SPD-Parteispitze ringt um Kanzlerkandidatur: Entscheidung steht bevor – die möglichen Szenarien
Am Montag entscheidet die SPD die K-Frage: Scholz oder Pistorius? Ein Szenario gilt als wahrscheinlich, doch Überraschungen sind möglich.
Berlin – Die Parteispitze der SPD berät sich zur Kanzlerkandidatur. Zu ihren Absichten ließen die Parteivorsitzenden nach einem Treffen am Dienstagabend nichts durchscheinen, nur dass man sich der gemeinsamen Verantwortung bewusst sei. Die SPD versäumte durch die fehlende direkte Nominierung eines Kanzlerkandidaten einen klaren Start in den Wahlkampf – dieser soll jetzt schnellstmöglich nachgeholt werden.
Am Montag sollen Präsidium und Parteivorstand der SPD erneut tagen. Konkurrenz macht dem amtierenden Bundeskanzler Olaf Scholz vor allem sein Verteidigungsminister Boris Pistorius, der ausgehend von Umfrageergebnissen als deutlich beliebter in der Bevölkerung gilt. Die Kritik an Scholz ist in den letzten Wochen gewachsen, wie auch die Offenheit der K-Frage in der SPD. Es gibt mehrere potenzielle Szenarien für eine mögliche Antwort auf die K-Frage der Sozialdemokraten, doch eins ist besonders wahrscheinlich.

SPD-Parteispitze will K-Frage endgültig klären - Könnte Scholz zurücktreten?
In dem Treffen am Montag wird die endgültige Entscheidung über einen SPD-Spitzenkandidaten geschlossen. Dort könnte neben Scholz und Pistorius theoretisch auch ein völlig neuer Überraschungskandidat das Rennen gewinnen. Dass dieses theoretische Szenario eintritt, gilt jedoch als extrem unwahrscheinlich und kann quasi vernachlässigt werden. Bleibt also noch die Wahl zwischen Scholz und Pistorius.
Eine erste Möglichkeit wäre ein freiwilliger Verzicht des Kanzlers. Würde Scholz seine erneuten Bestrebungen nach einer Kandidatur zurückziehen, wäre die Wahl quasi gefallen. Auch an Scholz wird die Kritik aus seiner Partei nicht vorbeigegangen sein. Einige SPDler aus verschiedensten Bundesländern sprachen sich offen gegen Scholz und für einen Kanzlerkandidaten aus: Pistorius. Der Verteidigungsminister selbst hat jedoch bisher keine klare Aussage zu einer möglichen Kanzlerkandidatur gefasst. Ein solcher Rücktritt wäre jedoch untypisch für Scholz, der am Dienstagabend bei einem Interview im Rahmen des G20-Gipfels bekräftigte, dass er gemeinsam mit seiner Partei die Wahl gewinnen wolle
Parteispitze der SPD muss entscheiden: Scholz, Pistorius oder ein Überraschungskandidat
Dann liegt es also an der Parteispitze, zu entscheiden. Sie könnte aufgrund der innerparteilichen Stimmung zu dem Schluss kommen, dass Pistorius eher als Scholz der geeignete Kanzlerkandidat wäre. In der Parteispitze ist man sich zu dieser These nicht so sicher: Die Umfragen könnten eine Momentaufnahme sein, dessen Hoch bis zur Bundestagswahl womöglich nicht zu halten wäre. In der SPD nagt man nach wie vor am Trauma um die Kandidatur von Martin Schulz im Jahr 2017. Auch Schulz hatte gute Beliebtheitswerte, verlor nach einer zwischenzeitlichen Euphorie in den Umfragen am Ende aber dennoch deutlich gegen Amtsinhaberin Angela Merkel. Hinzu kommt, dass Pistorius weniger als 100 Tage Zeit für seinen Wahlkampf hätte.
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K-Frage in der SPD: Kann Scholz sich im Sattel halten?
Somit ist das aktuell wahrscheinlichste Szenario, dass der Kanzler die SPD in den Wahlkampf führen wird. Als amtierender Kanzler hat der im Kampf um die Spitzenkandidatur die Argumente auf seiner Seite, denn dass die SPD einen Spitzenpolitiker absägt, ist unwahrscheinlich. Die Sozialdemokraten hoffen nicht zuletzt, das Scholz-Moment der Bundestagswahl 2021 wiederholen zu können. Dort prognostizierte man der SPD eine Schlappe zur Wahl, doch am Ende zog Scholz an seinem Konkurrenten Armin Laschet (CDU) vorbei.
Die Parteispitze könnte allerdings auch überraschen. Laut der Zeit hatten die Co-Vorsitzenden der Bundestagsfraktion, Wiebke Esdar und Dirk Wiese, angegeben „viel Zuspruch für Boris Pistorius“ gehört zu haben. Sie lobten zwar Scholz‘ Verdienste, betonten jedoch, dass es um die „beste Aufstellung“ für die kommende Wahl gehe. Auch ganz oben in der SPD scheint die Kritik einiger SPD-Politiker und Teilen der Bevölkerung also anzukommen. Andere stellten sich allerdings auch explizit gegen die Debatte, wie Parteichefin Saskia Esken, die kürzlich ein Machtwort sprach.
Wie geht es in der K-Frage der SPD weiter? Die möglichen Szenarien
- Scholz wird Kanzlerkandidat
- Scholz zieht seine Kandidatur zurück und macht den Weg für Pistorius frei
- Parteispitze entscheidet sich gegen Scholz und für Pistorius
- Parteispitze entscheidet sich für einen Überraschungskandidaten
Kanzlerkandidat der SPD könnte über Bundestagswahl 2025 entscheiden
Für die SPD könnte die Kanzler-Entscheidung in der Bundestagswahl dramatische Folgen haben, ihnen droht aktuell das schlechteste Bundestagswahlergebnis ihrer Geschichte. Das lassen zumindest die Umfragen zur Bundestagswahl mutmaßen. Allerdings bietet die Entscheidung am Montag auch etwas Positives für die Partei: Gewissheit.
Ohne innerparteiliche Keilereien zur Kanzlerkandidatur könnten auch die Sozialdemokraten, einige Tage später als die anderen Parteien, in den Wahlkampfsprint bis zu den voraussichtlichen Neuwahlen starten. Diese sind aktuell auf den 23. Februar 2025 angesetzt, sollte die Vertrauensfrage wie geplant im Bundestag scheitern. (lismah)