Bürgergeld und Rente: Ausgaben explodieren – und das Ende ist noch lange nicht erreicht
Der Etat für Arbeit und Soziales im Bundeshaushalt wächst stärker als das Bruttoinlandsprodukt. Bis 2029 sollen noch einmal einige Milliarden dazukommen.
Berlin – Die Ausgaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales steigen kontinuierlich. So erhöhte sich der Sozialetat von 129 Milliarden Euro im Jahr 2016 auf 182 Milliarden Euro im vergangenen Jahr – ein Anstieg von 40 Prozent. Die Ausgaben für die Grundsicherung für Arbeitssuchende, das heutige Bürgergeld, stiegen sogar um die Hälfte. Beide Steigerungsraten lagen damit über dem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 35 Prozent.
Rechnungshof erwartet stark steigenden Sozialetat: Von 190,3 auf 219,2 Milliarden Euro
Dies geht aus einem Bericht des Bundesrechnungshofs an den Haushaltsausschuss des Bundestages hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Für das laufende Jahr sieht der Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 190,3 Milliarden Euro für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales vor. Mit einem Anteil von 37,8 Prozent ist dies der bei Weitem größte Posten im gesamten Bundeshaushalt in Höhe von 500,3 Milliarden Euro. Der zweitgrößte Posten ist der Wehretat mit 62,4 Milliarden Euro (12,4 Prozent des Bundesetats).

Und das Ende der Fahnenstange ist nach Ansicht des Rechnungshofs noch lange nicht erreicht. Die Kontrollbehörde erwartet, dass der Sozialetat bis 2029 noch einmal um rund 29 Milliarden Euro auf dann 219,2 Milliarden Euro anwachsen wird. Grundlage für diese Berechnung sind bereits bekannte Pläne, etwa zur Sicherung des Rentenniveaus und zur Mütterrente sowie zur Vergabe von Darlehen an die Bundesagentur für Arbeit.
Rechnungshof erwartet stark steigenden Sozialetat: Reformbemühungen überzeugen nicht
Die Kontrollbehörde fordert deshalb eine bessere Umsetzung bereits gestarteter und angedachter Reformen. Kritisch bewertet der Rechnungshof frühere Ankündigungen großer Einsparungen durch die schnellere Vermittlung von Bürgergeld-Empfänger in Arbeit. „Reformbemühungen konnten bisher nicht vollends überzeugen“, heißt es in dem Bericht. So habe der „Jobturbo” seine Einsparerwartungen beim Bürgergeld und den Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht erreicht.
Der Jobturbo sollte unter anderem Geflüchtete aus der Ukraine schneller aus dem Bürgergeld in Jobs bringen. Das gelang zum Teil: Die Beschäftigungsquote der Ukrainer wuchs von 24,8 Prozent im Oktober 2023 auf nun 33,2 Prozent. Die Einsparerwartung von einer Milliarde Euro für das Jahr 2024 habe sich jedoch nicht erfüllt, resümiert der Rechnungshof.
Bereits Ende 2024 stellte der Rechnungshof in einem Kontrollbericht fest, dass die Betreuung ukrainischer Geflüchteter durch die Jobcenter mangelhaft ist. Demnach fand in 32 Prozent der Fälle während eines Integrationskurses keine Beratung statt. Zudem erhielten viele Geflüchtete nach dem Kurs keine Vermittlungsvorschläge.
Rechnungshof erwartet stark steigenden Sozialetat: Defizite im Vermittlungsprozess
Die Rechnungsprüfer kritisieren, dass es den Jobcentern nach wie vor nicht ausreichend gelingt, erwerbsfähige Leistungsberechtigte zu aktivieren. Dadurch bleiben vorhandene Beschäftigungspotenziale ungenutzt. Aus Sicht des Rechnungshofs sind hierfür „Defizite im Vermittlungsprozess“ mitverantwortlich.
Hier sehen die Prüfer Handlungsbedarf. „Künftige Reformbemühungen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende sollten daher beispielsweise den Arbeitskräftebedarf und die Beschäftigungspotenziale besser zusammenbringen, die Steuerung durch den Bund neu regeln und das Fördern und Fordern bestmöglich zusammenwirken lassen.“
Auch die Kosten für den Bundesrechnungshof sind im Bundeshaushalt verzeichnet. Demnach stiegen die Ausgaben für die Behörde von 162 Millionen Euro im Jahr 2016 auf 191,8 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Das entspricht einem Plus von rund 18,4 Prozent. Für dieses Jahr sind 195,9 Millionen Euro vorgesehen.