„Wachstumswunder“ geht zu Ende: Russlands Wirtschaft leidet unter Inflation und Ukraine-Krieg
Sanktionen, hohe Staatsausgaben, hartnäckige Inflation: Es gibt mehrere Faktoren, die das Wachstum der russischen Wirtschaft stark ausbremsen werden.
Moskau – Es wird nicht mehr lange dauern, bis Russlands Wirtschaft zerfällt. Zwar ist die russische Wirtschaft laut Angaben des staatlichen Statistikamts Rosstaat im Jahr 2023 um 3,6 Prozent trotz Sanktionen gewachsen. Doch im Jahr 2024 steht offenbar eine Schwächephase bevor. Russland wird Experten zufolge nicht in der Lage sein, das von Wladimir Putin angepriesene Wirtschaftswachstum weiter anzukurbeln.
Russlands Wirtschaft schwächelt wegen Sanktionen – düstere Prognose für 2024
Zu dem Schluss kommen Wissenschaftler vom The Bank of Finland Institute for Emerging Economies (BOFIT) in ihrem jüngsten Bericht. Die Forscher rechnen damit, dass sich das russische Wirtschaftswachstum im Jahr 2024 auf 2 Prozent belaufen wird – in den Jahren 2025 und 2026 werde die Wirtschaft nur um einen Prozent wachsen. „Ein anhaltendes hohes Wachstum in den Jahren 2025 und 2026 ist sehr unwahrscheinlich“, so die Forscher über Russlands Wirtschaft.

„Da Russland bereits unter starken Kapazitätsengpässen leidet, wird sich das Wachstum in diesem Jahr voraussichtlich verlangsamen“, heißt es weiter. Das russische Wirtschaftswachstum werde in den kommenden Jahren gedämpft und hauptsächlich von den Staatsausgaben getragen werden. Russlands Wirtschaft wird also langfristig auf Kosten der eigenen Zukunft wachsen.
Obwohl Putin sich über die desaströsen Auswirkungen der hohen Militärausgaben für den Ukraine-Krieg bewusst sein dürfte, will er diese auch im Jahr 2024 hochfahren. Ökonomen prognostizieren seit längerer Zeit, dass Putins „Kriegswirtschaft“ Russland in den Ruin treiben wird. „Um die Kriegsanstrengungen zu finanzieren, ist die russische Regierung bereit, die frühere Finanz- und Geldpolitik aufzugeben, die durch konservative Haushaltsregeln und Inflationsziele gekennzeichnet war“, schreiben auch die Wissenschaftler.
Die hohen Staatsausgaben werden es Russland erschweren, die hartnäckige Inflation zu bändigen. Die russische Inflation lag laut BOFIT-Daten im Jahr 2023 bei 5,9 Prozent und damit deutlich über dem von den Zentralbankern angestrebten Inflationsrate von vier Prozent. In anderen Berichten ist die Rede von einer jährlichen Inflationsrate von 7,4 Prozent. So oder so wirkt sich die Inflation auf die Verbraucherpreise aus. Nach Angaben der russischen Zentralbank sind die Preise für Eier im Laufe des vergangenen Jahres um über 40 Prozent gestiegen, die Teuerung bei Obst und Gemüse lag deutlich über 20 Prozent, bei Zucker und Fleisch waren es knapp zehn Prozent. Besonders ärmere Menschen leiden unter den hohen Preisen.
Westliche Sanktionen wirken: Russlands Wirtschaft wird schrumpfen
Auch die westlichen Sanktionen schwächen Russlands Wirtschaft. Aufgrund der Maßnahmen hat Putin einen massiven Einbruch bei Öl- und Gaseinnahmen erlitten. Zudem wenden sich wichtige Handelspartner von Russland ab und wollen sich aus Ölgeschäften zurückziehen, aus Sorge vor Sanktionen. Für Putin verkleinert sich dadurch der Kreis an Partnern, die russisches Rohöl abgenommen haben.
Einen weiteren Dämpfer wird die russische Wirtschaft erleben, wenn es den Fachkräftemangel nicht in den Griff bekommt. Um ein kontinuierliches Wachstum zu erreichen, ist laut den Wissenschaftlern vom BOFIT eine erhebliche Produktivitätssteigerung erforderlich. Dieses Ziel sei allerdings schwerer zu erreichen, weil insbesondere die Zahl der jungen männlichen Arbeitskräfte, ständig schrumpfe. Nach einer Schätzung des Wirtschaftsinstituts der Russischen Akademie der Wissenschaften fehlten Russland bis Ende 2023 fast 5 Millionen Arbeitskräften. (bohy)