter Zeitplan bleibt allerdings weiter unklar. Schon 2022 hatte Kiew den beschleunigten Beitritt zum westlichen Verteidigungsbündnis beantragt. Viele Nato-Mitglieder reagierten damals zögerlich. Eine konkrete Beitrittsperspektive könnte Russland im Ukraine-Krieg provozieren, so die Befürchtung. Insbesondere Deutschland und die USA traten beim Nato-Beitritt der Ukraine zuletzt auf die Bremse.

Entsprechend gewagt ist die Nato-These der italienischen Zeitung La Repubblica: Die Nato könnte planen, der Ukraine einen sofortigen Beitritt sowie Sicherheitsgarantien anzubieten. Dafür solle Kiew die von Russland besetzten ukrainischen Territorien abgeben, so das Blatt weiter. Belege dafür gab es nicht. Im Ringen um einen Frieden in der Ukraine gibt es allerdings verschiedene Ansätze. Nicht alle Überlegungen dringen dabei an die Öffentlichkeit. Am Sonntag (6. April) sprach Nato-Generalsekretär Stoltenberg mit BBC nun von der Möglichkeit, dass sich die Ukraine möglicherweise auf „eine Art von Kompromiss“ einlassen müsse.

Nato-Chef betont: Entscheidung über Zugeständnisse liegt bei der Ukraine

Der Nato-Chef hob im Interview mit BBC hervor, dass er Kiew nicht auffordere, jetzt Zugeständnisse zu machen. Die Entscheidung liege zudem bei der Ukraine, nicht im Westen: „Letztendlich muss die Ukraine entscheiden, zu welchen Kompromissen sie bereit ist. Wir müssen sie in die Lage versetzen, am Verhandlungstisch tatsächlich ein akzeptables Ergebnis zu erzielen“, so der Nato-Generalsekretär weiter. Gleichzeitig betonte er die Bedeutung der militärischen Unterstützung des Westens. „Wirklicher Frieden“ sei erreichbar, wenn „die Ukraine siegt“, so der Chef des Militärbündnisses weiter.

Für einen Nato-Beitritt gibt es zahlreiche Voraussetzungen. Eine davon: Der Mitgliedskandidat darf nicht in Streitigkeiten um Grenzverläufe oder internationale Konflikte verwickelt sein. Könnte diese Regelung womöglich mit einer etwaigen Abtretung der umkämpften Gebiete umgangen werden? Vergangene Woche hatte US-Außenminister Blinken in Brüssel betont, dass die Unterstützung der Ukraine „felsenfest“ sei. Und: Der Nato-Gipfel solle im Juli in Washington eine Brücke zur Mitgliedschaft der Ukraine bauen. 

Nato im Umbruch? Diese Änderungen stehen bald im westlichen Militärbündnis an

Die Welt muss sich darauf einstellen, dass Donald Trump eventuell erneut zum Präsidenten der USA gewählt wird. Auch das Militärbündnis Nato trifft offenbar bereits Vorbereitungen. Denn angesichts der Verzögerung der US-Hilfen durch die Republikaner ist die Sorge groß, dass Washington unter Trump die Unterstützung der Ukraine reduzieren oder komplett einstellen könnte. Nato-Chef Stoltenberg schlug daher in der vergangenen Woche vor, die Hilfen für die Ukraine künftig durch die Nato und nicht wie bislang von Washington koordinieren zu lassen.

Zudem will der Norweger die Länder des Bündnisses dazu bewegen, der Ukraine für die kommenden fünf Jahre über die Nato militärische Unterstützung im Wert von 100 Milliarden Euro zuzusagen. Die Reaktionen auf die „Trump-sichere“ Unterstützung der Ukraine waren insgesamt positiv. Man müsse aber aufpassen, dass es keine Duplizierung gebe, weil auch die EU bereits einen milliardenschweren Fonds für die Ukraine-Militärhilfe habe, sagte Außenministerin Annalena Baerbock, die eine stärkere Rolle der Allianz bei der Koordinierung der Ukraine-Hilfe grundsätzlich begrüßte.

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