„Beste Mannschaft der DFB-Geschichte“ mit sechs FC-Bayern-Stars
Am 18. Juni 1972 wurde Deutschland zum ersten Mal Fußball-Europameister. Das mit sechs Bayern-Spielern besetzte Team wird noch heute als „beste Mannschaft der DFB-Geschichte“ gefeiert.
Brüssel / München – Bundestrainer Helmut Schön berief damals regelmäßig die FCB-Legenden Franz Beckenbauer, Gerd Müller, Sepp Maier, Uli Hoeneß, „Katsche“ Schwarzenbeck und Paul Breitner zur Nationalmannschaft. Der Gegner im EM-Endspiel im Brüsseler Heysel-Stadion war die UdSSR, gegen welche die Deutschen nicht nur wegen des 4:1-Sieges bei der Einweihung des Münchner Olympiastadion wenige Wochen zuvor als haushoher Favorit galten.
Deutscher Schreckmoment bei der Auslosung
Anfang der 1970er Jahre schaute die Europakarte nicht nur im Fußball noch ganz anders als heute aus. An Landesmeister- und Nationenwettbewerben nahmen 32 Teams teil. So startete die Fußball-Europameisterschaft 1972 im Herbst 1970 mit acht Qualifikationsgruppen à vier Nationen. In der deutschen Gruppe spielten noch Polen, die Türkei und Albanien. „Ausgerechnet Albanien“ stöhnten damals viele deutsche Fußballfans, waren doch die deutschen Vize-Weltmeister 1967 durch ein blamables 0:0 in Tirana in der Qualifikation für das EM-Finalturnier in Italien gescheitert.
Nur der Gruppensieger qualifizierte sich für das Viertelfinale. Die Deutschen taten dies – trotz des Heim-Remis gegen die Türkei zum Auftakt - souverän. Der Schlüssel war dabei der 3:1-Auswärtssieg in Polen. Die polnische Nationalmannschaft - wohl die beste in der Landesgeschichte - war damals auf dem Sprung zur absoluten Weltklasse und erreichte ihren Höhepunkt als Dritter bei der WM 1974.
Sensation auf dem Weg ins Finale
Im Viertelfinale – ausgespielt in Hin- und Rückspiel – trafen die Deutschen auf England. Das Hinspiel am 29. April 1972 im Wembley-Stadion war der erste Sieg einer deutschen Fußballnationalmannschaft in England und wurde von der Sportbild 2011 als das „größte deutsche Länderspiel aller Zeiten“ bewertet. Die nach dem Spielort benannte „Wembley-Elf“ wurde zudem 2008 von der Sportschau als die „spielstärkste DFB-Elf aller Zeiten“ eingestuft.
Alle sechs oben genannten FCB-Spieler standen in Schöns Startformation der Wembley-Elf. In jener legendären Partie sollte der internationale Stern der 20-jährigen Hoeneß und Breitner aufgehen. Regisseur der damaligen DFB-Elf war der Gladbacher Günter Netzer, in London in der Form seines Lebens.
Die Engländer waren vor dem Spiel die Favoriten, doch nicht sie, sondern die in den grünen Ausweichtrikots spielenden Deutschen dominierten die Partie bei Dauerregen. Hoeneß traf in der 26. Minute zur Führung. Der zwischenzeitliche Ausgleich der Engländer durch Francis Lee (77.) schockte die groß aufspielenden deutschen Gäste keineswegs. In der 84. Minute wurde Sigfried Held vom 1966er Weltmeister Bobby Moore im Strafraum zu Fall gebracht, Netzer verwandelte, wenn auch etwas glücklich, zum 2:1. Fünf Minuten später erhöhte Müller aus der Drehung sogar auf 3:1.
Deutscher „Traumfußball“
Das war „die beste Leistung einer deutschen Nationalmannschaft überhaupt“, schwärmte der sonst so nüchterne Bundestrainer Helmut Schön. Die französische Sportzeitung L‘Équipe sprach von „Traumfußball aus dem Jahr 2000“.

Durch das 0:0 im Rückspiel zwei Wochen später in Berlin qualifizierten sich die Deutschen für die EM-Endrunde in Belgien vom 14. bis 18. Juni 1972. Der Gegner im Halbfinale war der Gastgeber, der im Viertelfinale überraschend den amtierenden Europameister Italien ausgeschaltet hatte. Durch zwei Müller-Tore bei einem späten belgischen Gegentreffer qualifizierte sich Deutschland mit 2:1 für das Finale. Der Gegner dort war die UdSSR, welche sich in ihrem Halbfinale mit 1:0 gegen Ungarn hatte durchsetzen können.
3:0-Final-Triumph gegen eine chancenlose Sowjetunion
Wie beim 4:1-Sieg im Münchner Freundschaftsmatch drei Wochen zuvor ließ die deutsche Jahrhundertelf auch beim EM-Finale in Brüssel, es war ein Sonntagnachmittag-Spiel, dem sowjetischen Gegner nicht den Hauch einer Chance. Es war wohl das einseitigste Endspiel der Fußball-Europameisterschafts-Geschichte, auch wenn Spanien 2012 Italien ergebnismäßig (4:0) noch höher bezwang.
Deutschland ging durch Müller in der 28. Minute in Führung. Beckenbauer trieb den Ball von der Mittellinie bis kurz vor den sowjetischen Strafraum, passte auf Müller, dieser legte auf Netzer zurück, der sofort abzog und das Lattenkreuz traf. Den anschließenden Schuss von Jupp Heynckes konnte der sowjetische Torwart Jewgeni Rudakow nur noch abklatschen und Müller war – in seiner typischen Art - zur Stelle.
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In der 52. Minute erhöhte Herbert „Hacki“ Wimmer nach einer Mönchengladbacher Kombination über Netzer und Heynckes auf 2:0. In der 57. Minute die frühe Entscheidung im Finale - über Schwarzenbeck und Heynckes landete der Ball beim „Bomber“, welcher Rudakow bei seinem zweiten Finaltreffer abermals keine Chance ließ.
Gerd Müller mit sagenhafter Torausbeute - die deutschen Fans entfesselt
Dieses 3:0 markierte den 51. Länderspieltreffer im 41. Länderspiel von Gerd Müller. In seiner – der Torausbeute nach – erfolgreichsten Phase in der Nationalmannschaft traf er 14 Mal in nur fünf Länderspielen. Es war übrigens auch die Bundesligasaison (1971/72), in welcher er den legendären Rekord von 40 Toren aufstellte, erst von Robert Lewandowski fast ein halbes Jahrhundert später um einen Treffer überboten.
In den letzten fünf Minuten des Spiels verließen zahlreiche deutsche „Schlachtenbummler“ die Ränge und positionierten sich zu Hunderten um die Außenlinien. Alle – auf dem Feld und außerhalb – warteten nur noch auf den Schlusspfiff. Als dieser erklang, war der Jubel über die erste deutsche Europameisterschaft riesig – 18 Jahre nach dem „Wunder von Bern“ der zweite große Titel in der deutschen Fußballgeschichte.
Obwohl eine leicht veränderte Nationalmannschaft 1974 im eigenen Land – ebenfalls mit jenen sechs Bayernspielern – auch noch Weltmeister wurde, gilt die Europameister-Mannschaft von 1972 bei Experten als das „bessere Team“.