Trumps Zoll-Eskalation: Im Handelskrieg mit den USA fühlt sich China als Sieger
Im Zoll-Konflikt eskaliert Donald Trump weiter. China glaubt, den Handelskrieg mit den USA gewinnen zu können. Aber Peking hat sich getäuscht.
Ob Ukraine-Krieg, der bedrohliche Aufstieg Chinas oder die außenpolitische Kehrtwende der USA unter Donald Trump: Unsere Welt ist im Umbruch. Autoritäre Regime haben Aufwind, westliche Demokratien geraten in der Defensive. Für IPPEN.MEDIA blickt Alexander Görlach in der Videokolumne „Görlachs Weltgeschehen“ regelmäßig auf die Brennpunkte dieser Welt. Görlach ist Geopolitik-Experte und unterrichtet an der New York University.
Herr Görlach, ist aus dem Zollstreit zwischen den USA und China bereits ein offener Handelskrieg geworden?
Nun eskaliert der Handelsstreit zwischen Washington und Peking völlig. Zuerst haben die USA ihre Strafzölle erhöht, daraufhin hat Peking gesagt, dann erhöhen wir unsere Zölle auch. Dann sagte Donald Trump, das ist ja unverschämt, dass ihr euch gegen uns wehrt, dann erhöhen wir unsere Strafzölle ebenfalls. Nun sind diese Strafzölle bei 104 Prozent. Das heißt, alles, was aus China in die USA kommt, ist jetzt doppelt so teuer. Eine Entspannung ist nicht in Sicht. Die USA haben mittlerweile Gespräche mit Japan und Südkorea unter anderem geführt, um in Einzelverhandlungen diese Tarife vielleicht wieder zurückzunehmen. Mit Peking wiederum habe man im Moment kein besonderes Interesse, ein beschleunigtes Verfahren zu beginnen, heißt es aus Washington. Und in Peking seinerseits möchte man auch mit der Trump-Regierung im Moment nicht verhandeln, weil man nicht genau weiß, wohin das überhaupt führen soll.
Trumps Zölle: „Für ihn ist der Streit mit China sehr entscheidend“
Kann Donald Trump diesen Handelskrieg gegen China gewinnen?
Sein Rational dürfte sein, dass wenn die Nummer eins die Nummer zwei schlägt in der Weltrangliste der Volkswirtschaften, dann werden alle andere auch vor ihm kuschen und auf die Knie fallen. Das heißt, für ihn ist dieser Streit mit China sehr entscheidend. Peking muss aus seiner Sicht klein beigeben und einlenken, sodass er die Oberhand hat, auch in anderen Verhandlungen.
Nun, die Volksrepublik selber hat in den vergangenen fünf, sechs Jahren ihren Außenhandel mit den Vereinigten Staaten schon heruntergefahren. Man erinnert sich eben dort auch noch sehr genau an die erste Amtszeit von Donald Trump, und man möchte also so weit wie möglich diesen Handel mit den USA zurückfahren. Das war also auch schon vor der jetzigen Eskalation der Wunsch von Xi Jinping. Und gleichzeitig hat man auch begonnen, mit den Ländern in Asien, mit anderen Absatzmärkten zu verhandeln, um dorthin mehr zu exportieren. Das heißt China ist im Moment nicht so sehr abhängig von Amerika, als es noch unter der ersten Ägide von Donald Trump war. Und von daher ist dieses Kräfteringen jetzt bei allem, bei Weitem noch nicht entschieden.
Zoll-Streit zwischen USA und China: „Was das Ziel Donald Trumps ist, bleibt unklar“
Zur Person
Professor Alexander Görlach unterrichtet Demokratie-Theorie und -Praxis an der New York University. Der Geopolitik-Experte hatte verschiedene Positionen an der Universitäten Harvard und Cambridge inne. Unter anderem erschien von ihm „Alarmstufe Rot: Wie Chinas aggressive Außenpolitik im Westpazifik in einen globalen Krieg führt“ (2022).

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Kann Trump sein Ziel erreichen, wieder mehr Industrieproduktion in die USA zu holen?
Ja, was das Ziel Donald Trumps ist mit dieser Strafzollpolitik, bleibt unklar. Darüber streiten die Gelehrten. Er selbst sagt immer wieder, dass er unter anderem möchte, dass Produktionsstätten aus China zurück in die Vereinigten Staaten von Amerika kommen. Und da steckt der Gedanke mit dahinter, dass in China ja die Arbeitskräfte einfach nur billig sein und wenn man das sozusagen ändert, die zurückholt in die USA, wenn die Zölle, die Einführgebühren zu hoch sind, dann lohnt sich das gar nicht mehr in Fernost. Aber so einfach ist es nicht. Hersteller wie Apple betonen immer wieder, dass eben die Arbeitnehmerinnen und Arbeiter in China sehr, sehr gut ausgebildet sind, gute Facharbeiter sind, auch Hunger haben, also Lust haben, was zu gestalten, was zu erreichen. Das heißt, hier ist China eben nicht nur ein Billiglohnland, sondern es verfügt über gut ausgebildete Arbeitskräfte, und das muss Donald Trump ja eigentlich dann auch in seinem Land erreichen, und das ist eher schwierig.
Denn in China, wo die Gesundheitsversorgung, wo die Schulbildung für alle gewährleistet ist, anders als in den USA, wo das alles sehr viel kostet, ist es einfach nicht nur damit getan, die Zölle zu erhöhen und dann zu hoffen, dass man mehr Geld in den Staatskassen hat. Man muss ja auch etwas tun für die normalen Leute, für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Und da hat Donald Trump eigentlich noch gar nichts angekündigt, wie er denn eigentlich sichern will, dass zukünftige Produktionsstätten mit Amerikanerinnen und Amerikanern besetzt werden, die dort dann eben auch die Arbeit tun, die im Moment von hoch qualifizierten Menschen in Shanghai beispielsweise abgeliefert wird.
China will vom Zoll-Streit mit Trump profitieren: „So einfach wird das nicht“
Könnte China aus dem Konflikt gestärkt hervorgehen?
Ja, die gegenwärtige Eskalation, die gegenwärtige Krise, in die Donald Trump die freie Welt gestürzt hat, die mag Xi Jinping durchaus recht geben, mit dem, was er schon immer gesagt hat: dass Amerika, dass die freie Welt, der Westen, im Abstieg sich befänden. Das würde umgekehrt bedeuten, dass China, so stellt sich Xi das vor, nun an die Stelle der Vereinigten Staaten, in die Mitte der Welt rückt und von dort aus eine irgendwie regelbasierte Ordnung zu seinen Gunsten moderiert. Nun, so einfach wird das auch nicht sein.
Denn China selbst, das jetzt betont, dass es sehr gerne an dieser freien Weltordnung, an dieser freien Handelsordnung partizipieren möchte, hat in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten, in denen es eben Mitglied der Welthandelsorganisation war, auch alles getan, um den Glauben an seine Regelfreude zu erschüttern. Der Zugang zum Reich der Mitte ist schwierig, dort zu produzieren ist schwierig. Das heißt also, wenn China jetzt sagt, es möchte die Rolle Amerikas einnehmen, dann müssten dort eigentlich Reformen passieren, die unter Xi Jinping so in den vergangenen zehn Jahren nicht möglich waren. Das heißt also mehr Freiheiten im Produktionsbereich, mehr Kreativität in den Unternehmen, also all das müsste nun langsam Schritt für Schritt beginnen, wenn die Volksrepublik wirklich an die Stelle der USA treten möchte. Und daran bestehen nach wie vor begründete Zweifel, dass das so weit kommen kann.