Putins „False-Flag“-Taktik: Russen geben sich wohl als Vertreter des Ukraine-Geheimdienstes aus

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Russland greift im Ukraine-Krieg offenbar zu einer „False Flag“-Taktik seiner Geheimdienstler. Die Zielgruppe des Aggressors soll sich dabei erweitert haben.

Kiew – Im Krieg lassen sich Freund und Feind manchmal nur schwer auseinanderhalten. Zu hektisch und unübersichtlich geht es im Kampfgebiet zu. Und so werden auch im Ukraine-Krieg schon zahllose Opfer durch „friendly fire“ zu beklagen sein. Russland legt es im vierten Jahr seiner festgefahrenen Invasion offenbar sogar darauf an, die Ukrainer derart in die Irre zu führen, dass sie den Feind für einen Freund halten.

Kiews Inlandsgeheimdienst SBU veröffentlichte am Donnerstag (5. Juni) einen Bericht, in dem vor „False Flag“-Missionen der Invasoren gewarnt wird. So würden russische Geheimdienste gezielt Ukrainer rekrutieren wollen, indem sie sich als SBU ausgeben. Offenbar ein neues taktisches Manöver von Kreml-Chef Wladimir Putin, der einst selbst für den KGB arbeitete und in dieser Zeit auch in Deutschland lebte.

Putin und die „False Flag“-Taktik im Ukraine-Krieg: Russen fordern Straftaten im Namen des SBU

Laut dem Sicherheitsdienst der Ukraine, der zuletzt auf dem Schlachtfeld Erfolge verzeichnete, haben sich in letzter Zeit Fälle gehäuft, in denen sich Russen gegenüber Ukrainern als SBU-Offiziere vorgestellt und kriminelle Aufgaben erteilt hätten, die angeblich „Im Interesse des ukrainischen Staates“ seien. Weiter wird betont, ein solches Vorgehen sei zuvor nicht festgestellt worden. Der SBU habe mehrere solcher Straftaten verhindert. Die Landsleute werden dazu angehalten, wachsam zu sein und nicht auf feindliche Provokationen hereinzufallen.

Echt oder Fälschung? Kreml-Chef Wladimir Putin schickt seine Geheimdienstler auf „False Flag“-Mission - sie geben sich als Vertreter des ukrainischen Sicherheitsdienstes SBU aus. ©  IMAGO / Depositphotos, IMAGO / SNA

Außerdem würden russische Spezialdienste Ukrainern über Boten Vorladungen zukommen lassen, laut denen diese sich wegen eines angeblichen Kriminalfalls einer Befragung durch einen SBU-Ermittler stellen müssten. In der Regel gehe es um den Kauf von „in der Ukraine verbotenen Waren“.

Putin-Agenten geben sich als Ukrainer aus: Nicht nur Teenager geraten ins Visier Russlands

Doch das ist nur der Anfang. Denn Unbekannte würden danach telefonisch Kontakt zu den vermeintlich vorgeladenen Bürgern aufnehmen und ihnen Hilfe bei der „Einstellung des Strafverfahrens“ anbieten. Allerdings müssten dafür bestimmte Aufgaben erfüllt werden.

Und die sind offenbar vielfältig. So könnten Betroffene aufgefordert werden, die Bewegungen einer Person zu verfolgen, unbekannte Gegenstände zu versenden oder Geld auf ein angebliches Konto für „Spenden an die Streitkräfte der Ukraine“ zu überweisen. Ebenso sollten die vermeintlichen Straftäter zu ihrer Rettung auch schon Chemikalien zur Herstellung beschaffen oder ein Fahrzeug der Verteidigungskräfte oder ein Verwaltungsgebäude in Brand setzen. Auch Aufforderungen zur Sabotage habe es bereits gegeben, um sich freizukaufen zu können. Kurzum: Verschiedenste Straftaten werden eingefordert.

Weiter informiert der SBU, von den Personen werde auch verlangt, eine Schadsoftware auf dem Telefon zu installieren. So könnten die russischen Drahtzieher das Gerät und damit auch seinen Besitzer überwachen. Zunächst hätten es Putins Spezialdienste vorrangig auf Teenager abgesehen, nun seien auch ältere Menschen ins Visier geraten.

Russland und der Ukraine-Krieg: Kiews Geheimdienst warnt vor Putins neuester Masche

Abschließend wird betont, dass die falschen SBU-Mitarbeiter relativ einfach zu enttarnen seien. Denn der Sicherheitsdienst der Ukraine würde ausschließlich in Rahmen der Gesetze des Landes handeln. Weder würden seine Vertreter verlangen, Software von Drittanbietern auf dem Telefon zu installieren, noch würden fragwürdige „Aufgaben“ gestellt werden.

Wolodymyr Selenskyj (l.) sitzt neben Wassyl Maljuk an einem Tisch
Tauschen sich regelmäßig über neue Erkenntnisse aus: SBU-Chef Wassyl Maljuk (r.) muss den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj auch über die russische „False Flag“-Taktik in Kenntnis setzen. © IMAGO / Anadolu Agency

Personen, die eine verdächtige Vorladung bekommen hätten oder von Unbekannten kontaktiert worden seien, die sich als SBU-Beamte ausgeben, können sich über die Hotline oder einen Chatbot auf Telegram an den Sicherheitsdienst wenden. Die Warnung verbreitete der Geheimdienst auf verschiedenen Social-Media-Diensten und postete auch ein Video dazu, in dem sich SBU-Sprecher Artem Dekhtiarenko zu den Enthüllungen äußert.

Putin, der gerade erst Dutzende Bomber bei einer ukrainischen Drohnen-Mission verlor, dreht also das „friendly fire“-Prinzip um: Es geht ihm nicht darum, dass die Ukrainer den Freund für einen Feind halten, sondern sie in einem Feind einen vermeintlichen Freund vermuten. Wer ihm bei seiner neuen Masche ins Netz geht, soll dann ausgenutzt werden, um seinem eigenen Land zu schaden. (mg)

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