Entsetzen nach Russland-Angriff auf Kinderkrankenhaus – „Putin fordert die Nato heraus”

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Der Angriff Russlands auf ein Kinderkrankenhaus in der Ukraine hat scharfe Verurteilungen ausgelöst. Wer glaube, Putin wolle mit Kiew verhandeln, sei naiv.

Kiew – Russland hat am Montag (8. Juli) eine Reihe verheerender Luftangriffe auf die ukrainische Hauptstadt Kiew und andere Städte gestartet, die zu schweren Verlusten und Zerstörungen geführt haben. Laut Reuters wurden bei den Angriffen mindestens 37 Menschen getötet, darunter drei Kinder. Bis zu 170 weitere Personen wurden offenbar verletzt. Besonders tragisch war die Zerstörung des Okhmatdyt-Kinderkrankenhauses in Kiew sowie zahlreicher anderer ziviler Einrichtungen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilte die Angriffe scharf und betonte die erheblichen Schäden, die sie verursacht haben. Er forderte die internationale Gemeinschaft auf, gegen Russlands Aggression eine klare Haltung einzunehmen. Selenskyj bekräftigte während einer Pressekonferenz mit dem polnischen Premierminister Donald Tusk, dass die Ukraine Vergeltung üben werde.

Nach dem russischen Angriff auf das Kinderkrankenhaus mussten die schwer kranken Kinder draußen vor der Klinik behandelt werden.
Nach dem russischen Angriff auf das Kinderkrankenhaus mussten die schwer kranken Kinder draußen vor der Klinik behandelt werden. © IMAGO/Maxym Marusenko/NurPhoto

Westen verurteilt Russlands Angriffe auf die Ukraine – Putin fordere die Nato heraus

Bei den Angriffen auf Kiew und Dnipro wurden mehr als drei Dutzend Menschen getötet und über 140 verletzt. Nach Angaben der Militärverwaltung starben in der Hauptstadt mindestens 27 Menschen, darunter drei Kinder, während 82 weitere Personen verletzt wurden. Selenskyj nannte auf der Plattform X insgesamt 37 Toten und 170 Verletzte, darunter 13 Kinder.

Die Reaktionen aus dem Westen ließen nicht lange auf sich warten. Der ehemalige US-Botschafter in Russland, Michael McFaul, kommentierte die Angriffe in einem Post auf X. Die Angriffe seien ein Beispiel dafür, wie Putin die NATO „herausfordert“: „Ich hoffe, die Reaktion der Allianz wird diese Woche stark ausfallen.“

US-Präsident Joe Biden nannte die Angriffe eine schreckliche Erinnerung an die Brutalität Russlands und bekräftigte die Unterstützung der USA für die Ukraine. Die estnische Premierministerin Kaja Kallas verurteilte die Zerstörung des Kinderkrankenhauses als untragbar und forderte, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.

UNO verurteilt Russlands Raketenangriff auf Kinderkrankenhaus in der Ukraine

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, verurteilte den Raketenangriff auf das Kinderkrankenhaus in der Ukraine ebenfalls. „Unter den Opfern waren die kränksten Kinder der Ukraine“, sagte er in Genf. Die Intensivstation des größten Kinderkrankenhauses der Ukraine sei schwer beschädigt und die Dialyseabteilung zerstört worden. „Das ist abscheulich“, sagte Türk. „Wer Einfluss hat, muss alles tun, damit diese Angriffe sofort aufhören.“ 

Ebenfalls in Kiew wurden Türks Angaben zufolge mindestens sieben Zivilisten in einem der größten Zentren für Frauengesundheit der Ukraine getötet. Ursache waren wohl herabstürzende Trümmer einer über der Einrichtung abgefangenen russischen Rakete. 

Entsetzt zeigte sich auch die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Sie sagte, dass Putin mit dem brutalen Angriff auf eine Kinderklinik erneut seine Grausamkeit zeige. „Wer immer noch behauptet, Putin wolle verhandeln, ist erschreckend realitätsfern und grenzenlos naiv.“

Nach Angriff auf Kinderkrankenhaus in Kiew wird Nato-Betritt-Wunsch der Ukraine umso dringlicher

Für die Ukraine ist der Nato-Beitritt ein langersehnter Wunsch, der insbesondere seit der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland im Jahr 2014 und dem darauffolgenden Konflikt im Donbass eine größere Dringlichkeit erlangt hat. Bereits am 30. September 2022 reichte die Ukraine einen Antrag zur beschleunigten Mitgliedschaft bei der Nato ein.

Um Mitglied der Nato zu werden, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Potenzielle Mitglieder müssen gemäß den Nato-Voraussetzungen spezifische politische, militärische und demokratische Standards erfüllen. Dazu zählen die Gewährleistung politischer Stabilität, die Achtung der Menschenrechte und der Grundfreiheiten sowie die Fähigkeit zur militärischen Zusammenarbeit mit den Streitkräften anderer Mitgliedsstaaten.

Seit Russland seinen Krieg gegen die Ukraine begonnen hat, haben sich die Spannungen zwischen Russland und den Nato-Mitgliedern verschärft. Putin beharrt darauf, dass der Konflikt nur enden könne, wenn die Ukraine eine neutrale Position zur Nato einnimmt. Allerdings besteht Kiew darauf, dem Bündnis beizutreten.

Nach Attacke auf Kinderkrankenhaus: Ukraine sieht Nato-Beitritt als Schutz vor weiteren Angriffen

Die Ukraine sieht in der Nato-Mitgliedschaft einen Schutz gegenüber möglichen weiteren russischen Aggressionen und eine Möglichkeit zur Festigung ihrer Sicherheit und Stabilität. Russland ist strikt gegen den Nato-Beitritt der Ukraine. Wladimir Putin argumentiert, dass eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine eine direkte Bedrohung für Russlands Sicherheit darstelle. Er sieht die Erweiterung der Nato als strategische Bedrohung an.

Putin stellte bereits klare Bedingungen für Friedensverhandlungen mit der Ukraine. Er verlangt den Abzug ukrainischer Truppen aus den umstrittenen Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja sowie den offiziellen Verzicht auf Pläne für eine Nato-Mitgliedschaft. Er betonte vor Führungskräften des russischen Außenministeriums, dass der Rückzug Kiews aus den genannten Gebieten und die Aufgabe der ukrainischen Nato-Ambitionen die Voraussetzung für einen Waffenstillstand und den Beginn von Verhandlungen seien.

Die Ukraine will jedoch die völkerrechtswidrige Invasion Russlands in sein Land und das Abtreten von ukrainischen Gebieten an Putin nicht akzeptieren.

75 Jahre Nato: Gipfel in Washington

Seit ihrer Gründung im Jahr 1949 hat die Nato eine zentrale Rolle bei der Sicherstellung von Frieden und Stabilität in Europa und darüber hinaus gespielt. Bei einem Gipfel in Washington vom 9. bis 11. Juli treffen sich hochrangige Vertreter der Mitgliedstaaten sowie aus Partnerländern und von internationalen Organisationen. Sie beraten über aktuelle sicherheitspolitische Herausforderungen. Es geht beispielsweise um den Ausbau der Abschreckung und Verteidigung sowie weitere Unterstützung für die Ukraine. 

Zu dem Treffen werden neben Bundeskanzler Olaf Scholz und den anderen Staats- und Regierungschefs auch zahlreiche Gäste erwartet. Dabei ist auch der ukrainische Präsident Selenskyj. Die Ukraine erhofft sich vom Nato-Gipfel weitere Unterstützung in ihrem Abwehrkampf gegen das russische Militär. Eine weitere Annäherung Kiews an die erhoffte Mitgliedschaft im Verteidigungsbündnis ist jedoch nicht zu erwarten, wie verschiedene Gipfel-Teilnehmer noch vor dem Treffen erklärten. (jal)

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