Kritik an Bidens Wahlkampfteam: Familie des US-Präsidenten stärkt seinen Rücken

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Bidens Auftritt im TV-Duell gegen Ex-Präsident Trump gilt als Desaster. Seine Familie soll das Wahlkampfteam für den Abend verantwortlich machen.

Washington, D.C. – Die Familie von US-Präsident Joe Biden ermuntert den 81-Jährigen nach seinem Debakel im TV-Duell gegen Herausforderer Donald Trump angeblich dazu, im Rennen ums Weiße Haus zu bleiben. Seine Angehörigen hätten dem Demokraten bei einem Familientreffen in Camp David, dem Landsitz des US-Präsidenten nahe Washington, ihre „uneingeschränkte Unterstützung“ angeboten, berichtete der Sender CNN unter Berufung auf zwei nicht namentlich genannte Berater Bidens.

Auch die New York Times schrieb unter Berufung auf Bidens Umfeld, seine Familie plädiere dafür, dass der Demokrat trotz seines desaströsen Auftritts beim TV-Duell gegen den Republikaner nicht aufgibt. Die Debatte über Bidens hohes Alter nimmt unterdessen weiter an Fahrt auf. 

Bidens Schlappe beim TV-Duell: Ehefrau Jill stellt sich hinter den Präsidenten

Biden kam am Wochenende nach einer Reihe von Wahlkampfveranstaltungen in Camp David mit seiner Familie zusammen. Der Trip war bereits länger geplant gewesen. Das Weiße Haus bemühte sich, den Eindruck zu vermeiden, dass es sich um ein Krisentreffen handele. Stattdessen stand ein Fotoshooting mit der berühmten Fotografin Annie Leibovitz auf dem Programm – Bidens Kinder und Enkelkinder reisten eigens dafür an. Biden will am Montagabend (1. Juli, Ortszeit) ins Weiße Haus zurückkehren. Neben seinen Terminen als US-Präsident hat er weitere Empfänge mit Spenderinnen und Spendern der Demokratischen Partei geplant. 

US-Präsident Joe Biden mit seiner Familie am 4. Juli im Weißen Haus. Mit dabei auch Hunter Biden (4.v.l.)
US-Präsident Joe Biden mit seiner Familie am 4. Juli im Weißen Haus. Mit dabei auch Hunter Biden (4.v.l.) © TASOS KATOPODIS/AFP

Biden hofft wie sein Amtsvorgänger Trump auf einen Sieg bei der Präsidentenwahl im November. Bisher deutete vieles auf ein enges Rennen hin. Doch nach Bidens katastrophaler Darbietung beim ersten TV-Duell am Donnerstagabend (Ortszeit) ist in den USA eine Debatte darüber entbrannt, ob der Demokrat wirklich noch für das Amt geeignet ist oder besser einem jüngeren Kandidaten das Feld überlassen sollte. Biden trotzt Rückzugsforderungen bisher und bemüht sich um Schadensbegrenzung. Auch seine Ehefrau Jill stellt sich demonstrativ hinter den US-Präsidenten. 

Der Präsident soll überarbeitet gewesen sein – und war nicht zum Angriff gegen Trump bereit

Das Portal Politico berichtete nun, Bidens Familie habe sich in Camp David besonders über die engsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Demokraten echauffiert. Sie trügen die Schuld am Misserfolg des Präsidenten bei der Debatte, hieß es unter Berufung auf das Umfeld der Familie.

Biden sei nicht bereit gewesen, Trump stärker anzugreifen und habe sich zu sehr darauf versteift, seine Bilanz zu verteidigen, anstatt eine Vision für eine zweite Amtszeit zu skizzieren. Außerdem sei er überarbeitet gewesen, soll die Familie kritisiert haben. Ein ranghoher Mitarbeiter Bidens wies Politico zufolge zurück, dass sich die Wut der Angehörigen gegen bestimmte Mitarbeiter richte. 

Prominenter Spender der Demokraten: Biden-Beraterin Anita Dunn soll gehen

CNN zitiert dagegen eine Person aus dem Beraterkreis, der zufolge die Familie diskutiert haben soll, einen von Bidens Topberatern zu entlassen und weitere personelle Änderungen im Wahlkampf vorzunehmen. Parteiinsider würden die Entscheidung der Beraterinnen und Berater offen infrage stellen, den Präsidenten trotz des Wissens über seinen Zustand ins TV-Duell zu schicken, so CNN.

Der Anwalt John Morgan, ein prominenter Spender der Demokratischen Partei, hat insbesondere die leitende Beraterin Anita Dunn und ihren Ehemann Bob Bauer angegriffen, der Bidens Anwalt ist. Auf X schrieb er am Sonntag: „Biden wurde viel zu lange von dem Wert von Anita Dunn und ihrem Ehemann getäuscht. Sie müssen gehen … HEUTE.“

Mehrheit der Zuschauer hatte kurz nach dem TV-Duell kein Vertrauen in Biden

Zweifel an Bidens Eignung für eine zweite Amtszeit wegen seines hohen Alters gibt es seit Langem. Sollte er die Wahl im November gewinnen, wäre er bei Vereidigung im neuen Jahr 82 Jahre alt. Während die Demokraten gehofft hatten, dass Biden bei der Debatte zeigt, wie fit er noch sei, passierte genau das Gegenteil: Biden verlor bei dem TV-Spektakel vor Millionenpublikum mehrmals den Faden, nuschelte, starrte mit offenem Mund ins Leere und konnte häufig seine Sätze nicht richtig beenden.

Eine CNN-Schnellumfrage unter 565 Zuschauerinnen und Zuschauern des TV-Duells hatte Trump als Sieger gekürt. 67 Prozent seien der Überzeugung gewesen, dass Trump eine bessere Leistung gezeigt habe. 81 Prozent der registrierten Wählerinnen und Wählern, die die Debatte verfolgten, gaben allerdings an, dass diese keinen Einfluss auf ihr Wahlverhalten haben werde. Gleichzeitig hatten den Ergebnissen zufolge 57 Prozent der Zuschauer kein wirkliches Vertrauen in Bidens Fähigkeit, das Land zu führen.

Neue Kandidatur für die Demokraten: Mögliche Nachfolge Bidens ist unklar

Wie sich die Stimmung insbesondere innerhalb der Demokratischen Partei entwickelt, dürfte sich in den kommenden Tagen herausstellen. Dann werden die Blicke auf neuen Meinungsumfragen zur Popularität des amtierenden Präsidenten liegen. Laut einer Umfrage von CBS News sprachen sich in den beiden Tagen nach der Debatte 72 Prozent der registrierten Wählerinnen und Wähler gegen eine Kandidatur Bidens aus, 46 Prozent davon Demokraten.

Beim Parteitag der Demokraten im August soll Biden offiziell Präsidentschaftskandidat seiner Partei werden – es könnte aber sein, dass er seinen Platz doch noch räumen muss. Wer ihm dann nachfolgt, ist allerdings fraglich. Personen, die bislang gehandelt wurden, sind Bidens Vizepräsidentin Kamala Harris, Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom, Michigans Gouverneurin Gretchen Whitmer und sogar die ehemalige First Lady Michelle Obama.

Demokraten stärken Präsident Biden den Rücken

Gleichzeitig haben Parteikolleginnen und -kollegen Biden nach dem TV-Duell den Rücken gestärkt. „Es geht nicht um die Leistung in einer Debatte, sondern um die Leistung in einer Präsidentschaft“, sagte etwa die ehemalige Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, am Sonntag in der CNN-Sendung „State of the Union“. Auch der ehemalige US-Präsident Barack Obama hatte Biden nach dem Duell seine Unterstützung zugesichert. (dpa/ses)

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