AfD bietet Merz (fast) das schwedische Modell an – Experte warnt vor neuen Problemen

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Die AfD feiert 20 Prozent bei der Bundestagswahl – und erhöht direkt den Druck auf Friedrich Merz. Womöglich haben die Rechtspopulisten Schweden im Sinn.

Berlin/Leipzig – Die AfD wird im neuen Bundestag die zweitstärkste Kraft sein. Und das könnte für die Wahlsiegerin Union zum Problem werden. Die Rechtspopulisten machten Friedrich Merz‘ und Co. schon kurz nach Schließung der Wahllokale erste vergiftete Avancen.

Söder erklärt, Weidel lacht: Impression von der AfD-Wahlparty am Abend der Bundestagswahl 2025.
Söder erklärt, Weidel lacht: Impression von der AfD-Wahlparty am Abend der Bundestagswahl 2025. © Ralf Hirschberger/AFP

„Jetzt muss Friedrich Merz liefern, er hat ein Ehrenwort gegeben, dass er die Migration strikt begrenzen will“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD, Bernd Baumann, der ARD. Dieses „Garantieversprechen“ werde Merz mit den mutmaßlichen Koalitionspartnern SPD oder Grüne aber nicht halten können. „Dann stehen wir bereit“, sagte Baumann. Damit offerierte er gewissermaßen ein „schwedisches Modell“. Und erhöhte – mit rund 20 Prozent der Wählerstimmen im Rücken – den Druck.

AfD erhöht den Druck auf Merz – nach schwedischem Vorbild: „Geht uns nicht um Pöstchen“

In Schweden tragen die rechtspopulistischen Schwedendemokraten die konservative Regierung mit – im Gegenzug gegen Zugeständnisse gerade in der Migrationspolitik, aber ohne Posten in der Regierung. „Uns geht‘s nicht um Posten, Pöstchen, Regierung und so“, erklärte Baumann. Beim Thema Migration aber stehe man bereit.

Merz schloss schon in der traditionellen „Elefantenrunde“ eine Zusammenarbeit mit der AfD aus. Allerdings hatte er auch versprochen, keine Anträge mit möglicher AfD-getragener Mehrheit im Bundestag einzubringen – wie ihm die SPD im Wahlkampf mehrfach vorhielt. Experten erklärten am Wahlabend unserer Redaktion: Die Migrationsabstimmungen im Bundestag stärkten letztlich vor allem die politischen Ränder.

Die große Frage: Wird Merz die AfD dauerhaft ignorieren können und wollen? Der Leipziger Politikprofessor Hendrik Träger sieht Probleme. „Die Union kann zwar gut erklären, warum sie nicht mit der AfD koalieren will“, sagte er dem Münchner Merkur.

Doch im Detail könne der Umgang mit der AfD schwieriger werden. Etwa zu erklären, „warum die anderen Parteien der zweitstärksten Fraktion den Vizeparlamentspräsidentenposten verwehren würden. Das wäre Wasser auf die Mühlen der AfD hinsichtlich ihres Narrativs einer Opferrolle“ – und auch angesichts des hohen Wählerzuspruchs im Osten Deutschlands. Dort ist die AfD stärkste Kraft geworden.

Nach der Bundestagswahl: AfD macht vergiftete Angebote – was tut Trump?

Mit anderen Worten: Die AfD hat mit der Bundestagswahl ein neues Gewicht erlangt. Tatsächlich spielt die in Teilen rechtsextremistische Partei jetzt auf selber Höhe wie die Schwedendemokraten in Schweden – die hatten bei der Wahl 2022 19,1 Prozent der Stimmen geholt. Auch aktuelle Umfragen sehen sie auf diesem Niveau. Die Normalisierung als regierungstragende Kraft hat also keinen Zuspruch gekostet – Ende 2024 trommelte die Partei schon für Regierungsposten nach der nächsten Wahl.

AfD-Chefin Alice Weidel zeigte sich auch in dieser Hinsicht nicht abgeneigt. Man habe im Bundestag bereits einer „guten Initiative“ zugestimmt, der Wähler wolle eine „Migrationswende“, sagte sie in den ARD-„Tagesthemen“. „Das Angebot steht“, betonte sie: „eine Mitte-Rechts-Regierung“. So kommen wird es wohl nicht. „Nein, völlig ausgeschlossen. Ich kenne das Geschäftsmodell dieser Partei hinlänglich – und ich werde es durchkreuzen“, sagte Merz kurz zuvor vor laufenden TV-Kameras mit Blick auf die AfD.

Möglich auch, dass auch Druck von außen kommen wird: Donald Trumps Vizepräsident J.D. Vance hatte bei der Münchner Sicherheitskonferenz ein Ende der Brandmauer gefordert – und die USA scheinen unter Trump vor wenig zurückzuschrecken. Am Wahlabend gab es immerhin keine klaren Signale in dieser Richtung. „Dies ist ein großer Tag für Deutschland“, schrieb er in seinem sozialen Netzwerk „Truth Social“. Die AfD erwähnte er aber nicht namentlich. Deren Fans wetterten schon nach Trumps „Playbook“ in den sozialen Medien.

Merz deutete an, sich nicht beeinflussen lassen zu wollen. Auch nicht von den Vereinigten Staaten. „Die Interventionen aus Washington, die waren nicht weniger dramatisch und drastisch und letztendlich unverschämt wie die Interventionen, die wir von Moskau gesehen haben“, sagte er in der Elefantenrunde. Die Zeiten bleiben aber unruhig. Gerade wohl mit einer starken AfD im Bundestag. Tatsächlich wird eine neue Bundesregierung nicht nur Rückgrat zeigen, sondern auch „liefern“ müssen – auch, wenn das nicht nach Facon der AfD passieren muss. Weiterer Unmut könnte die politischen Ränder weiter stärken. (fn)

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