Putins Standbein braucht wohl „Notfallhilfe“: Russlands Wirtschaft bereitet sich auf Krise vor
Sanktionen und Folgen des Ukraine-Kriegs setzen wichtige Branchen der russischen Wirtschaft unter Druck. Putins Rettungsplan soll eine Wirtschaftskrise abwenden – dafür reaktiviert er eine frühere Einheit.
Moskau – Weil es der russischen Wirtschaft nicht gut geht, muss Wladimir Putin drastische Maßnahmen ergreifen. Die russischen Behörden haben Berichten zufolge die Arbeit der Sonderkommission für wirtschaftliche Nachhaltigkeit wieder aufgenommen, die 2020 eingerichtet wurde. Der Ukraine-Krieg ist offenbar nicht das Hauptproblem der russischen Wirtschaft.
Russlands Wirtschaft unter Druck – frühere Wirtschaftskommission reaktiviert
Die Wirtschaftskommission, die Problembranchen identifizieren und Hilfsmaßnahmen entwickeln soll, habe im Dezember 2024 ihre Arbeit wieder aufgenommen, sagte Vizepremier Alexander Nowak am Dienstag (11. Februar 2025). Im Fokus der Kommission stünden ihm zufolge neun Wirtschaftssektoren und mehr als 2.000 Unternehmen, die wirtschaftlich stark leiden.

Zu den größten wirtschaftlichen Risiken zähle man derzeit „einen Rückgang der Investitionstätigkeit, eine Verringerung der Rentabilität der Unternehmen und der Finanzkennzahlen, eine Erhöhung der Zinsaufwendungen der Unternehmen im Verhältnis zu ihren eigenen Einnahmen“, listete Novak auf.
Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft bedrohen Putins wichtige Branchen
Als eine besonders bedrohte Branche gilt die Kohleindustrie, die vor einem Massenbankrott steht. Laut Berichten der russischen Tageszeitung Kommersant berät die Regierung über Maßnahmen im Falle eines Massenkonkurses. Aufgrund mangelnder Umsätze mussten einige Bergbauunternehmen bereits schließen.
Das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung der Russischen Föderation sowie die Föderale Steuerbehörde wurden inzwischen aufgefordert, schwächelnde Bergbaubetriebe zu retten. Die staatliche Wneschekonombank steht laut dem Bericht kurz davor, die Kontrolle über die notleidenden Vermögenswerte zu übernehmen. Die Kohleunternehmen bräuchten laut der Moscow Times bereits jetzt Notfallhilfe.
Putins Rettungsplan für die russische Wirtschaft – entscheidende Industrien leiden
Als Nächstes steht laut Moscow Times ein Plan zur Unterstützung metallurgischer Werke an, die aufgrund der Sanktionen ebenfalls Exportmärkte verloren haben und mit Produktionskürzungen begonnen haben. „Die guten Zeiten sind vorbei“, hatte Andrej Saweljew, stellvertretender Direktor der Metallurgie-Abteilung des Ministeriums für Industrie und Handel, Ende Januar beklagt.
Auch die Forstwirtschaft wird Hilfe benötigen, die ebenso wie die Kohlebergleute unter das europäische Embargo geriet und in Asien keine neuen Käufer finden konnte, weshalb die Holzexporte um ein Drittel zurückgingen. Ebenfalls in Bedrängnis gerät der Agrarsektor, der unter Dürre und schlechten Ernten leidet. Russlands Weizenproduktion ging 2024 um 16 Prozent zurück, während die Erträge bei Mais, Gerste und Zuckerrüben um fast 20 Prozent sanken.
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Russlands Wirtschaft „kühlt ab“ – kein Zeichen mehr von „Wachstumswunder“
Für Russlands Wirtschaft spitzt sich die Lage immer weiter zu, selbst Putin gab jüngst Probleme zu. „Wir befinden uns derzeit in einer Phase der sozusagen ‚kontrollierten Abkühlung‘ der Wirtschaft und versuchen, die Inflation einzudämmen und das Wirtschaftswachstum sicherzustellen“, zitierte Interfax Novak.
Er räumte ein, dass das Wachstumstempo der russischen Wirtschaft sich verlangsamt habe. Vor allem die auf die inländische zivile Nachfrage und den Export ausgerichteten Industrien verlangsamen ihr Wachstum. Es werde eine strikte Geldpolitik umgesetzt, um die steigende Inflation zu bremsen.
Inflation beschäftigt nicht nur Russlands Wirtschaft – Bevölkerung sorgt sich um steigende Preise mehr, als um Ukraine-Krieg
Die Inflation hatte die russische Zentralbank mehrfach dazu gezwungen, den Leitzins anzuheben. Dennoch blieben die Maßnahmen erfolglos, die Inflationsrate liegt noch weit über neun Prozent – weit von der Zielmarke von vier Prozent entfernt. Das beunruhigt nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Menschen.
Eine Umfrage des Lewada-Zentrums ergab, dass die Inflation den Menschen noch größere Sorgen bereitet, als der Ukraine-Krieg. Auf die Frage „Welche Probleme unserer Gesellschaft bereiten Ihnen die größten Sorgen und halten Sie sie für die dringlichsten?“ gaben 63 Prozent als Antwort „steigende Preise“ an. Als zweithäufigste Antwort nannten 35 Prozent die „spezielle Militäroperation“ in der Ukraine (gemeint ist der Ukraine-Krieg), Konflikt mit dem Westen und Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft. (bohy)