Ampel-Streit um Bundeshaushalt 2025: FDP erwägt Bürgergeld-Reform

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Der Haushaltsstreit brodelt weiter gewaltig: Zuletzt fachte ihn unter anderem CSU-Politiker Dobrindt an. Was aber sind neben der Schuldenbremse die Kernpunkte des Konflikts?

Berlin – Ursprünglich hatte sich die Ampel-Koalition bis zum 3. Juli auf einen Bundeshaushalt für 2025 einigen wollen. Doch daraus wird nichts mehr: Für die Koalitionspartner war der Termin wegen der bislang ausgebliebenen Einigung nicht mehr zu halten. Nun wollen SPD, Grüne und FDP bis zum 17. Juli einen Kompromiss finden. Zur Finanzierung des Bundesetats für 2025 fehlen der Bundesregierung aktuell bis zu 40 Milliarden Euro.

In Zeiten schwacher Konjunktur haben es die Parteien der Ampel-Koalition in ihren zähen Verhandlungen zum Bundeshaushalt 2025 neben dem viel diskutierten Streitthema Schuldenbremse aber noch mit einer Reihe weiterer Themen mit Streitpotenzial zu tun. So rückt in diesen Tagen vor allem der Streitpunkt Sozialausgaben immer weiter ins Zentrum der Debatte um den Bundeshaushalt für das kommende Jahr – und allen voran das Thema Bürgergeld.

FDP fordert eine Bürgergeld-Reform, um defizitären Bundeshaushalt auszugleichen

Nachdrücklich in die Debatte um den Bundeshaushalt eingebracht worden war das Thema Bürgergeld Mitte Mai (17. Mai 2024) von Sozialminister Hubertus Heil (SPD). Damals kündigte Heil an, ab Anfang 2025 werde es keinen weiteren starken Anstieg für Bürgergeldbezieher geben. Den Liberalen um Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) geht das allerdings nicht weit genug.

„Die Schuldenbremse gilt, und wir müssen mit dem Geld auskommen, das wir haben. Und das bedeutet unter anderem, dass mehr Menschen, die arbeiten könnten, auch arbeiten, statt Bürgergeld zu beziehen. Und da müssen wir an den Gesetzen noch mal arbeiten, müssen sie anschärfen“, sagte Lindner dem Nachrichtensender Welt TV. Damit äußerte er sich in sehr ähnlicher Weise zu FDP-Politiker Christian Dürr, der am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin betonte, der Staat müsse mit den finanziellen Mitteln auskommen, die ihm zur Verfügung stehen.

Angesichts der angespannten Haushaltslage drängte am Mittwoch (26. Juni 2024) auch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) auf eine Bürgergeld-Reform. „Wir haben eine erfreulich niedrige Arbeitslosenquote, zugleich aber erschreckend hohe Ausgaben für den Sozialstaat“, sagte Buschmann der Rheinischen Post (RP).

FDP-Politiker Buschmann: Bürgergeld nur für diejenigen, „die sich nicht selbst versorgen können“

„Da liegt es doch auf der Hand, dass hier ein Störgefühl entsteht“, sagte der FDP-Politiker gegenüber der RP weiter. Buschmanns Ansicht nach müsse viel eher sichergestellt werden, dass das Bürgergeld auch wirklich nur denen zukommt, „die sich nicht selbst versorgen können.“ Dagegen solle die staatliche Hilfe nicht zu einer Alternative für diejenigen geraten, „die keine Lust auf legale und für sie vorhandene Erwerbsarbeit haben“, betonte er weiter.

Beim Thema Bürgergeld hat die FDP eine Reihe konkreter Pläne vorliegen. Sie will unter anderem den Druck auf Arbeitsverweigerer deutlich erhöhen. Für Bürgergeld-Empfänger, die hartnäckig eine Arbeitsaufnahme verweigern, soll ein Leistungsverbot für bis zu drei Jahre eingeführt und geltend gemacht werden. Sollten wichtige Termine grundlos versäumt werden, droht den Bürgergeld-Beziehern zudem eine Kürzung ihres Regelbedarfs um 30 Prozent. Damit soll der Druck auf Arbeitsverweigerer erhöht werden.

Marco Buschmann (FDP), Bundesminister der Justiz im Bundestag

Zugleich wies Buschmann den umstrittenen Vorstoß von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zurück, Kriegsflüchtlinge in die Ukraine zurückzuschicken, wenn sie in Deutschland keine Arbeit finden oder annehmen. „Ich habe Zweifel, ob Herr Dobrindt im Blick hatte, was verfassungs- und europarechtlich möglich ist“, sagte er. „Wir sollten eher schauen, wie wir Ukrainer, die bei uns Schutz suchen, schneller und in größerer Zahl in den Arbeitsmarkt integrieren“, fügte Buschmann gegnüber der RP hinzu. Auch In der Unionsfraktion erntete Dobrindt für seine Äußerung reichlich Kritik: Von einer „schrägen Debatte im falschen Ton zur falschen Zeit“ sei hinter vorgehaltener Hand die Rede, wie die ARD-Tagesschau am Dienstagabend ausgehend von Reaktionen aus Regierungskreisen meldete.

Das Defizit im Bundeshaushalt könnte ab 2025 zu höheren Rentenbeiträgen führen

Ein anderes zentrales Thema im Haushaltsstreit der Ampel ist die Rentenpolitik. Mit dem viel diskutierten und nun beschlossenen Rentenpaket II verspricht die Koalition, das Rentenniveau für die kommenden 15 Jahre bis 2039 auf 48 Prozent des Durchschnittseinkommens von Rentnern zu halten. Dies aber bedeutet auch, dass die Rentenbeiträge der heutigen Beitragszahler steigen werden – und mit ihnen der Zuschuss zur Rentenkasse aus dem Bundeshaushalt.

Indem die Ampel das Rentenpaket II beschloss, fiel damit auch die nun sogenannte erweiterte Haltelinie. Bislang schrieb diese vor, dass Krankenkassen-Beitragssätze nicht über 20 Prozent steigen dürfen. Mit dem Wegfall der Richtlinie ermöglicht die Bundesregierung nun auch potenzielle künftige Erhöhungen des Beitragssatzes, die über 20 Prozent liegen. Aktuell liegt der Beitragssatz für Arbeitnehmer und Arbeitgeber insgesamt bei 18,6 Prozent.

Um die Finanzierung von Renten zu sichern, könnte die Ampel Focus Online zufolge zunächst womöglich auf Rücklagen der Rentenversicherung zurückgreifen – aber auch eine Beitragserhöhung sei dann denkbar. Ab 2028 ist sogar eine Erhöhung auf 20 Prozent bereits beschlossene Sache. Und ab 2035 ist geplant, den Beitrag weiter zu erhöhen: dann auf 22,3 Prozent. (fh)

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