Wahlen in den USA - „New York Times“ fordert Biden zum Rücktritt von seiner Kandidatur auf
Nach TV-Duell-Debakel gegen Trump: Bidens Familie gegen Rückzug aus Wahlkampf
Montag, 01. Juli 2024, 07.14 Uhr: Die Familie von US-Präsident Joe Biden ermuntert den 81-Jährigen nach seinem Debakel im TV-Duell gegen Herausforderer Donald Trump angeblich dazu, im Rennen ums Weiße Haus zu bleiben. Seine Angehörigen hätten dem Demokraten bei einem Familientreffen in Camp David, dem Landsitz des US-Präsidenten nahe Washington, ihre „uneingeschränkte Unterstützung“ angeboten, berichtete der Sender CNN unter Berufung auf zwei nicht namentlich genannte Berater Bidens. Auch die „New York Times“ schrieb unter Berufung auf Bidens Umfeld, seine Familie plädiere dafür, dass der Demokrat trotz seines viel kritisierten Auftritts beim TV-Duell gegen den Republikaner Trump nicht aufgibt.
Biden kam am Wochenende nach einer Reihe von Wahlkampfveranstaltungen in Camp David mit seiner Familie zusammen. Der Trip war bereits länger geplant. Das Weiße Haus bemühte sich, den Eindruck zu vermeiden, dass es sich um ein Krisentreffen handele. Stattdessen stand ein Fotoshooting mit der berühmten Fotografin Annie Leibovitz auf dem Programm - Bidens Kinder und Enkelkinder reisten eigens dafür an.
Bericht: Bidens Familie unzufrieden mit Beratern
Biden hofft wie sein Amtsvorgänger Trump auf einen Sieg bei der Präsidentenwahl im November. Bisher deutete vieles auf ein enges Rennen hin, doch Bidens Kritiker sehen sich durch seine desaströse Darbietung beim ersten TV-Duell am Donnerstagabend (Ortszeit) in ihrer Ansicht bestätigt, dass der Demokrat nicht mehr für das Amt geeignet ist und besser einem jüngeren Kandidaten das Feld überlassen sollte. Die Debatte hat rasant an Fahrt gewonnen, doch Biden trotzt derartigen Forderungen bisher und bemüht sich um Schadensbegrenzung. Auch seine Ehefrau Jill stellt sich demonstrativ hinter den US-Präsidenten.
Das Portal „Politico“ berichtete nun, Bidens Familie habe sich in Camp David besonders über die engsten Mitarbeiter des Demokraten echauffiert. Sie trügen die Schuld am Misserfolg des Präsidenten bei der Debatte, hieß es unter Berufung auf das Umfeld der Familie. Biden sei nicht bereit gewesen, Trump mehr anzugreifen und habe sich zu sehr darauf versteift, seine Bilanz zu verteidigen, anstatt eine Vision für eine zweite Amtszeit zu skizzieren. Außerdem sei er überarbeitet gewesen, soll die Familie kritisiert haben. Ein ranghoher Mitarbeiter Bidens wies „Politico“ zufolge zurück, dass sich die Wut der Angehörigen gegen bestimmte Mitarbeiter richte.
Zweifel an Bidens Eignung für eine zweite Amtszeit wegen seines hohen Alters gibt es seit Langem. Sollte er die Wahl im November gewinnen, wäre er bei Vereidigung im neuen Jahr 82 Jahre alt. Während die Demokraten gehofft hatten, dass Biden bei der Debatte zeigt, wie fit er noch sei, passierte genau das Gegenteil: Biden verlor bei dem TV-Spektakel vor Millionenpublikum mehrmals den Faden, nuschelte, starrte mit offenem Mund ins Leere und konnte häufig seine Sätze nicht richtig beenden.
Die Demokratische Partei steht aktuell zwar öffentlich hinter ihm. Sollten sich Bidens Umfragewerte in den kommenden Tagen aber verschlechtern, könnte sich das schnell ändern.
Biden wirbt nach schwachem Auftritt bei TV-Duell weiter um Unterstützung von Spendern
Sonntag, 30. Juni, 04.13 Uhr: Zwei Tage nach seinem schwachen Auftritt im TV-Duell gegen Donald Trump hat US-Präsident Joe Biden am Samstag auf mehreren Wahlkampfveranstaltungen versucht, Spender zu überzeugen, dass er die Wahl im November noch gewinnen kann. Begleitet wurde Biden bei den Veranstaltungen in New York und New Jersey von First Lady Jill Biden, die ihren Ehemann angesichts lauter werdender Rücktrittsforderungen vehement verteidigt.
„Joe ist nicht nur die richtige Person für den Job - er ist die einzige Person für den Job“, sagte Jill Biden bei einer Veranstaltung, die unter anderem von den Schauspielern Sarah Jessica Parker und Matthew Broderick ausgerichtet wurden. „Ich hatte keinen guten Abend, aber Trump auch nicht“, sagte Biden. „Ich verspreche Ihnen, dass wir diese Wahl gewinnen werden“, fügte er hinzu.
Bidens Wahlkampfmanagerin Jennifer O'Malley Dillon erklärte, dass sich Umfragen zufolge die „Meinung der Wähler“ nicht verändert habe. Während und nach des TV-Duells habe es einen Anstieg an Spenden gegeben - bis Freitag seien 27 Millionen Dollar (rund 25 Millionen Euro) zusammengekommen.
Merz erwartet gnadenlosen US-Wahlkampf mit Trump als Sieger
23.46 Uhr: CDU-Chef Friedrich Merz erwartet einen erbitterten US-Wahlkampf mit Donald Trump als Sieger. „Es wird gnadenlos“, sagte er in der Radio-Bremen-Talkshow „3nach9“, die am Freitagabend ausgestrahlt wurde. Er habe sich das TV-Duell zwischen dem Amtsinhaber Joe Biden und Trump nicht live angeschaut. „Ich habe ein bisschen befürchtet, dass es so geht“, sagte er. Der 81 Jahre alte US-Präsident hatte in der Fernsehdebatte sich mehrmals verhaspelt, unsouverän gewirkt und gilt als klarer Verlierer.
Er finde es bizarr, dass in diesem Land mit so vielen Talenten diese beiden Präsidentschaftsbewerber übrig geblieben seien, sagte Merz. „Biden ist ein alter Mann, man stellt sich die Frage: Ist er dem Amt noch gewachsen?“ Merz geht davon aus, dass der ebenfalls bereits 78 Jahre alte Republikaner Trump bei der Wahl im November gewinnt. Und der werde gut vorbereitet sein auf eine zweite Amtszeit: „Da werden eine ganze Reihe von großen Herausforderungen auf uns zukommen.“
Oberstes Gericht der USA urteilt zugunsten der Erstürmer des Kapitols
23.45 Uhr: Der Oberste Gerichtshof der USA hat ein womöglich weitreichendes Urteil zugunsten der Demonstranten getroffen, die 2021 das Kapitol in Washington gestürmt hatten: Nach dem Angriff auf das Parlamentsgebäude seien Staatsanwaltschaften teilweise zu weit gegangen, urteilte der Supreme Court am Freitag (Ortszeit). Er hob konkret eine Anklage gegen den ehemaligen Polizeibeamten Joseph Fischer auf, der damals gemeinsam mit hunderten anderen Menschen den Kongresssitz in Washington gestürmt hatte.
Die weite Auslegung des Straftatbestands der Behinderung eines amtlichen Vorgangs durch die Staatsanwaltschaften würde „ein breites Spektrum an Verhalten kriminalisieren und Aktivisten und Lobbyisten jahrzehntelangen Haftstrafen aussetzen“, erklärte der Vorsitzende Richter John Roberts im Namen des mehrheitlich konservativen Lagers im Obersten Gericht.
Die Justiz müsse konkret „nachweisen, dass der Angeklagte die Verfügbarkeit oder Integrität von Aufzeichnungen, Dokumenten, Gegenständen oder anderen Dingen, die in einem offiziellen Verfahren verwendet werden, beeinträchtigt hat“ oder versucht habe dies zu tun, erklärte Roberts weiter.
Das Gericht gab mit sechs zu drei Stimmen Fischer Recht, der die Anklage angefochten hatte. Der Fall geht nun zurück vor eine niedrigere Instanz, die entscheiden wird, ob Fischers Anklage bei der engeren Auslegung des Straftatbestands der Behinderung aufrecht erhalten werden kann.
Die Entscheidung des Supreme Court vom Freitag könnte dazu führen, dass dutzende Verurteilungen aufgehoben werden. Sie könnte sich indirekt auch auf das Verfahren auf Bundesebene gegen Ex-Präsident Donald Trump wegen versuchten Wahlbetrugs auswirken. Das Verfahren ist jedoch ausgesetzt, bis der Oberste Gerichtshof - voraussichtlich am Montag - über dessen strafrechtliche Immunität als Ex-Präsident entschieden hat.
US-Justizminister Merrick Garland versicherte, dass die überwiegende Mehrheit der mehr als 1400 nach dem Sturm auf das Kapitol Angeklagten von der Entscheidung „nicht betroffen“ sein werde. Insgesamt waren laut dem Justizministerium 52 Protestierende nach dem 6. Januar 2021 wegen des Straftatbestands der Behinderung verurteilt worden, 27 von ihnen befinden sich derzeit in Haft.
Die von Präsident Joe Biden ernannte Richterin Ketanji Brown Jackson betonte nach der Entscheidung, in dem Fall Fischer sei es „nicht um die Unmoral dieser Taten“ gegangen. „Die friedliche Machtübergabe ist eine grundlegende demokratische Norm, und diejenigen, die versucht haben, sie auf diese Weise zu stören, haben dieser Nation eine tiefe Wunde zugefügt“, erklärte sie.
Der Angriff auf das Kapitol mit fünf Todesopfern erschütterte die USA und gilt als schwarzer Tag in der Geschichte der US-Demokratie. Mit dem Sturm auf den Kongresssitz wollten fanatische Trump-Anhänger verhindern, dass dort der Wahlsieg von Biden formell beglaubigt wurde.
Trump hatte zuvor über Wochen die Falschbehauptung verbreitet, er sei durch massiven Wahlbetrug um eine zweite Amtszeit gebracht worden. Kurz vor der Kapitol-Erstürmung rief der Rechtspopulist seine Anhänger in einer Rede auf, zum Kapitol zu marschieren und „auf Teufel komm raus“ zu kämpfen.
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