Haley setzt auf Heimvorteil: Die letzte Chance für Trumps Widersacherin
Im Kampf um die Präsidentschaftskandidatur muss sich Nikki Haley gegen Donald Trump behaupten. Ihr nächster Schachzug muss das Blatt wenden – viel Zeit bleibt nicht.
Washington, D.C. – Nach den ersten beiden Vorwahlen im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner will sich Nikki Haley noch nicht geschlagen geben. Nach dem dritten Platz in Iowa sowie dem zweiten in New Hampshire setzt die 52-Jährige jetzt auf ihren Heimvorteil im US-Bundesstaat South Carolina, wo ihre Partei am 24. Februar ihre Vorwahl abhält.
Dort will die frühere Gouverneurin ihrem Konkurrenten Donald Trump weiter die Stirn bieten. Dabei hofft sie auf die Stimmen all jener konservativen Wählerinnen und Wähler, die sich nicht mit Trumps Rechtspopulismus identifizieren können – doch selbst als im gemäßigt geltenden New Hampshire hatte Haley das Nachsehen. Nun wird der Ton rauer, inzwischen teilt Haley immer öfter gegen Trump aus, der sie trotz fehlender internationaler Erfahrung zur US-Botschafterin der UN ernannte.
Haley attackiert Biden und Trump: „Amerika kann es besser“
„Ob verdient oder nicht, das Chaos folgt ihm“, wiederholte sie in den vergangenen Wochen in Anspielung auf die zahlreichen Anklagepunkte gegen Trump. „Wir überleben vier weitere Jahre Chaos nicht“, betonte sie und präsentierte sich als „Führungskraft einer neuen Generation“. In einem Fernsehinterview zweifelte sie kürzlich Trumps geistige Verfassung an und bescheinigte dem 77-Jährigen „Verfall“.
Erst am Freitag wurde der frühere US-Präsident in einem Verleumdungsprozess zu einer Entschädigungszahlung in Höhe von 83,3 Millionen Dollar (etwa 77 Millionen Euro) verurteilt. Geklagt hatte erneut die US-amerikanische Autorin E. Jean Carroll. Zum Abschluss des ersten Verfahrens hatte es im Mai eine New Yorker Geschworenenjury als erwiesen angesehen, dass Trump Carroll 1996 in einem New Yorker Nobelkaufhaus angegriffen, sexuell missbraucht und später verleumdet hatte.
Nikki Haley nutzte das Urteil für ihren Wahlkampf: „Donald Trump will der mutmaßliche republikanische Kandidat sein und wir reden über 83 Millionen Dollar Schadenersatz“, schrieb Haley bei der Online-Plattform X, vormals Twitter. „Amerika kann es besser als Donald Trump und Joe Biden.“

Trump droht Haley nach Sieg in New Hampshire: „Ich zahle es ihr heim“
Trump selbst beschimpft Haley seit Monaten als „Spatzenhirn“. Dabei betrachtet er es offenbar als Majestätsbeleidigung, dass sie ihr Versprechen zurückgenommen hat, 2024 nicht gegen ihn anzutreten. Nach seinem Sieg in New Hampshire feuerte er eine Schimpftirade gegen Haley ab, weil sie sich nicht geschlagen gab. „Ich zahle es ihr heim“, drohte er. Weiter nannte er sie eine „Globalistin“, obwohl Haley sehr klassische konservative Positionen vertritt.
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Trump wirft ihr indes vor, sie wolle „die Steuern erhöhen, das Sozialsystem ausbluten lassen“ oder „die Grenzen öffnen“ – ohne dies zu belegen. Tatsächlich unterscheiden sich die Programme Trumps und Haleys kaum – lediglich bei der Ukraine, die Haley weiter massiv gegen den russischen Krieg unterstützen will, während Trump sich brüstet, zwischen Kiew und Moskau vermitteln zu können.
Trumps Chancen stehen gut: Haley muss um die eigene Kampagne bangen
Von Anfang an die einzige Frau im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur, gab sich Haley zudem beim Thema Abtreibung moderater als ihre parteiinternen Rivalen. Seit der Abschaffung des verfassungsmäßigen, landesweiten Rechts auf Abtreibung durch das Oberste Gericht der USA hat das Thema den Republikanern eine Reihe enttäuschender Wahlergebnisse gebracht. Haley wirbt für einen „nationalen Konsens“, will „Spätabtreibungen“ verbieten, lehnt aber auch Gefängnisstrafen für Schwangerschaftsabbrüche in Bundesstaaten mit Abtreibungsverbot ab.
Von Anfang wurden Nikki Haley im Kampf gegen Donald Trump nur Außenseiterchancen eingeräumt. Nach den ersten Triumphen bei den republikanischen Vorwahlen, sieht sich Ex-Präsident Trump bereits als gesicherter Kandidat seiner Partei. Sollte Haley in ihrem Heimatstaat schlussendlich nicht die Nase vorn haben, scheint ihre Kampagne aussichtslos – auch, weil millionenschwere Spender die Kosten des Wahlkampfs wohl nicht mehr tragen wollen würden.
Gegenüber der Presseagentur Agence France-Presse (AFP) erklärte Russ Muirhead, Politikprofessor am Dartmouth College, dass Haley nur noch bis Ende Februar Zeit habe: „Wenn Haley sich in South Carolina nicht gegen Trump behaupten kann, ist ihr Rennen vorbei.“ (nak/AFP)