Russland-Hardliner Girkin will raus aus dem Gefängnis – und gegen die Ukraine kämpfen

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Nach Kritik an Machthaber Putin sitzt Igor Girkin in Haft. Der russische Ultranationalist will jedoch schleunigst raus aus dem Straflager – und zurück an die Front.

Moskau – Weil er wiederholt sowohl gegen die russische Militärführung als auch Präsident Wladimir Putin schoss, sitzt Igor Girkin in einem Straflager ein. Der Ultranationalist aus Moskau, im Ukraine-Krieg vor allem als Militärblogger bekannt und einflussreich, wurde wegen Aufrufs zum Extremismus zu vier Jahren Haft verurteilt.

Zu Beginn des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine 2014 war Girkin selbst in der Ostukraine aktiv, er führte damals die separatistischen prorussischen Truppen an. Später brüstete er sich damit, den Krieg begonnen zu haben, berichtet die Zeit. Nun will Girkin, alias Strelkow, raus aus der Haft – und erneut in der Ukraine kämpfen.

Anwalt will Girkin aus russischem Straflager holen – Hardliner soll an die Ukraine-Front

Sein Anwalt Alexander Molokow hat am Mittwoch (10. April) verkündet, dass Girkin seine Freilassung aus dem Straflager ersuche, damit er bei Russlands „militärischer Spezialoperation“ in der Ukraine mitkämpfen könne. Das berichtet die russische Nachrichtenseite Pravda unter Berufung auf den Telegram-Kanal Molokows. „Man kann immer Bewährung bekommen, es gibt immer die Möglichkeit, an die Front zu gehen. Ich denke, es ist alles verhandelbar“, erklärte der Anwalt demnach.

Girkins Frau, Miroslawa Reginskaja, schrieb, dass eine Militäreinheit in der selbsternannten „Volksrepublik Donezk“ seine Bewerbung genehmigt habe. Girkin könnte demnach Anführer eines Zugs werden. Dazu veröffentliche sie bereits Ende Januar ein Foto, das die schriftliche Zusage des Militärs zeigen soll.

Igor Girkin, als er zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wird
Bald zurück an der Front in der Ukraine? Igor Girkin, als er zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wird. © Ramil Sitdikov/Imago

„Wenn das Land einen schwierigen militärischen Konflikt durchmacht, ist es ein Verbrechen, einen Offizier, einen Patrioten, der über einzigartige militärische Erfahrungen und Kenntnisse verfügt, nicht an die Front zu lassen“, schrieb sie. Sie warf der russischen Justiz zudem politische Gründe für Girkins Haftstrafe vor. Ein Berufungsverfahren, bei dem sich Girkins Anwälte wohl um dessen Freilassung und Einsatz an der Front bemühen werden, soll am 15. Mai stattfinden.

Darf Girkin überhaupt wieder im Ukraine-Krieg kämpfen?

Obwohl wegen Extremismus verurteilte Personen laut russischem Gesetz der Armee nicht beitreten können, zeigte sich Girkins Anwalt zuversichtlich. Wie er das dennoch erreichen will, teilte er russischen Medienberichten zufolge nicht mit. Es sei möglich, aber unwahrscheinlich, dass Girkin freigesprochen werde oder Präsident Putin ihn begnadige.

Mit seiner Kritik an Putin und der russischen Militärführung hielt Girkin nie zurück. „Russland steht am Rande einer militärischen Niederlage“, hatte er Anfang 2023 geschrieben. „Und auch die Einnahme kleiner Städte und Dörfer ändert nichts an dieser Situation. Nicht nur untalentierte Generäle und selbstsüchtige Beamte sollten zur Verantwortung gezogen werden, sondern auch der Oberbefehlshaber, der sie ernannt hat“, zitiert ihn die Berliner Morgenpost. Putin warf er wenig später erneut Versagen vor. Der Präsident könne sich nicht vom „kompletten Fehlschlag“, der der Krieg gegen die Ukraine sei, zurückziehen, ohne seinen „Alpha-Status“ zu verlieren, wie er auf seinem Telegram-Kanal schrieb.

Girkin hatte eigentlich politische Ambitionen, Putin in dessen Amt zu beerben. Der amtierende Präsident sei „zu freundlich“. Doch vor allem die Haftstrafe machte ihm einen Strich durch die Rechnung.

Im Westen gilt Girkin als Kriegsverbrecher. 2022 hatte ihn ein Gericht in den Niederlanden in Abwesenheit wegen des Abschusses des Passagierfluges MH17 über der Ostukraine zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Auch für weitere Kriegsverbrechen im Donbass soll er verantwortlich sein. Girkin strebt an, ukrainische Gebiete unter dem Namen „Noworossija“ (Neurussland) in die russische Föderation aufzunehmen. (lrg)

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