Merz will das Bauministerium abschaffen: Besiegelt er damit den nächsten AfD-Sieg?

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Die ersten Gerüchte um das neue Merz-Kabinett kursieren schon Stunden nach der Wahl. Eine Nachricht besorgt die Baubranche: Gibt es in der neuen Regierung kein Bauministerium?

Berlin – Mit dem Ergebnis der Bundestagswahl sind eigentlich nur zwei Parteien zufrieden. Die AfD, die zweitstärkste Kraft im Bundestag sein wird, und die Linke, die vor wenigen Wochen noch für tot erklärt wurde. Alle anderen haben sich mehr erhofft. Die Gründe für die Siege der beiden Außenparteien werden die nächste Bundesregierung unter Friedrich Merz (CDU) beschäftigen.

Während bei den AfD-Wählenden das Thema Migration und innere Sicherheit die größte Rolle spielte, ist das bei der Linkspartei nicht ganz so einfach zu greifen. Untersuchungen von infratest dimap zeigen, dass „Soziale Sicherheit“ die Linken-Wählenden am meisten bewegt hat. Beide Wählergruppen gaben zu über 60-70 Prozent an, sich Sorgen um Armut im Alter und die hohen Lebenshaltungskosten zu machen.

Viele Deutsche können sich Mieten kaum noch leisten: Vor allem Geringverdiener leiden

Wer diese Wählerinnen und Wähler gewinnen will, muss sich diese Themen also genau anschauen. Womit wir schnell beim Thema Wohnen wären, dem Bereich, in dem die Kosten über die vergangenen Jahre am stärksten gestiegen sind. Wer nach 2019 in eine Wohnung gezogen ist, muss unabhängig vom Ort (also ob Stadt oder Land) gut 30 Prozent des Nettoeinkommens für die Miete ausgeben, wie das Statistische Bundesamt für das Jahr 2022 ermittelt hat.

Wer noch weiter ins Detail geht, stellt noch erschreckenderes fest: Wer zwischen 1500 und 2000 Euro netto im Monat zur Verfügung hat, muss ganze 44,7 Prozent seines Einkommens für die Miete ausgeben. Familien mit einem Nettoeinkommen von weniger als 1500 Euro im Monat geben bis zu 60 Prozent des Gehalts nur für die Miete aus.

Für diese Gruppe ist es auch so gut wie unmöglich geworden, stattdessen ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen. Wer 2000 Euro netto im Monat verdient, kann sich beim Kredit eine Monatsrate von 700 bis höchstens 900 Euro leisten. Das reicht für den Kauf einer Immobilie, die zwischen 170.000 und 250.000 Euro kostet, je nach Lage. Solche Immobilien gibt es grundsätzlich schon – aber sicher nicht in den nötigen Mengen und an den richtigen Orten. Noch dazu ist davon auszugehen, dass ein bestehendes Haus in dieser Preisgruppe umfangreich saniert werden müsste – ein weiterer Kostenfaktor. Das sozio-oekonomische Panel (SOEP) stellt laut Handelsblatt fest, dass weniger als zwölf Prozent der Mieter und Mieterinnen zwischen 20 und 40 Jahren genug Eigenkapital hätten, um eine Immobilie zu kaufen.

Kein Bauministerium unter Kanzler Merz? Dann könnte die AfD in vier Jahren Wahlsieger sein

Wohnen ist für Haushalte mit wenig oder mittelmäßigem Einkommen also fast unbezahlbar geworden. Und in der aktuellen Wirtschaftslage leidet besonders eine Branche: Die Baubranche. Thomas Reimann, Präsident des Verbands baugewerblicher Unternehmer in Hessen, bringt es im Gespräch mit IPPEN.MEDIA auf den Punkt: „Es werden aktuell so gut wie keine neuen Wohngebäude gebaut“. Die scheidende Ampel-Koalition hat es versäumt, die Baubranche aus dem freien Fall zu retten – und die Vorschriften für einfaches, schnelleres und kostengünstigeres Bauen zu überarbeiten. „Ein wesentlicher Teil der Bauvorschriften können eigentlich weg“, ist sich Reimann sicher.

Der hessische Wohnungsbauminister Kaweh Mansoori (vorne) mit den Kommissionsmitgliedern, Daniela Matha und Thomas Reimann (von links).
Thomas Reimann (l.) hat die hessische Regierung beim Thema Wohnungsbau bereits beraten. © Monika Müller

Nur sieht es nicht so aus, als ob die nächste Bundesregierung das Thema verstanden hat. Denn laut Medienberichten will Friedrich Merz das Bauministerium abschaffen bzw. das Thema Bauen soll in einem Infrastrukturministerium mit Verkehr und Energienetze zusammengeführt werden. „Das wäre ein elementarer Fehler. Die Bauwirtschaft würde dann in dem neuen Ministerium untergehen und dann sehen wir in vier Jahren bei der nächsten Bundestagswahl eine ganz blaue Karte“, ist sich Reimann sicher. „Das brennt den jungen Menschen unter den Nägeln, das sieht man doch. Das kann man nicht ignorieren!“ fügt er etwas verzweifelt hinzu. Der Verbandspräsident schlägt vor, das Bauministerium mit einer Person zu besetzen, die aus der Bauwirtschaft stammt. „Wir müssen da jemanden hinstellen, der das Thema verstanden hat“.

Baubranche hat klare Forderungen an Merz und die neue Regierung

Thomas Reimann wüsste auch schon, was er der neuen Ministeriumsspitze raten würde: Die Baurechtsreform anstoßen, die die Ampel-Regierung nicht mehr geschafft hat, die Vorschriften im Bau nach dem Vorbild der neuen Landesregierung in Hessen verschlanken und Käufern die Möglichkeit geben, ihre Erwerbskosten steuerlich abzuschreiben. „Ich bin überzeugt, damit würde Bauen günstiger werden – vielleicht sogar bezahlbar“.

Auch Tim-Oliver Müller vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie fordert ein „starkes Bauressort“ in der nächsten Regierung. „Die Baubranche ist mit ihrem großen Anteil am BIP einer der Wachstumstreiber und ein Grundpfeiler für ein neues Wachstumskonzept“, sagt er IPPEN.MEDIA. Ein „milliardenschweres Investitionsprogramm“ müsse her, um die Gesamtwirtschaft zu stützen. „Bürokratieabbau und einfaches Bauen gehören natürlich mit dazu, aber schnelles Wachstum gelingt kurzfristig nur, wenn jetzt Geld in die Hand genommen wird.“

Auch interessant

Kommentare