Friedensnobelpreis für Trump? In Wahrheit hat er die Eskalationsspirale in Gang gesetzt

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat US-Präsident Donald Trump für den Friedensnobelpreis nominiert und als Hauptgrund Trumps Rolle bei der Ermöglichung eines vorläufigen Waffenstillstands zwischen Israel und dem Iran genannt. Während eines gemeinsamen Abendessens informierte Netanjahu Trump über seine Nominierung und lobte den amerikanischen Präsidenten dafür, „Frieden zu schmieden ... in einem Land, in einer Region nach der anderen“.

Dieser Schritt scheint Teil eines breiteren Narrativs zu sein, das von Trump und seinen Verbündeten gefördert wird, die seit langem nach Anerkennung für seine außenpolitischen Bemühungen suchen, insbesondere im Nahen Osten. Der Waffenstillstand zwischen Israel und Iran ist zwar vorläufig, wird aber als diplomatischer Erfolg gewertet, der auf Trumps früheren Initiativen wie die Abraham-Abkommen aufbaut.

Trumps Friedensinitiativen

Mit der von den USA vermittelten Annäherung zwischen Israel und arabischen Staaten – wie sie etwa durch die Abraham-Abkommen und die US-vermittelte Normalisierung mit Saudi-Arabien angestrebt wurde – hat Trump in seiner ersten Amtszeit durchaus einen Friedensdienst geleistet. Leider hat ihm die Kriegspartei Hamas mit ihren Anschlägen auf Israel einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Die für viele überraschenden Angriffe der Hamas am 7. Oktober 2024 provozierten eine weniger überraschende militärischen Reaktion Israels und unterminierten eine Annäherung zwischen Israel und arabischen Staaten. Radikale Gruppen wie die Hamas haben den Friedensprozesse gezielt gestört, um ihre politische Relevanz zu sichern. Dabei setzten sie sowohl das Leben israelischer als auch palästinensischer Zivilisten aufs Spiel.

Über Josef Braml

Dr. Josef Braml ist Politikwissenschaftler, USA-Experte und European Director der Trilateral Commission – einer einflussreichen globalen Plattform für den Dialog eines exklusiven Kreises politischer und wirtschaftlicher Entscheider/innen Amerikas, Europas und Asiens.

Irans Abschreckungspotenzial

Die Hamas-Führung, die inzwischen von Israel liquidiert wurde, erwartete indes nicht, dass Israel mit der Hamas und einem anderen Handlanger des Iran, der Hisbollah, kurzen Prozess machen würde. Ohne dieses traditionelle Abschreckungspotenzial, so die Vermutung nicht nur israelischer Sicherheitsexperten, würde die Führung in Teheran den letzten Schritt zur Bombe gehen, um wieder eine glaubwürdige Abschreckung und Schutz vor möglichen „Regime Change“-Versuchen Israels und der USA zu haben.

Auch diesbezüglich ließen die strategischen Planer in Jerusalem und Washington keine Zweifel aufkommen, indem sie mit gezielten Bombardierungen, iranische Nuklearwissenschaftler töteten, die Militärführung enthaupteten und Irans Atomanlagen zu zerstören suchten. Nachdem die USA die sogenannten Präemptiv-Schläge gegen den Iran unterstützt haben, hat Trump jedoch sofort die Militärmission als erfolgreich und für beendet erklärt und beiden Kriegsparteien einen Waffenstillstand verordnet – um nicht innenpolitisch in die Bredouille zu kommen. Denn seine MAGA-Basis nahm ihn beim Wort, dass er Amerika aus „endlosen Kriegen“ heraushalten würde.

Mission Not Accomplished

Mit seiner Nominierung Trumps für den Friedensnobelpreis macht Netanyahu nun gute Mine zu der ihm ungelegenen Entscheidung Trumps, weiteres militärisches Vorgehen gegen den Iran zu unterbinden. Denn Netanyahu hätte den Krieg am liebsten weitergeführt, um das Regime in Teheran zu Fall zu bringen und die Bedrohung ein für allemal zu beseitigten. Mit seiner Trump sicherlich schmeichelnden Friedensnobelpreisgeste will er den US-Präsidenten gewogen halten, für den Fall, dass vielleicht schon bald ein von außen forcierter Regimewechsel in Teheran als nötig erachtet wird, um die nukleare Bedrohung durch den Iran endgültig auszuschalten.

Trotz des aktuellen Waffenstillstands dürfte ein Regimewechsel für Präsident Trump und Premierminister Netanjahu eine Option bleiben, insbesondere wenn der Iran die Urananreicherung heimlich (oder offen) wieder aufnimmt. Wenn es in den nächsten Monaten immer mehr Geheimdienstinformationen der USA und Israels gibt, dass der Iran Uran anreichert, dann wird ein Regimewechsel als einzige Option erachtet werden, um Irans nukleare Ambitionen zu beenden.

In einem vorläufigen US-Geheimdienstbericht heißt es bereits, dass die US-Bombardements das Atomprogramm des Landes nur um wenige Monate zurückgeworfen haben. Wenn die fortgesetzte Anreicherung des Iran unter Trumps Ägide geschieht und Netanjahu immer noch in Israel an der Macht ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die beiden den Obersten Führer Ayatollah Ali Kamenei gewaltsam absetzen und versuchen werden, einen neuen gegenüber Israel und den USA freundlichen Führer zu installieren. Ein Regimewechsel mag vorerst in den Hintergrund getreten sein, ist aber nicht vom Tisch.

Trump hat die Eskalationsspirale in Gang gesetzt

Mit seinem Ausstieg 2018 aus dem Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) – dem sogenannten Nuklearabkommen mit dem Iran – hat Trump eine Eskalationsspirale in Gang gesetzt. Der unter Trumps Vorgänger Obama mit den Europäern ausgehandelte Deal hatte ursprünglich das Ziel, durch Entgegenkommen bei der Aufhebung der Sanktionen das iranische Atomprogramm zu begrenzen und durch internationale Kontrollen abzusichern.

Mit dem unilateralen Ausstieg der USA und der Wiedereinführung von Sanktionen verlor der Iran nach und nach die Motivation, sich an die Auflagen zu halten, und begann, sein Atomprogramm wieder hochzufahren, auch, um die USA zu erneuten Verhandlungen zu bewegen. Das hat in Israel und den USA jedoch die Sorge vor einem nuklear bewaffneten Iran verstärkt – mit der Folge, dass militärische Optionen wieder in den Vordergrund rückten und exekutiert wurden.

Indem Trump den Nuklear-Deal, den sein Vorgänger und Friedensnobelpreisträger Obama mit den Europäern erreicht hat, aufkündigte, hat er also die Grundlagen für einen Krieg gelegt, den er zwischenzeitig durch einen Waffenstillstand befriedet, aber mitnichten beigelegt hat. In dieser Hinsicht will Netanyahu Trump den Friedensnobelpreis für einen Krieg andienen, den es noch zu beenden gilt.

Dieser Beitrag stammt aus dem EXPERTS Circle – einem Netzwerk ausgewählter Fachleute mit fundiertem Wissen und langjähriger Erfahrung. Die Inhalte basieren auf individuellen Einschätzungen und orientieren sich am aktuellen Stand von Wissenschaft und Praxis.