Kehrtwende auf Social Media? Wie es wirklich zu Donald Trumps Rückzieher bei den US-Strafzöllen kam

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Drei Monate will Donald Trump die US-Strafzölle für andere Länder pausieren. Offen bleibt jedoch, wie der US-Präsident zu der Entscheidung kam – und wer am Ende wirklich von ihr profitiert.

Washington – Aktuell scheinen die US-Regierungsinstitutionen an Bedeutung zu verlieren – zumindest lässt sich dieser Eindruck aus den jüngsten Ereignissen um die von Präsident Donald Trump am 7. April verkündeten Strafzölle gegen fast alle großen Volkswirtschaften der Welt gewinnen. So spielten sich am Mittwochnachmittag in der US-Hauptstadt Washington parallel skurrile Szenen ab: Während der US-Handelsbeauftragte Jamie Greer im Repräsentantenhaus die US-Strafzölle vehement verteidigte, legte sein Präsident Donald Trump zeitgleich eine Kehrtwende hin.

US-Strafzölle pausieren für 90 Tage: US-Regierung spricht von Donald Trumps Masterplan – dieser verneint

In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz und parallel dazu online, via Post auf seiner eigenen Social Media Plattform Truth Social, verkündete er eine 90-tägige Auszeit der Einfuhrzölle – mit Ausnahme von China: Die Volksrepublik werde künftig sogar 125 Prozent Zölle zahlen. Dieses Schauspiel, das der demokratische Abgeordnete Steven Horsford gegenüber Greer wütend als „dilettantisch“ brandmarkte, gibt einen guten Überblick zum aktuellen Status quo der US-Politik. Während die Weltwirtschaft und die US-Börsen besorgniserregend abstürzen, gehen Regierungsvertreter auf Werbetour für den radikalen Kurs – und parallel dazu ändert Trump seine Meinung wieder.

Trump schickt Finanzminister Bessent in die Ukraine
Sind US-Präsident Donald Trump und sein Finanzminister Scott Bessent die Architekten der Kehrtwende bei den US-Strafzöllen? © Evan Vucci/AP/dpa

US-Medien versuchen derzeit zu rekonstruieren, ob hinter dem Manöver nicht doch ein Masterplan steckte – so wie es etwa Trumps Kabinettmitglieder um Finanzminister Scott Bessent und Handelsminister Howard Lutnick beteuern. Doch die Episode um Greer sowie weitere Anzeichen deuten darauf hin, dass Trump erneut tat, wofür er bekannt ist: einen impulsiven Alleingang starten.

Trump will Politik „niemals ändern“ – und knickt nach Rezessions-Druck an US-Märkten doch ein

So hatte sich Trump noch am Dienstag zu seinem Kurs bekannt und in seiner so typischen Versalien-Schrift auf Truth Social erklärt: „MEINE POLITIK WIRD SICH NIEMALS ÄNDERN.“ Eine Botschaft, die vorallem an die zahlreichen Kritiker gerichtet war, die aufgrund der weltweiten Börsenabstürze und Warnungen von Ökonomen eine Rezession für die US-Wirtschaft vorausgesagt hatten, sollte die Regierung weiterhin auf die Zölle beharren. Normalerweise flüchten sich viele Investoren in den sicheren Hafen der US-Staatsanleihen (Treasuries), was üblicherweise die Renditen sinken lässt und Stabilität in die Märkte bringt.

Doch diesmal ereilte die US-Staatsanleihen ein beispielloser Ausverkauf, der offenbar auch durch Verkäufe ausländischer Großinvestoren – etwa aus China und Japan – befeuert wurde. Als weltweit führende Volkswirtschaft finanzieren sich die USA in großem Maße über Anleihen und weniger über Steuern. Der Ausverkauf und die dadurch steigenden Zinsen drohen den US-Haushalt massiv aus dem Gleichgewicht zu bringen und sogar eine Rezession zu begünstigen.

US-Finanzminister Bessent warnt intern, JP Morgan CEO im US-Fernsehen: USA droht eine Rezession

Intern warnten Bessent und Trumps Stabschefin Susie Wiles am Mittwochmorgen vor einer wirtschaftlichen Katastrophe. Auch der CEO der US-amerikanischen Großbank JP Morgan, Jamie Dimon, erklärte in einem TV-Interview auf Fox, dass eine Rezession in den USA „ein wahrscheinliches Ergebnis“ eines eskalierenden Handelskriegs sei. Trump postete anschließend auf Truth Social seine eigene Interpretation von Dimons Worten: „Handel und Zölle zu regeln ist eine gute Sache!“ Angeblich, so berichten es US-Medien übereinstimmend, habe er zu diesem Zeitpunkt noch nicht an eine Rücknahme der Strafzölle nachgedacht.

Nach außen verbreiten Trumps Leute um Bessent allerdings bis zum Schluss, dass die Kehrtwende geplant und Teil eines großen Masterplans war: Ziel sei es gewesen, andere Länder an den Verhandlungstisch zu zwingen: „Es hat Donald Trump großen Mut gekostet, bis zu diesem Moment durchzuhalten“, beteuert der Finanzminister etwa auf der Pressekonferenz am Mittwochnachmittag – nur um wenige Sekunden später von seinem Chef überrumpelt zu werden: So erklärt Trump, dass er zwar schon in den vergangenen Tagen über die Aussetzung der Zölle nachgedacht habe, seine Entscheidung sich aber erst „heute früh zusammengefügt“ habe. Auch die „düstere“ Lage an den Aktien- und Anleihemärkten habe ihn zum Umsteuern bewogen.

415 Millionen US-Dollar: Trump profitiert vom Börsencrash – Experte wittert Marktmanipulation

Und dann gibt es inmitten der unübersichtlichen Lage noch eine andere These. Bevor Trump die Zollpause verkündete, gab er auf Truth Social zwei Postings ab: Einmal „BE COOL! Alles wird gut ausgehen.“ und anschließend „ES IST EINE GROßARTIGE ZEIT NACHZUKAUFEN!!! DJT“. Dass der US-Präsident seine Tweets mit seinen Initialen beendet, ist zwar nicht unüblich, doch es ist seltener geworden.

In diesem Kontext wittert etwa Richard Painter Marktmanipulation: „Die Leute, die gekauft haben, als sie diese Nachricht sahen, haben eine Menge Geld verdient“, erklärte der frühere Ehtik-Anwalt unter George W. Bush und heutige Jura-Professor. Pikant: DJT ist auch das Börsenkürzel der „Trump Media and Technology Group“, zu dem auch Truth Social zählt und an dem Trump 53 Prozent Anteile hält. Painter wittert eine – mehr oder weniger – subitle Aktienempfehlung des US-Präsidenten. Zwar schossen nach Trumps späterer Ankündigung zur Zollpause fast alle zuvor gefallenen Aktienkurse wieder in die Höhe, doch speziell DJT verzeichnete bei Börsenschluss ein Plus von 22,67 Prozent. Zu diesem Zeitpunkt hatte Trump – zumindest auf dem Papier – 415 Millionen US-Dollar mehr Vermögen.

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