Elektronik, Erdöl, Flugzeuge - Trumps Wille geschehe? Wo Deutschland von den USA abhängig ist
Der neue US-Präsident Donald Trump hat bereits vor seiner Amtseinführung am Montag deutlich gemacht, dass der Umgang Deutschlands mit ihm schwierig werde. Die Verteidigungsausgaben hierzulande sollen auf fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes steigen, forderte er mehrfach. Das würde der Hälfte des gesamten Bundeshaushalts entsprechen. Strafzölle von bis zu 20 Prozent auf alle europäischen Waren sollen eingeführt werden – ein GAU für die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft.
300.000 Arbeitsplätze in Deutschland gefährdet
Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) rechnete bereits aus, dass allein dies hierzulande 300.000 Arbeitsplätze gefährden könnte. Und nicht zuletzt möchte Trump, dass die EU ihre strengen Datenschutz- und Wettbewerbs-Regeln für Tech-Konzerne lockert. Kein Wunder, sind doch Tesla-Chef Elon Musk, Amazon-Chef Jeff Bezos und Meta-Chef Mark Zuckerberg jetzt seine treuen Freunde.
Normalerweise würde man jedem raten, solches Bully-Gebaren einfach zu ignorieren. Doch Trump und die USA haben Druckmittel, mit denen sie ihren Willen zur Not durchsetzen können. Die deutsche Wirtschaft kann in vielen Bereichen zumindest kurzfristig nicht ohne die USA, weswegen diese uns wiederum großen wirtschaftlichen Schaden zufügen können. In diesen Bereichen sind wir von den Amerikanern abhängig.
Die USA sind der wichtigste Absatzmarkt
In kein Land exportierten deutsche Unternehmen 2023 mehr Waren und Dienstleistungen als in die USA. 158 Milliarden Euro betrug das Ausfuhrvolumen, fast 40 Milliarden Euro mehr als zum zweitplatzierten Frankreich. Strafzölle würden deutsche Unternehmen hier also empfindlich treffen, vor allem, wenn sie nicht nur die Einnahmen senken, sondern auch dazu führen, dass US-Konsumenten und -Kunden Produkte dann bei anderen, günstigeren Konkurrenten einkaufen.
Schlimmer noch: Fangen die USA erst einmal mit Strafzöllen an, wird die EU aus Vergeltung ebenfalls Zölle auf US-Produkte erlassen. Das verteuert wiederum einige Waren in Deutschland, die auf solche Produkte angewiesen sind und löst einen Teufelskreis aus. Wie weit so ein Handelskrieg gehen könnte, ist unklar. Trumps Vorgehen gegen chinesische Unternehmen in seiner ersten Amtszeit zeigt aber, dass er nicht davor zurückschreckt, einzelne Konzerne direkt vom US-Markt auszuschließen. Das IMK rechnet damit, dass 1,2 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland von Exporten in die USA abhängen. Am stärksten ist die Pharmaindustrie betroffen, in der 28 Prozent aller Jobs den Handel mit den USA brauchen.
Digitale Geräte
Laptops, Software, Sicherheitsanwendungen, künstliche Intelligenzen, Apps und IT-Beratung: Diese Liste an elektronischen und digitalen Produkten, bei denen deutsche Firmen sich selbst eine Abhängigkeit von den USA attestieren, ist lang. In einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom von Ende des vergangenen Jahres gaben 81 Prozent der Unternehmen an, von den USA abhängig zu sein. Rund die Hälfte wollen jetzt wegen Trump ihre Geschäftsstrategie ändern oder Lieferketten ändern.
Die Erfolgsaussichten sind aber mau: Nur 7 Prozent der Unternehmen glauben, dass sich ihre Abhängigkeit in den kommenden fünf Jahren verringern wird, 60 Prozent gehen sogar vom Gegenteil aus. Würde Trump die Exporte solcher Produkte nach Deutschland sperren, könnte die Hälfte der deutschen Wirtschaft das maximal ein Jahr aushalten, kaum ein Unternehmen aber länger als zwei Jahre.
Eine schnelle Lösung für dieses Problem wird es nicht geben. Der Branchenverband Bitkom ruft nach der Politik, die die digitale Wirtschaft hierzulande stärker fördern soll, um den Technologievorsprung der US-Amerikaner auszugleichen. Selbst bei der optimalen Politik wird aber während Trumps Amtszeit kein europäisches Apple oder Intel konkurrenzfähig zu den US-Produkten werden – insbesondere jetzt, wo diese als große Trump-Unterstützer in den USA noch stärker protegiert werden dürften.
Halbleiter
Die digitale Industrie in Deutschland ist von Halbleitern und Mikrochips abhängig. Die werden immer seltener lokal in Europa produziert, sondern aus den USA und Asien importiert. 2022 erreichte das Handelsdefizit der EU in diesem Bereich seinen Höhepunkt – auch wegen der durch die Corona-Krise stark erhöhten Preise. Es hat sich seitdem wieder etwas gesenkt, liegt aber immer noch im Bereich von mehr als einer Milliarde Euro pro Monat.
In den USA werden zwar nach Angaben der Semiconductor Industry Association (SIA) nur 12 Prozent aller Halbleiter weltweit produziert, US-Konzerne kontrollieren weltweit aber rund 46 Prozent der Produktion. Damit sind sie noch vor Konkurrenten aus Taiwan und China in Front.
Auch diese Abhängigkeit lässt sich nur schwer bekämpfen: „Es gibt einen intensiven Subventionswettlauf bei Chips“, sagt das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in einer Analyse aus dem vergangenen Sommer. Deutschland hatte versucht, sich durch die Intel-Fabrik in Magdeburg daran zu beteiligen und dafür 9,9 Milliarden Euro Subventionen versprochen. Die werden zu Recht kritisch gesehen: „Die Gefahr ist, dass knappe Finanzmittel zur Subventionierung von durchaus profitablen Unternehmen verwendet werden“, schreiben die IW-Ökonomen, „Gleichzeitig entsteht ein Erpressungspotenzial zur Erlangung weiterer Subventionen in der Zukunft.“ Besser sei es, die Lieferketten hier zu diversifizieren und Chips vermehrt aus Asien einzukaufen. Ohne die USA wird es aber nicht gehen.
Erdöl und Erdgas
2022 war Russland noch unser wichtigster Handelspartner für Erdöl und Erdgas, doch durch den Angriffskrieg gegen die Ukraine mussten 25 Prozent der Einfuhren auf andere Länder verteilt werden. Die USA waren davon neben Norwegen der größte Profiteur. 2023 machten sie 18,09 Prozent unserer Erdöl-Importe aus, 4,75 Prozentpunkte mehr als im Jahr davor.
Bei Erdgas ist die Situation etwas komplexer. Zwar bezieht Deutschland auch direkt Flüssiggas aus den USA, doch das macht unter den gesamten Gasimporten nur einen Bruchteil aus. Aber: Deutschland bezieht US-Gas auch indirekt, weil dieses etwa nach Belgien und in die Niederlande geliefert wird, von denen wir es dann wiederum als Erdgas beziehen. So hat US-Flüssiggas nach Berechnungen des IW einen Anteil von 13,5 Prozent an allen deutschen Gasimporten.
Diese Abhängigkeit von Öl und Gas aus den USA sollte sich aber mit der Zeit von selbst verkleinern, je mehr erneuerbare Energien in Deutschland ausgebaut werden und fossile Energieträger somit zumindest fürs Heizen und den Verkehr immer weniger gebraucht werden. Ganz verschwinden werden die Importe aber nicht. Manche Industrien, etwa die Chemiebranche, werden weiter Öl brauchen, und Erdgas bleibt für den Betrieb von Gaskraftwerken wichtig.
Luft- und Raumfahrt
Die Lufthansa setzt als größte deutsche Fluglinie zwar überwiegend auf Airbus-Flugzeuge, doch 70 Maschinen, rund zehn Prozent der Flotte, stammen von Boeing. Eine wirkliche Abhängigkeit ist das aber nicht. Anders sieht es bei den Komponenten aus: Airbus etwa bezieht fast alle seine Triebwerke aus den USA. General Electric hat als wichtigster Hersteller einen Marktanteil von 55 Prozent weltweit, wobei zwei Drittel davon in Kooperation mit dem französischen Konzern Safran gebaut werden. Dahinter folgt der US-Hersteller Pratt & Whitney mit 26 Prozent Marktanteil. Beide Zahlen gelten noch für 2023. Auch viele andere Komponenten aus der Elektronik und Steuerung eines Passagierflugzeuges oder hochwertige Materialien werden zu großen Teilen von US-Konzernen eingekauft. Hier könnte Trump etwa den US-Hersteller Boeing künstlich pushen, in dem er Airbus das Lebens schwerer macht.
Gleiches gilt in anderen Bereichen der Luft- und Raumfahrt. Ohne das US-System GPS wäre Navigation in Europa nur schwer möglich, ohne SpaceX könnte auch Deutschland seine Satelliten nicht in die Umlaufbahn bringen. Deren Hard- und Software sowie Komponenten werden zudem zusammen mit der US-Behörde NASA entwickelt und oft von US-Konzernen gebaut und dann importiert.
Militär
So sehr auch Rheinmetall und andere deutsche Rüstungsunternehmen von der Zeitenwende der Bundeswehr profitieren, stammen doch viele der fortschrittlichsten Waffen- und Verteidigungssysteme aus den USA. So bestellte die Bundeswehr Ende vergangenen Jahres 35 Kampfflugzeuge des Typs F-35 bei Lockheed Martin in den USA. Dort werden auch die deutschen Piloten ausgebildet. Vergangenes Jahr lieferte der Konzern sechs Transportflugzeuge des Typs C-130J Super Hercules. Sollte die Bundeswehr in den kommenden Jahren ihren Bestand an Kampfdrohnen aufbauen wollen, würden diese wohl ebenfalls aus den USA kommen. Würde Trump hier Restriktionen einbauen, würde das die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr empfindlich treffen. Allerdings dürfte das von allen Bereichen der unwahrscheinlichste sein. Schließlich will Trump ja gerade, dass andere Nato-Länder mehr Geld für Rüstung ausgeben – also auch mehr in den USA einkaufen.