„Schattenkanzler“ Söder wird zum großen Koalitions-Gewinner – und kriegt „uralten Traum“ erfüllt
Der Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD steht. Während die Parteien sich sortieren, steht ein erster Gewinner schon fest: Markus Söder.
Berlin – Habemus Koalitionsvertrag! Union und SPD sind sich einig, das Konzept für eine neue Bundesregierung steht. Nach langen Verhandlungen in Berlin ist die Marschroute nun gesetzt. Auch erste Listen für die Ministerien-Besetzung unter einem Kanzler Friedrich Merz kursieren bereits – mit teils überraschenden Namen. Darauf fehlt: der Name Markus Söder. Und dennoch ist der bayerische Ministerpräsident einer der dicken Gewinner der Koalitions-Gespräche zwischen CDU/CSU und SPD.
„Schattenkanzler“ Söder? CSU-Chef geht als Gewinner aus den Koalitionsverhandlungen hervor
„Ich habe das Gefühl, es könnte ein guter Tag für Deutschland und für Bayern werden“, sagte CSU-Chef Söder am Tag der Einigung noch öffentlich. Wohl ahnend, welche Einigung da gelungen ist. Zwar kriegt die SPD etwa die wichtigen Ministerien Finanzen und Verteidigung. Wenn es allerdings so kommt, wie aktuell spekuliert wird, hat Söder vermutlich genau die Trümpfe für seine CSU bekommen, die er so unbedingt wollte. Tatsächlich könnte Söder gar eine Art Schattenkanzler-Einfluss zufallen. Drei Punkte machen ihn nämlich zum großen Koalitionsgewinner.
Da wäre zum einen der wohl dickste Fisch, der laut den Gerüchten an die Schwesterpartei aus Bayern fällt: das Innenministerium. Als Minister gehandelt wird hier Alexander Dobrindt, zuletzt Fraktionschef im Bundestag für die CSU. Erster CSU-Innenminister wäre er nicht, man denke nur etwa an Horst Seehofer unter Angela Merkel. Allerdings wäre Dobrindt damit der Minister, der auch die in der deutschen Bevölkerung als höchst wichtig angesehene Migrationswende umsetzen soll.
Innenministerium fällt in neuer Koalition an CSU – Söders Chance auf Asyl-Einfluss
Das Asylrecht ist auch für Söder ein Kernthema, im gesamten Wahlkampf und im Speziellen auch nach den grausamen Anschlägen von Aschaffenburg und München setzte Bayerns Ministerpräsident sich für einen harten Asylkurs in Deutschland ein. Das dafür zuständige Ressort fällt nun wohl in seine Partei. Das Amt soll zudem mit Dobringt ein enger Vertrauter Söders innehaben.
Ein gewisser bayerischer Einfluss nach dem Geschmack eines Markus Söder scheint da nicht unwahrscheinlich. Söder äußerte auf der Pressekonferenz am Mittwochnachmittag zur Vorstellung des Vertrages bereits, er freue sich, dass das Ressort an die CSU gefallen wäre. Bayern sei das „sicherste Bundesland“ in Deutschland, den Kurs könnte man nun in Berlin auch einschlagen.
Ähnliches gilt für ein zweites Ressort: Das Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung. Das soll demnach wohl an Michaela Kaniber gehen. Für das Ressort lief Söder schon lange Werbung, dass er dies in CSU-Hand sehen wolle. Beim politischen Aschermittwoch der CSU hatte Söder noch seinen Kollegen Günther Felßner für den Posten angeworben, der zog die Bewerbung aber zurück. Kaniber galt als Nachrück-Kandidatin – und soll das Ressort wohl nun bekommen.
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CSU soll Landwirtschaftsministerium erhalten – Söder warb lange um Ressort
Kaniber hat das Amt der Landwirtschaftsministerin in Bayern inne, soll nun nach Berlin wechseln. Für Söder ein großer Erfolg, liegen doch fast 32 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe Deutschlands auf bayerischem Grund. Es ist also nur in Söders Interesse, hier eventuell auch Einfluss nehmen zu können. Und das scheint auch möglich, denn Kaniber gilt als treue Anhängerin Söders. Und außerdem bietet das Söder auch gleich die Möglichkeit, seinem erklärten Erzfeind der Ampel-Regierung, den Grünen, eins auszuwischen. Zuvor lag das Ressort bei Cem Özdemir. Jetzt kann Söder, der sich online gern als Fleisch-Freund inszeniert und beim WahlFORUM von IPPEN.MEDIA mit dem Satz, im veganen Restaurant bestelle er am liebsten das Taxi von dort weg einen seiner größten Social-Media-Klickerfolge erzielte, dürfte den Einfluss also für sich zu nutzen wissen.
Thema Einfluss: Der ist nämlich gleich Söders dritter Erfolg aus den aktuellen Koalitionsverhandlungen. Der CSU-Chef macht seit jeher keinen Hehl daraus, dass er unbedingt einen stärkeren Einfluss aus Bayern in Berlin haben möchte. Den hat er nun definitiv erreicht. Nicht zuletzt allein schon, weil er neben Friedrich Merz und den Parteichefs der SPD, Lars Klingbeil und Saskia Esken, bis zur allerletzten Sekunde mit am Verhandlungstisch saß. Auch, weil ihm sogar eine ganz neue Rolle zufallen könnte.
Söder geht gestärkt aus Koalitionsverhandlungen – und soll wohl ganz neue Rolle in Berlin erhalten
Wie die Bild am Dienstag berichtete, soll Söder nämlich zwar in Bayern Ministerpräsident bleiben, seine Meinung in Berlin aber regelmäßig kundtun dürfen. Demnach solle Söder mit in den Koalitionsausschüssen sitzen. Die sollen laut dem Bericht alle 14 Tage stattfinden und die Parteichefs Merz, Klingbeil und Söder sowie die Fraktionsvorsitzenden und Generalsekretäre umfassen. Söder soll die Gelegenheit bekommen, als einziger eben nicht in Berlin ansässiger Politiker in der Runde den Kurs Bayerns und der CSU einzubringen.
Ein kleiner Zusatz noch: Söder schaffte es, einen „uralten Traum“ der CSU erfüllt zu kriegen, wie er auf der Pressekonferenz am Mittwoch mitteilte. Denn die CSU erhält nun erstmalig auch einen Staatsminister im Auswärtigen Amt. Auch da wolle man jetzt also mitmischen.
Auch wenn er selbst, also als Name nicht in den Ministerien sitzt, geht Söder in jedem Fall gestärkt in die neue Legislaturperiode unter seinem Kanzler-Kumpel Friedrich Merz. Die Bild hob Söder in der Rolle gar zum „heimlichen Vizekanzler“ auf. Den offiziellen Vizekanzler-Titel wird Söder sicher nicht bekommen. Die Rolle „Schattenkanzler“ mit ordentlich Mitspracherecht scheint aber realistisch.