AfD und wer noch? Merz will Migrationspaket „unabhängig wer zustimmt“: So könnte es eine Mehrheit geben

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Friedrich Merz will strengere Asylgesetze. Dafür braucht er Stimmen anderer Fraktionen, doch: CDU/CSU, AfD und FDP haben keine Mehrheit im Bundestag.

Friedrich Merz verschärft den Ton in der Migrationspolitik. Nach dem Messerangriff von Aschaffenburg will der Kanzlerkandidat der Union schon nächste Woche ein Migrationspaket in den Bundestag einbringen. So soll die Bundespolizei die Befugnis erhalten, Haftbefehle für an der Grenze oder an Flughäfen aufgegriffene Flüchtlinge beantragen zu können. Da die CDU/CSU alleine keine Mehrheit im Bundestag hat, ist sie auf Stimmen anderer Fraktionen angewiesen. Dass die AfD den Gesetzesentwürfen zustimmen wird, nimmt Merz in Kauf.

Friedrich Merz will neue Asylpolitik: So bekommt die Union eine Mehrheit

„Wir werden nächste Woche in den Deutschen Bundestag Anträge einbringen, die ausschließlich unserer Überzeugung entsprechen“, sagte er am Freitagmorgen. „Und wir werden sie einbringen, unabhängig davon, wer ihnen zustimmt.“ Neben der AfD müssten aber auch noch andere Parteien zustimmen. Ein Überblick, wie Merz die Mehrheit für seine Gesetzesanträge bekommen kann.

Aktuell sitzen 733 Abgeordnete im Bundestag. Für eine absolute Mehrheit bräuchte es also 367 Stimmen. Die Union stellt derzeit 196 Abgeordnete, fehlen also noch 171 Stimmen. Alles unter der Voraussetzung, dass alle Mitglieder zustimmen. Gerade den eher linken Sozialflügel der Union stellt Merz mit seinem Vorstoß vor die Probe, wie ernst sie es mit der Fraktionsdisziplin nehmen. Wollen sie wirklich einen Antrag unterstützen, den die AfD mitträgt?

Die AfD scheint nämlich offen für die Zustimmung. „Vieles von dem“, schrieb AfD-Chefin Alice Weidel am Donnerstag in einem offenen Brief an Merz, „hätte auf der Grundlage von Initiativen meiner und Ihrer Fraktion mit den schon jetzt bestehenden Mehrheiten jenseits von Rot-Grün (...) beschlossen werden können“.

Die AfD hat derzeit 76 Sitze im Parlament. Zählt man sie denen der Union hinzu, ergeben sich 272 Stimmen, fehlen also immer noch 95 Stimmen zur absoluten Mehrheit. 90 davon könnten von der FDP kommen, die ebenfalls eine härtere Migrationspolitik fordert. Aber: Bislang hat die FDP die Zusammenarbeit mit der AfD wie die Union eigentlich ausgeschlossen, wenngleich sie in der Vergangenheit auch mit den Rechtspopulisten kooperiert hatte, Stichwort Thüringen. Ob die FDP den Gesetzesanträgen zustimmen wird, war am Freitag noch nicht absehbar.

Keine Mehrheit für CDU/CSU, AfD und FDP: Fraktionslose entscheidend

So oder so bräuchte es auch mit Stimmen von CDU/CSU, AfD und FDP noch fünf weitere Abgeordnete, die sich für den Antrag aussprechen. CSU-Chef Markus Söder forderte zwar auch die 324 Abgeordneten SPD und Grünen zur Unterstützung auf, doch Rot/Grün wird wohl keineswegs für Merz’ Asylpläne stimmen, ebenso wenig die 28 Abgeordneten der Linken.

Bleiben noch zehn Abgeordnete vom Bündnis Sahra Wagenknecht. Das BSW ist hier eine Art Blackbox, ihr Abstimmungsverhalten schwer vorherzusagen. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass zumindest Teile des BSW für Merz stimmen würden. „Sicherer“ scheint da die Unterstützung der fraktionslosen Abgeordneten. Von ihnen gibt es derzeit neun im Deutschen Bundestag.

Darunter ist der frühere Bundesminister Volker Wissing, der seit dem Ampel-Ende nicht mehr Teil der FDP ist. Unwahrscheinlich, dass er gegen Rot-Grün stimmt. Dasselbe gilt für den eher links zu verortenden Stefan Seidler von der dänischen Minderheitenpartei Südschleswigscher Wählerverband (SSW). Die verbliebenen sieben fraktionslosen Abgeordneten haben wiederum alle eine AfD-Vergangenheit.

Ex-AfD-Politikerin Cotar: Fraktionslose werden „in Mehrheit zustimmen“

Darunter ist Joana Cotar, die die AfD 2022 unter anderem wegen zu starker Nähe zu China und Russland verlassen hatte. Cotar kündigte am Freitag in sozialen Medien an, die Fraktionslosen würden „in Mehrheit zustimmen“. Sie erklärte weiter: „Es ist völlig egal, wer die richtigen Anträge zu einem Wechsel in der Asylpolitik stellt. Ich würde einem solch richtigen Antrag auch dann zustimmen, wenn er von den Linken käme.“ Auch andere Fraktionslose wie der rechtsextreme Politiker Matthias Helferich, der selbst der AfD zu radikal war, dürften Sympathien für Merz’ Asylpläne haben.

Insgesamt ist die politische Gemengelage kurz nach den Ankündigungen von Friedrich Merz sehr unklar. Fest steht nur: Um ihre Gesetzesanträge durchzubringen, braucht die Union Mehrheiten. Ob diese „aus der Mittel des Parlaments“ kommen werden, wie etwa CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt betont hatte, ist mehr als fraglich.

Friedrich Merz betonte: „Wir stimmen keinem einzigen AfD-Antrag zu, weil wir sämtliche Themen, die wir für richtig halten, von uns aus in den Bundestag einbringen.“ Merz ergänzte: „Wer diesen Anträgen zustimmen will, der soll zustimmen. Und wer sie ablehnt, der soll sie ablehnen. Ich gucke nicht rechts und nicht links. Ich gucke in diesen Fragen nur geradeaus.“

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