Bayern-Legende mit Torfestival zur Einweihung des Olympiastadions

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Auch wenn der FC Bayern seit fast 20 Jahren seine Heimspiele in der Allianz Arena in Fröttmaning austrägt, bleiben die Spiele im Olympiastadion den Fans unvergessen.

München – Am 26. Mai 1972 wurde das Münchner Olympiastadion mit dem Freundschafts-Länderspiel Deutschland gegen die Sowjetunion eingeweiht. Das damals höchst moderne Stadion war mit knapp 80.000 Zuschauern natürlich restlos ausverkauft. Die UdSSR war alles andere als „Laufkundschaft“ und reiste zu dieser Partie mit einer Serie von 17 Spielen ohne Niederlage an, nur gut drei Wochen später begegneten sich beide Mannschaften erneut im Endspiel um die Europameisterschaft.

Deutschland in Bestaufstellung

Der deutsche Bundestrainer Helmut Schön ließ in jenem Freundschaftsspiel seine absolute Bestaufstellung auflaufen. Die insgesamt 13 eingesetzten Spieler waren:

Sepp Maier (69. Wolfgang Kleff) – Franz BeckenbauerPaul Breitner – Horst-Dieter Höttges (46. Rainer Bonhof) – Georg SchwarzenbeckUli Hoeneß – Günter Netzer – Herbert Wimmer – Jupp Heynckes – Erwin Kremers – Gerd Müller.

Die Startelf war exakt dieselbe, die auch Mitte Juni 1972 bei der EM in Belgien im Halbfinale gegen Belgien (2:1) und im Finale gegen die Sowjets (3:0) auflief.

Langweiler wird zum „Gerd-Müller-Torfestival“

Nach einer eher ereignis- wie torlosen ersten Halbzeit entwickelte sich das Spiel nach der Pause zum einem „Gerd-Müller-Torfestival“. Innerhalb von nur 17 Minuten brachte er die deutsche Mannschaft mit 4:0 in Führung. Dabei löste der „Bomber der Nation“ gleich mit seinem Tor zum 1:0 in der 48. Minute die HSV-Legende Uwe Seeler (43 Länderspieltore) als deutschen Rekordtorschützen ab.

Das 2:0 in der 51. Minute wurde vom legendären TV-Reporter Eberhard Stanjek in der Live-Übertragung fälschlicherweise Uli Hoeneß angerechnet. Den Fernsehzuschauern wurde dieses Tor damals leider vorenthalten, weil der Kameramann die Torraumsituation für abgeschlossen hielt und er zu dem Zeitpunkt eine andere Szene auf dem Spielfeld für wichtiger erachtete.

Auch Hoeneß selbst beanspruchte das Tor nach der Partie für sich: „Ich habe auch eigentlich eins geschossen. Ich habe alles ausgespielt, inklusive des russischen Torwarts. Als ich den Ball aus drei Metern ins leere Tor einschieben wollte, da hat mich von hinten jemand umgehauen: Ich lag im Tor, der Ball lag im Tor - Torschütze: Gerd Müller.“

Typisches Müller-Tor: Im Sitzen, Liegen - der Gerd traf immer.
Typisches Müller-Tor: Im Sitzen, Liegen - der Gerd traf immer. © IMAGO / WEREK

Müller unnachahmlicher Torinstinkt

Das 3:0 in der 62. Minute war dann ein Treffer, wie er nicht typischer für Müller und seinen legendären „Torinstinkt“ hätte sein können: Der Bomber „roch“ quasi den Rückpass eines sowjetischen Spielers auf Torwart Jewgeni Rudakow, fing ihn ab und versenkte den Ball auf seine unnachahmliche Art.

Auch beim 4:0 in der 65. Minute war Stanjek streng mit der Torjägerlegende und wollte das Tor mindestens zur Hälfte Günter Netzer zuordnen. Dieser schoss aus ca. 16 Metern an den rechten Pfosten, Gerd Müller reagierte als Schnellster auf den abprallenden Ball, traf ihn allerdings nicht richtig, so dass er Rudakow als Bande benützte. Heutzutage würde das 4:0 wahrscheinlich als Eigentor vom sowjetischen Keeper gewertet werden.

Insgesamt ein Müller-Torfestival wie es nicht typischer hätte sein können. Hier das Spiel auf Youtube in kompletter Länge.

Kuriose Highlights neben den vier Müller-Toren

Seitlich neben beiden Toren waren lediglich zwei Meter hinter der Torauslinie auf beiden Seiten „lebensgefährliche“ Fotografengräben. Kurz nach der Halbzeit tappte bzw. fiel Uli Hoeneß in diese Falle. Er tat sich bei seinem Sturz sichtlich weh, blieb aber glücklicherweise unverletzt. Beim Bundesligaspiel FC Bayern – Schalke 04 knapp fünf Wochen später waren diese unsäglichen Gräben schon Geschichte.

Eine nette Anekdote vom Spiel: Bundestrainer Helmut Schön tauchte plötzlich Mitte der zweiten Halbzeit hinter dem Tor von Sepp Maier auf. Er kündigte ihm vermutlich an, dass er plane, Wolfgang „Otto“ Kleff für ihn einzuwechseln – und wollte sich absichern, dass das Münchner Idol nicht ungehalten darauf reagieren würde -herrlich!

Apropos „herrlich“: Der Wutausbruch vom damals 26-jährigen „Kaiser“ Franz Beckenbauer beim Gegentreffer zum 1:4 (73.), obwohl eigentlich er selbst geschlafen“ hatte...

Andere Fußballzeiten

Dieses Eröffnungsspiel fand – für damalige Verhältnisse durchaus ungewöhnlich - an einem Freitagabend statt. Weniger ungewöhnlich für die damalige Fußballzeit war jedoch, dass die Bayern noch am selben Wochenende zu einem Freundschaftsspiel nach Madrid reisten, um am Sonntag bei Atlético mit voller Kapelle(!) 3:2 zu gewinnen. Freundschaftsspiele füllten damals die Vereinskassen – unvorstellbar aus heutiger Sicht.

Nur 23 Tage später gewannen die Deutschen das EM-Finale in Brüssel gegen die Sowjetunion mit 3:0 (Müller(2), Wimmer). Für die EM-Endrunde mit damals nur vier Nationen - selbes Format wie nun in der Nations League -unterbrach die Bundesliga zwischen dem 32. und 33. Spieltag die Meisterschaft. 50 Jahre später war dies wegen einer Winter-WM in Katar wieder einmal der Fall…

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