Sanktionen gegen Russland: Wirtschaftsweise fordert „Gas-Boykott“ gegen Putin

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Ökonomin Malmendier spricht sich für eine härtere Gangart gegenüber Wladimir Putin aus. Sie fordert einen Boykott von russischem Gas.

Berlin – Die „Wirtschaftsweise“ Ulrike Malmendier hat die EU zur Ausweitung der Sanktionen gegen Russland aufgefordert. „Die EU wäre gut beraten, kein weiteres Gas mehr aus Russland zu beziehen und mögliche Probleme solidarisch zu regeln“, sagte die Ökonomin der Rheinischen Post am Mittwoch (28. Februar 2024). Es gebe inzwischen gute Substitute.

„Von dieser Seite droht uns keine Gefahr mehr, zugleich könnte ein Gas-Boykott wirkungsvoll sein“, sagte das Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, eines Beratergremiums der Bundesregierung. 

Sanktionen gegen Russland: Wirkung bislang wohl „enttäuschend“

„Die Wirkung der Sanktionen ist enttäuschend. Russlands Wirtschaft ist resilienter und offenbar auch nicht so international verflochten, wie sich das viele westliche Experten gedacht haben“, sagte die Ökonomin. Trotzdem sollte man die Schraube bei den Rohstoff-Sanktionen weiter anziehen. Deutschland sei mit dem Energieschock erstaunlich gut fertig geworden.

Ulrike Malmendier
Mit Blick auf die schwache wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands sagte die Ökonomin, die Zahlen deuteten auf eine technische Rezession hin. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Mit dieser Forderung ist die Ökonomin nicht alleine. Auch Estalnds Ministerpräsidentin Kaja Kallas hatte schärfere Sanktions-Instrumente gegen Russland gefordert. „Wir müssen über unkonventionelle Lösungen nachdenken“, sagte Kallas jüngst der Welt. „Es gibt eine Sache, vor der Russland Angst hat, und das ist die Verwendung der Vermögenswerte, die wir derzeit eingefroren haben.“

Dieses Geld solle dazu verwendet werden, die Ukraine für die Zerstörungen des russischen Angriffskrieges zu entschädigen, schlug Kallas vor. Ihr Land habe bereits auf nationaler Ebene ein Gesetz dazu ausgearbeitet. „Es ist klar, dass Russland der Ukraine durch die Kriegsschäden, die es anrichtet, einen Schaden zufügt. Die Ukraine hat also einen legitimen Anspruch gegenüber Russland“, sagte Kallas zur Begründung.

Deutschland kurz vor Wirtschaftskrise? Ökonomin sieht drei Gründe für schwache Entwicklung

Auch die schwache wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands greift Malmendier auf. Die Zahlen würden auf eine technische Rezession hindeuten. Der Industrieverband DIHK befürchtet sogar die größte Wirtschaftskrise seit mehr als 20 Jahren. Erst zum zweiten Mal in der Nachkriegsgeschichte dürfte es wieder eine Phase von zwei aufeinanderfolgenden Jahren mit schrumpfender Wirtschaftsleistung geben.

„Als Industrieland sind wir mühsamer aus der Coronakrise gekommen als Länder mit wenig Industrie, die schnell vom Ende der Beschränkungen profitierten.“, so Malmendier. Andererseits habe Deutschland die Energiekrise besser weggesteckt als gedacht. „Was mir Sorgen macht, ist das schwache Potenzialwachstum – Deutschland bleibt langfristig unter seinen Möglichkeiten“, sagte sie.

Dafür gibt es aus ihrer Sicht drei Gründe: In Deutschland werde zu wenig gearbeitet, das Arbeitsvolumen sei zu gering. Zweitens sei der Kapitalstock veraltet, weil Staat und Firmen zu wenig investiert hätten. „Drittens gibt es zu wenige junge Firmen, die auf Künstliche Intelligenz, Biotech und Umwelttechnik setzen.“ (bohy mit Agenturen)

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