Schneller Zwist: SPD-Gruppe fordert Ablehnung vom Koalitionsvertrag
Erst Mittwoch wurde der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD vorgestellt. Nun regt sich Widerstand aus der SPD. Ist die Koalition in Gefahr?
Berlin – Lars Klingbeil, Saskia Esken, Markus Söder und Friedrich Merz präsentieren den Koalitionsvertrag im Paul-Löbe-Haus. Ein heiß diskutiertes Thema: Migrationspolitik. Nicht einmal 24 Stunden nach der Präsentation, regt sich erster Widerstand gegen den Koalitionsvertrag. Eine Arbeitsgruppe des kleinen Koalitionspartners befürchtet, dass die migrationspolitischen Ambitionen des Koalitionsvertrags, einen „Katalysator für rechte Kräfte“ darstellen könnten. Muss sich Friedrich Merz‘ frisch gegründete Regierung ihrem ersten Härtetest unterziehen?
Arbeitsgruppe mit Vorwurf: Koalitionsvertrag sei nicht mit sichtbarer SPD-Handschrift versehen
Ein Mitglied der Arbeitsgruppe „Vielfalt und Integration“, Aziz Bozkurt, äußerte sich gegenüber focus.de: Die Gruppe erkenne die Bemühungen der SPD-Verhandler an, die rechtswidrigen Prüfungen auf Aberkennung der Staatsbürgerschaft herausverhandelt zu haben. Dennoch ist der „Vertrag […] im Bereich Migration und Integration […] keinesfalls mit einer sichtbaren Handschrift der SPD versehen.“
Bei der gestrigen Verkündung des Koalitionsvertrags hatte Merz entschiedene Maßnahmen für die innere Sicherheit versprochen. Dazu hätten sich Union und SPD auf eine „Rückführungsoffensive“ und eine Beendigung der „freiwilligen Aufnahmeprogramme“ geeinigt. Dieser Stopp würde eine Beendigung des Familiennachzugs und die Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsländer bedeuten. Die „Turbo-Einbürgerung“, welche die Ampel einführte, solle laut Merz ebenfalls abgeschafft werden. Beide Koalitionspartner hätten sich auf diese Wende geeinigt.
Arbeitsgruppe ruft zur Ablehnung des Koalitionsvertrags auf
Bezugnehmend auf den Koalitionsvertrag erklärt Bozkurt auf Anfrage von focus.de: Es gebe in der Migrationspolitik viele „rechtlich fragwürdige Vorhaben“ und „offene Baustellen“. Er stellt im weiteren Verlauf klar: Wir „als Fachexpertinnen und -experten für Migration und Teilhabe [lehnen] den Koalitionsvertrag entschieden ab und rufen alle SPD-Mitglieder auf, diesem Entwurf nicht zuzustimmen.“
Laut dem SPD-Abgeordneten bestünde mit dieser politischen Wende die Gefahr, dass diese als „Katalysator für rechte Kräfte“ wirken könnte. Es sei „ein Hohn“ dass legale Migrationswege ausgeschlossen werden, und „eine schwere Hypothek mit Blick auf 2029“.

Meine News
„Vielfalt und Integration“: Erster Fallstrick für schwarz-rote Koalition?
Der Koalitionsvertrag muss noch von den Parteien bestätigt werden: Bei der SPD werden voraussichtlich die Parteimitglieder über die mögliche Koalition entscheiden. Je nachdem, wie die Bedenken der Arbeitsgruppe „Vielfalt und Integration“ innerparteilich ernst genommen werden, könnte sich hier also eine Hürde für Friedrich Merz neue schwarz-rote Regierung herausstellen.
Zur Bestätigung des Koalitionsvertrags reicht bei den Christdemokraten ein sogenannter kleiner Parteitag. In Bayern reicht der Beschluss des Parteivorstands aus. (ko)